Sebastian Vollmer hat Geschichte geschrieben. Als erster Deutscher, der das Footballspielen komplett in Deutschland erlernt hatte, konnte er 2014/15 und 2016/17 den Super Bowl gewinnen, den wichtigsten Titel der American-Football-Profiliga NFL. 2017 beendete er seine Karriere. Nachdem Vollmer in seiner Kindheit und Jugend vor allem als Schwimmer unterwegs war, teilweise sogar zusammen mit Olympia-Silbergewinner Thomas Rupprath, ging er 2004 mit einem Footballstipendium in die USA. Im Frühjahr 2009 wurde er dann als siebter Offensive Tackle beim NFL Draft von den New England Patriots verpflichtet.
Für seinen Erfolg in der NFL hat er einiges in Kauf nehmen müssen. Verletzungen, Gehirnerschütterungen und die Vernachlässigung der eigenen Familie. Vor allem machten ihm auch die psychischen Anforderungen der Sportart sehr zu schaffen. "Den Stress habe ich mit nach Hause genommen", sagte Vollmer im Dlf-Sportgespräch. Besonders seine damalige Freundin und heutige Frau habe das ausbaden und den Seelenklempner spielen müssen. Mit seinen Teamkollegen habe er nicht über seine Probleme sprechen können. Das Image des harten Männersports werde extrem nach außen gekehrt, berichtete der gebürtige Kaarster.
Super-Bowl-Sieg: "Am Ende kann man sagen, dafür habe ich es gemacht"
Sein Super-Bowl-Sieg habe ihm ein Stück weit Genugtuung und Rechtfertigung dafür geben. "Am Ende kann man sagen, dafür habe ich es gemacht. Es hat sich gelohnt."
Vollmers Position als Offensive Tackle bestand vor allem darin, den Quarterback Tom Brady zu beschützen. Deswegen habe er auch unzählige harte Tackles und Hits einstecken müssen, die Verletzungen zwangen ihn oft ins Krankenhaus. Zwölf Operationen hat Vollmer über sich ergehen lassen, weil er quasi den Bodyguard für Brady gespielt habe. "Verletzungen gehören irgendwie dazu. Wenn man lange genug spielt, wird man sich irgendwann verletzen."
Der 34-Jährige beschreibt, wie man als NFL-Profi Schmerzen und Verletzungen ausblenden müsse. "Weil a) jeder um seinen Job fürchtet, wenn man nicht auf dem Platz ist, dann kommt halt der Nächste. Auch ist da ein bestimmter Stolz dabei, der einen immer weiter treibt. Wo man halt sagt, 'Ach, ein gebrochener Finger ist schon in Ordnung'." Für das Team stelle man sein eigenes Wohlbefinden hinten an und vernachlässige auch seine Gesundheit.
Einmal habe er auch mit einer Gehirnerschütterung weiter gespielt. Eine Entscheidung, die er nicht bereut. Er würde sie heute aber nicht noch einmal treffen. "Weil ich mittlerweile Kinder habe, das Risiko ist es mir einfach nicht wert", sagte Vollmer im Deutschlandfunk.
"Die Nationalhymne nicht mehr im TV zeigen. Eine Lösung ist das nicht"
Nach wie vor erregt in der NFL der Fall Colin Kaepernick Aufsehen, zuletzt sorgte auch der Sportartikelkonzern Nike für Schlagzeilen, als er eine Werbekampagne mit dem Afroamerikaner gestartet hatte. Der Quarterback hatte sich als erster Spieler während der Nationalhymne vor jedem Spiel hingekniet, um auf Rassendiskriminierung in die USA aufmerksam zu machen. Damit löste er in den Staaten eine große Kontroverse um Patriotismus und Rassismus aus. Vollmer berichtete von Überlegungen der NFL, die Nationalhymne vor den Spielen in der NFL, nicht mehr im TV zu übertragen. "Der Protest würde für den Zuschauer vor dem Fernseher dann nicht mehr sichtbar. Vielleicht entschärft das die Lage etwas", sagte Vollmer. Er kritisierte aber, dass es damit natürlich keine Lösung des Konflikts gebe.
Im Dlf-Sportgespräch beschreibt er, wie froh er ist, heute ein gesünderes Leben als zu Profizeiten leben zu können: Um sein Körpergewicht von 150 Kilogramm bei zwei Metern Körpergröße zu halten, habe er teilweise nachts esslöffelweise Olivenöl gegessen, erzählt der zweifache Familienvater. "Es war manchmal eine Qual so viele Kalorien in sich reinzustopfen."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.