Bettina Klein: In Genf sieht es nach einer Annäherung bei den Syrien-Gesprächen zwischen den USA und Russland aus. Was könnte eine Einigung bewirken?
Hans-Jürgen Maurus: Es ist in der Tat einer der entscheidenden Faktoren, denn das würde bedeuten, dass man im Weltsicherheitsrat eine neue UNO-Resolution einbringen kann mit dem Ziel, den Druck auf den syrischen Machthaber Assad zu erhöhen und ihn vor allen Dingen dann zu zwingen, sein Chemiewaffenarsenal offenzulegen und vor allen Dingen natürlich dann auch die Inspekteure ins Land zu lassen, um die chemischen Kampfstoffe zu vernichten. Insofern glaube ich, dass man hier versucht, eine gemeinsame russisch-amerikanische Initiative dazu zu nutzen, Fortschritte auf diesem Gebiet zu erzielen.
Klein: Ist denn erkennbar, wie diese Einigung bezüglich eines Drucks auf Assad aufrechterhalten werden kann, wenn nicht über Militärschläge?
Maurus: Das ist eine der entscheidenden Fragen. Im Moment hat sich alles darauf konzentriert, die Formulierung der Resolution dahingehend zu verändern, dass man nicht von Konsequenzen spricht im Sinne von einem militärischen Eingreifen, sondern dass man vermutlich die Option Sanktionen beziehungsweise verschärfte Sanktionen wählen wird. Ob natürlich dann verschärfte Sanktionen oder die Androhung dieser Sanktionen den syrischen Machthaber tatsächlich beeindrucken und dass er die Kooperation nicht nur zugesteht, sondern vielleicht sogar beschleunigt, wie es die Amerikaner gerne hätten, das steht natürlich auf einem völlig anderen Blatt.
Klein: Gleichzeitig heißt es aus Washington, man verzichte zwar auf diese Androhung, in der Resolution würde sich aber so ein Vorgehen dennoch weiter vorbehalten. Könnte das auch dazu beitragen, dass es im Moment noch schwierig ist, da eine Einigung herzustellen?
Maurus: Ganz genau, und offensichtlich sind die Verhandlungen nicht nur sehr, sehr intensiv - man hat heute Nacht bis heute früh um zwei Uhr verhandelt, dann hat man sich auf heute vertagt, es ist bereits der dritte Tag, die Pressekonferenz sollte vor zwei Stunden bereits über die Bühne gehen, das ist nicht der Fall, also es wird sicherlich noch um Details gekämpft. Es ist auch so, da teile ich Ihre Einschätzung, dass die Amerikaner hier doppelgleisig fahren: Man will einmal den diplomatischen Druck erhöhen über den Weltsicherheitsrat, aber gleichzeitig diesen Vorbehalt sich dennoch leisten, dass man auch notfalls durch einen Militärschlag Druck dann auf Assad und die Führung in Damaskus erhöht.
Klein: Herr Maurus, es gab auch Meldungen darüber, dass man Fortschritte erzielt habe, was die Abwicklung dieser Kontrolle und über Überwachung der Chemiewaffen im praktischen Sinne angeht. Was ist darüber bekannt geworden bisher?
Maurus: Bisher sind überhaupt keine Einzelheiten zu diesem Thema durchgedrungen. Das überrascht mich aber nicht, weil hier natürlich der Teufel im Detail steckt. Die Chemiewaffenexperten, die russischen und die amerikanischen, waren ja Teil der Delegation, haben hier parallel getagt, und haben sich natürlich genau über diese Detailfragen unterhalten, also zum Beispiel: Wo liegen diese Chemiewaffen beziehungsweise um welche Mengen handelt es sich überhaupt? Da gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Die Russen gehen von niedrigeren Zahlen aus als die Amerikaner, die von mehr als 1000 Tonnen sprechen. Es geht um Senfgas, es geht um Sarin, es geht um VX, und aus diesem Grunde muss man natürlich in der Tat abwarten, ob man hier jetzt nur einen Prozess aufgegleist hat, oder tatsächlich bereits in die Details gegangen ist, zum Beispiel nicht nur, um wie viele Mengen es sich handelt, sondern wie viele Inspektoren man braucht, können diese Inspektoren geschützt werden und wenn ja von wem, etwa von den syrischen Streitkräften, und wo liegen diese Lager, liegen sie in umkämpften Gebieten oder haben die syrischen Streitkräfte tatsächlich die komplette Kontrolle?
Klein: UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat nun angedeutet, dass der Bericht der Inspekteure, der für Montag erwartet wird, besagt, es gab einen Chemiewaffeneinsatz - das war ja zumindest aufseiten der USA überhaupt nicht mehr umstritten, auch viele andere haben gesagt, alle Indizien, die wir haben, deuten darauf hin, zunächst mal: Natürlich gab es einen solchen Einsatz. Was bedeuten diese Informationen jetzt aus New York für den Fortgang der Verhandlungen in Genf?
Maurus: Das bedeutet natürlich eindeutig, dass der Druck auf die Diplomaten wächst, etwas zu unternehmen, Punkt Eins, Punkt Zwei, dass natürlich mit der Veröffentlichung des Berichts der UN-Inspektoren am kommenden Montag, wenn man weitere Details darüber erfährt, um welche Kampfstoffe es sich gehandelt hat bei dem Giftgasangriff am 21. August, dass hier natürlich ebenfalls ein neuer politischer Druck entsteht auf die Verantwortlichen, hier Assad, mit ganz klaren Worten hier deutlich zu machen, dass man von ihm nicht nur Kooperation erwartet, sondern Zugeständnisse, und zwar auch schnelles Handeln. Und dann bleibt abzuwarten, wie die Reaktion aus Damaskus ausfällt.
Klein: Herr Maurus, noch kurz zum Schluss: Sie deuteten an, Sie warten auf die Pressekonferenz dort in Genf. Kann man davon ausgehen, dass die im Laufe des Tages stattfinden wird und die Gespräche dann zunächst mal beendet sind und man sich vertagt auf September oder Oktober?
Maurus: Ja, genau das ist der Fall, die Gespräche werden heute abgeschlossen, das hängt auch damit zusammen, dass der amerikanische Außenminister morgen in Israel erwartet wird, und dann gibt es bereits einen neuen Termin, nämlich den 28. September, da wollen sich Kerry und Lawrow erneut treffen, um die Aussichten für eine Genfer Friedenskonferenz zu erörtern. Da hat allerdings Kerry ganz eindeutig gesagt: Ohne Fortschritte beim Chemiewaffendeal und beim Chemiewaffenkomplex wird es diese Friedenskonferenz nicht geben.
Hans-Jürgen Maurus: Es ist in der Tat einer der entscheidenden Faktoren, denn das würde bedeuten, dass man im Weltsicherheitsrat eine neue UNO-Resolution einbringen kann mit dem Ziel, den Druck auf den syrischen Machthaber Assad zu erhöhen und ihn vor allen Dingen dann zu zwingen, sein Chemiewaffenarsenal offenzulegen und vor allen Dingen natürlich dann auch die Inspekteure ins Land zu lassen, um die chemischen Kampfstoffe zu vernichten. Insofern glaube ich, dass man hier versucht, eine gemeinsame russisch-amerikanische Initiative dazu zu nutzen, Fortschritte auf diesem Gebiet zu erzielen.
Klein: Ist denn erkennbar, wie diese Einigung bezüglich eines Drucks auf Assad aufrechterhalten werden kann, wenn nicht über Militärschläge?
Maurus: Das ist eine der entscheidenden Fragen. Im Moment hat sich alles darauf konzentriert, die Formulierung der Resolution dahingehend zu verändern, dass man nicht von Konsequenzen spricht im Sinne von einem militärischen Eingreifen, sondern dass man vermutlich die Option Sanktionen beziehungsweise verschärfte Sanktionen wählen wird. Ob natürlich dann verschärfte Sanktionen oder die Androhung dieser Sanktionen den syrischen Machthaber tatsächlich beeindrucken und dass er die Kooperation nicht nur zugesteht, sondern vielleicht sogar beschleunigt, wie es die Amerikaner gerne hätten, das steht natürlich auf einem völlig anderen Blatt.
Klein: Gleichzeitig heißt es aus Washington, man verzichte zwar auf diese Androhung, in der Resolution würde sich aber so ein Vorgehen dennoch weiter vorbehalten. Könnte das auch dazu beitragen, dass es im Moment noch schwierig ist, da eine Einigung herzustellen?
Maurus: Ganz genau, und offensichtlich sind die Verhandlungen nicht nur sehr, sehr intensiv - man hat heute Nacht bis heute früh um zwei Uhr verhandelt, dann hat man sich auf heute vertagt, es ist bereits der dritte Tag, die Pressekonferenz sollte vor zwei Stunden bereits über die Bühne gehen, das ist nicht der Fall, also es wird sicherlich noch um Details gekämpft. Es ist auch so, da teile ich Ihre Einschätzung, dass die Amerikaner hier doppelgleisig fahren: Man will einmal den diplomatischen Druck erhöhen über den Weltsicherheitsrat, aber gleichzeitig diesen Vorbehalt sich dennoch leisten, dass man auch notfalls durch einen Militärschlag Druck dann auf Assad und die Führung in Damaskus erhöht.
Klein: Herr Maurus, es gab auch Meldungen darüber, dass man Fortschritte erzielt habe, was die Abwicklung dieser Kontrolle und über Überwachung der Chemiewaffen im praktischen Sinne angeht. Was ist darüber bekannt geworden bisher?
Maurus: Bisher sind überhaupt keine Einzelheiten zu diesem Thema durchgedrungen. Das überrascht mich aber nicht, weil hier natürlich der Teufel im Detail steckt. Die Chemiewaffenexperten, die russischen und die amerikanischen, waren ja Teil der Delegation, haben hier parallel getagt, und haben sich natürlich genau über diese Detailfragen unterhalten, also zum Beispiel: Wo liegen diese Chemiewaffen beziehungsweise um welche Mengen handelt es sich überhaupt? Da gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Die Russen gehen von niedrigeren Zahlen aus als die Amerikaner, die von mehr als 1000 Tonnen sprechen. Es geht um Senfgas, es geht um Sarin, es geht um VX, und aus diesem Grunde muss man natürlich in der Tat abwarten, ob man hier jetzt nur einen Prozess aufgegleist hat, oder tatsächlich bereits in die Details gegangen ist, zum Beispiel nicht nur, um wie viele Mengen es sich handelt, sondern wie viele Inspektoren man braucht, können diese Inspektoren geschützt werden und wenn ja von wem, etwa von den syrischen Streitkräften, und wo liegen diese Lager, liegen sie in umkämpften Gebieten oder haben die syrischen Streitkräfte tatsächlich die komplette Kontrolle?
Klein: UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat nun angedeutet, dass der Bericht der Inspekteure, der für Montag erwartet wird, besagt, es gab einen Chemiewaffeneinsatz - das war ja zumindest aufseiten der USA überhaupt nicht mehr umstritten, auch viele andere haben gesagt, alle Indizien, die wir haben, deuten darauf hin, zunächst mal: Natürlich gab es einen solchen Einsatz. Was bedeuten diese Informationen jetzt aus New York für den Fortgang der Verhandlungen in Genf?
Maurus: Das bedeutet natürlich eindeutig, dass der Druck auf die Diplomaten wächst, etwas zu unternehmen, Punkt Eins, Punkt Zwei, dass natürlich mit der Veröffentlichung des Berichts der UN-Inspektoren am kommenden Montag, wenn man weitere Details darüber erfährt, um welche Kampfstoffe es sich gehandelt hat bei dem Giftgasangriff am 21. August, dass hier natürlich ebenfalls ein neuer politischer Druck entsteht auf die Verantwortlichen, hier Assad, mit ganz klaren Worten hier deutlich zu machen, dass man von ihm nicht nur Kooperation erwartet, sondern Zugeständnisse, und zwar auch schnelles Handeln. Und dann bleibt abzuwarten, wie die Reaktion aus Damaskus ausfällt.
Klein: Herr Maurus, noch kurz zum Schluss: Sie deuteten an, Sie warten auf die Pressekonferenz dort in Genf. Kann man davon ausgehen, dass die im Laufe des Tages stattfinden wird und die Gespräche dann zunächst mal beendet sind und man sich vertagt auf September oder Oktober?
Maurus: Ja, genau das ist der Fall, die Gespräche werden heute abgeschlossen, das hängt auch damit zusammen, dass der amerikanische Außenminister morgen in Israel erwartet wird, und dann gibt es bereits einen neuen Termin, nämlich den 28. September, da wollen sich Kerry und Lawrow erneut treffen, um die Aussichten für eine Genfer Friedenskonferenz zu erörtern. Da hat allerdings Kerry ganz eindeutig gesagt: Ohne Fortschritte beim Chemiewaffendeal und beim Chemiewaffenkomplex wird es diese Friedenskonferenz nicht geben.