Die Nahost- und Nordafrika-Expertin von Amnesty in Deutschland, Müller-Fahlbusch, sagte dem Deutschlandfunk, mit Beginn der landesweiten Proteste im vergangenen Herbst habe man erneut gesehen, wie willkürlich und massenhaft Todesurteile angedroht, ausgesprochen und teilweise auch schon vollstreckt worden seien. Besonders betroffen seien auch Angehörige von Minderheiten wie Kurden und Belutschen. Die Expertin betonte, die Menschen im Iran gäben auch mehr als sechs Monate nach Beginn der Proteste nicht auf. Das zeige, wie tief verwurzelt der Wille nach Freiheit sei.
Mehr als 580 Todesurteile vollstreckt
Zuvor hatte unter anderem die in Norwegen ansässige Organisation Iran Human Rights mitgeteilt, dass im gesamten Jahr 2022 in der Islamischen Republik 582 Todesurteile vollstreckt wurden. Das ist den Angaben zufolge ein Anstieg um 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2021 waren es demnach 333.
"Zahlen schockierend hoch, trotzdem noch erhebliche Dunkelziffer"
Amnesty International betont, die Zahlen der belegten Hinrichtungen im Iran seien schockierend hoch. Trotzdem müsse man darüber hinaus von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen - also von Hinrichtungen, die jenseits jeglicher Öffentlichkeit ausgeführt würden.
Straflosigkeit als Problem
Die Expertin von Amnesty wies zudem auf einen weiteren Aspekt hin. So seien die systematischen und massiven Menschenrechtsverletzungen, gegen die die Menschen im Iran protestierten, auch ein Ergebnis jahrzehntelanger Straflosigkeit. Täter würden im System der Islamischen Republik nicht zur Verantwortung gezogen. Die Einrichtung einer Untersuchungskommission beim UNO-Menschenrechtsrat sei ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus fordere man alle Regierungen auf, Täter von Menschenrechtsverletzungen nach dem Weltrechtsprinzip juristisch zu verfolgen.
Diese Nachricht wurde am 13.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.