SPD, Grüne und FDP
Das steht im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien

SPD, Grüne und FDP haben ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Der Kohleausstieg soll auf 2030 vorgezogen werden, dafür ist ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien geplant. Der Mindestlohn wird auf zwölf Euro erhöht.

    Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP kommen zur Pressekonferenz in Berlin, um ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorzustellen
    Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP, als sie Ende November auf dem Weg zu einer Pressekonferenz unterwegs waren, um ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorzustellen. (picture alliance/dpa/ Kay Nietfeld)
    "Die Ampel steht!", sagte Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der Ampel-Parteien mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen". Der Vertrag ist ein Arbeitsprogramm für die kommenden vier Jahre. Einige Vorfestlegungen hatten SPD, Grüne und FDP bereits in ihrem Sondierungspapier getroffen.

    Mehr zum Thema


    Der am 8. Dezember zum Kanzler gewählte Olaf Scholz (SPD) kündigte bei der Vorstellung des Vertrags zudem mehrere geplante Schritte im Umgang mit der Corona-Pandemie an: Ein ständiger Bund-Länder-Krisenstab im Kanzleramt soll eingerichtet werden. Außerdem ist die Gründung einer Expertengrupppe aus Virologen, Epidemiologen, Soziologen und weiteren Wissenschaftlern geplant, die eine tägliche Lagebeurteilung vornehmen soll. Eine Milliarde Euro wird für eine Bonuszahlung an Pflegekräfte für die Belastungen in der Coronakrise bereitgestellt. Auch eine einrichtungsbezogene Impfpflicht soll es geben.
    Nachdem erst die SPD, dann FDP und schließlich auch die Grünen für den Koalitionsvertrag gestimmt hatten, wurde dieser am 07.12.2021 offiziell von den drei Parteien unterzeichnet.

    Was steht im Koalitionsvertrag?


    Klimapolitik

    Der Kohleausstieg ist "idealerweise" für das Jahr 2030 vorgesehen - acht Jahre früher als bisher geplant. Die Formulierung aus dem Sondierungspapier ist geblieben. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, wird ein massiver Ausbau erneuerbarer Energien festgeschrieben. Es soll deutlich mehr Solarenergiequellen auf Dächern geben und die Windkraft soll ausgebaut werden. Zwei Prozent der Landflächen sollen für Windkraft ausgewiesen werden. Bis zum Jahr 2030 sollen Wind und Sonne 80 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland decken. Gas wird als Energiequelle des Übergangs definiert - mit Strom aus Gaskraftwerken soll 2040 Schluss sein. Der nationale CO2-Preis soll nicht steigen.

    Redaktionell empfohlener externer Inhalt

    Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

    Klimaschutz wird künftig als Querschnittsaufgabe definiert. Alle Gesetzesvorhaben sollen in den jeweiligen Ministerien auf ihre Klimaschutztauglichkeit hin überprüft werden. "Für alles, was die Regierung macht, wird es einen Klima-Check geben", erklärte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Tag nach der Vorstellung des Vertrags im ARD-Morgenmagazin. Jede Tonne CO2, die durch eine Maßnahme oder ein Gesetz produziert werde, müsse dann auch wieder kompensiert werden.
    CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte der "Rheinischen Post", die Klimaschutzpläne der Ampel hätten nur noch wenig mit dem Programm der Grünen vor der Wahl zu tun. "In Wahrheit führt die Ampel vieles fort, was die letzte Bundesregierung auf den Weg gebracht hat."
    Die Ökonomin Veronika Grimm von der Universität Erlangen-Nürnberg findet die Pläne dagegen "extrem ambitioniert". Das sei gut, habe aber ungewisse Erfolgsaussichten. Denn es müsse vieles gleichzeitig passieren beim Ausbau erneuerbarer Energien, beim Umstieg der Industrie auf grünen Wasserstoff als Energieträger und bei der Mobilitätswende. Große Stockungen habe es in der Vergangenheit durch viel Bürokratie bei Planungs- und Genehmigungsverfahren gegeben. Hier sieht der Koalitionsvertrag Beschleunigungen vor. Die Ökonomin Grimm begrüßt zudem, dass das Konzept festgelegter Treibhausminderungsziele für einzelne Sektoren aufgegeben wurde. Das gebe dem gesamten System etwas Flexibilität.
    Interview mit Veronika Grimm über die Klimaschutzpläne der Ampelregierung (25.11.2021)
    Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke hält die Zusammenlegung der Bereiche Wirtschaft und Klima zu einer Art "Transformationsministerium" für einen radikalen Schritt. Alle klimarelevanten Ministerien, zu denen Grünen Co-Chefin Annalena Baerbock explizit auch das Außenministerium zähle, seien in grüner Hand. Mit einer Ausnahme, betont Lucke. Die FDP erhalte das Verkehrsministerium. Es sei aber die Frage, ob die Umstellung auf E-Mobilität ausreiche - oder ob die Mobilitätswende nicht umfassender gedacht werden müsse. Es brauche mehr als die Addition technokratischer Projekte und Programme.
    Albrecht von Lucke: "Es ist ein sehr technokratisches Fortschrittsmodell" (24.11.2021)

    Steuern

    Anders als das Sondierungspapier aus dem Oktober enthält der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien nicht mehr die explizite Festlegung, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. SPD und Grüne hatten im Wahlkampf gefordert, hohe Einkommen und Vermögen stärker zu belasten. Die FDP argumentiert, weniger Steuerbelastung fördere die Wirtschaft und erhöhe damit wiederum die Steuereinnahmen.
    FDP und Grüne – was sie eint und was sie trennt
    Der designierte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert schließt auch Änderungen an dem Koalitionsvertrag nicht aus. Parteien müssten intellektuell darauf vorbereitet sein, wenn sich die Realität nicht an Verträge halte, sagte Kühnert im Dlf. Die Ampelkoalition werde sich mit der Steuergerechtigkeit auseinandersetzen müssen. Vielleicht tue sich bei der Erbschaftssteuer noch ein Fenster auf, meinte Kühnert.
    Kühnert (SPD): „Realität hält sich leider manchmal nicht an Koalitionsverträge“ (06.12.2021)

    Finanzen und Schuldenbremse

    Eine mögliche Regierung aus FDP, Grünen und SPD wird an der Schuldenbremse festhalten. Damit darf sie nicht mehr Geld ausgeben, als sie durch Steuern einnimmt. Die Haushalte von Bund und Ländern müssen ohne Kredite ausgeglichen werden. Diese Regelung soll die Staatsverschuldung begrenzen und ist im Grundgesetz verankert.
    Wegen der Corona-Pandemie wurde sie vorübergehend ausgesetzt, auch für das Jahr 2022. Das ist bereits von der alten Regierung so geplant worden. Ab 2023 soll sie wieder eingehalten werden.
    Hauptstadtkorrespondent Theo Geers: "Großes Versprechen von Olaf Scholz" (24.11.2021)
    Die Grünen plädierten im Wahlkampf für eine Aufweichung der Schuldenbremse, um massive Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur zu ermöglichen. Die FDP lehnte eine Aufweichung ab und auch SPD-Kanzlerkandidat Scholz hat sich im Wahlkampf dagegen ausgesprochen.
    Dadurch stellt sich nun allerdings die Frage, wie die geplanten Investitionen - in Klimaschutz, Verkehr und Digitalisierung - bei bestehender Schuldenbremse und ohne Steuererhöhungen finanziert werden sollen. 100 Mrd. Euro neue Schulden sind veranschlagt, ob es dabei bleibe, wird die neue Regierung durchrechnen müssen, sagte Hauptstadtkorrespondent Theo Geers. Robert Habeck (Grüne) sagte anlässlich der Pressekonferenz am 24.11.2021 kurz und bündig: "Wir wissen genau, wie wir es bezahlen."
    Wie die Ampel-Investitionen finanziert werden können
    Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus äußerte sich am Tag darauf im Dlf skeptisch: „Wir fragen uns wirklich, Rentenversprechen, Bürgergeld, Kindergrundsicherung, mehr Geld für Bildung, mehr Geld für Forschung, mehr Geld für Investitionen, wo das alles herkommen soll.“ Ein seriöses Finanztableau sei in diesem Koalitionsvertrag nicht zu finden. Der künftige Finanzminister werde „eine Menge zu tun haben, das Geld zu beschaffen, das die anderen Minister ausgeben“.
    Zuviel Rot-Grün bei Ampel? - Interview Ralph Brinkhaus, Unions-Fraktionschef (25.11.2021)
    "Es ist völlig offen, wie die Ampel all ihre Pläne finanzieren will", sagte auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, dem Nachrichtenportal t-online. Zwar befürworte er das Ansinnen der künftigen Koalitionäre, die Privatwirtschaft stärker an den nötigen Investitionen zur Modernisierung des Landes zu beteiligen. "Im Detail jedoch bekomme ich die Rechnung nicht zusammen."
    Die Frage nach der Finanzierung sei nicht beantwortet, meinte auch der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. Dennoch sehe er Andeutungen, wie Geld einzuspielen sei. Beispielsweise bei Steuersündern und Steuermissbrauch. Dazu gehöre auch die von Scholz mitausgehandelte globale Mindeststeuer für Unternehmen. Auch die Überlegung, Subventionen zu streichen, könnte finanzielle Entlastungen bieten.
    Eckpunktepapier zur Ampelkoalition - Interview mit Politologe Karl-Rudolf Korte (24.11.2021)
    Der Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, verwies im Dlf darauf, dass die Schuldenbremse für sich genommen deutliche Spielräume für Investitionsmittel biete. Zudem gebe es eine Reihe von Institutionen wie etwa die Förderbanken von Bund und Ländern, deren Mittel teilweise in Investitionen fließen könnten. 
    Die Schuldenfrage im Wahlkampf

    Mindestlohn

    Hier zeigt sich ganz klar die Position von SPD und Grünen. Vor allem Kanzler in spe Olaf Scholz hatte eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro versprochen und als Bedingung für eine Koalition erklärt. So soll es nun auch kommen. FDP-Chef Christian Lindner hatte dagegen im Wahlkampf darauf verwiesen, dass der Mindestlohn Sache einer unabhängigen Kommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften sei. In diesem Punkt konnte sich jedoch die SPD durchsetzen.

    Bauen und Wohnen

    Das Thema Wohnen ist ein zentrales Anliegen der Ampel-Parteien. Zeichen dafür ist unter anderem, dass es ein eigenes Ministerium für Bauen und Wohnen geben soll, unter Führung der SPD. Das sei ein starkes Signal, das der Bedeutung des Themas gerecht werde, sagte Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg sowie stellvertretende CDU-Landeschefin in Berlin. Unter den Vorgängerregierungen war dieses Ressort eine Art "Wanderpokal", mal im Innen-, mal im Umwelt- oder Verkehrsministerium mitangesiedelt.
    Bericht: Koalitionsvertrag für die Bauwirtschaft ein Lichtblick (25.11.2021)
    Die wahrscheinlichen Koalitionspartner haben den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr in Deutschland vereinbart, davon 100.000 öffentlich geförderte. Das ist deutlich mehr als etwa 2020, als nur circa 306.000 neue Wohnungen gebaut wurden. Damit sich mehr Menschen eine eigene Immobilie leisten können, sind auch Tilgungszuschüsse und Zinsverbilligungen bei Krediten geplant.
    Immobilienpreise heben ab – Was will die Ampel dagegen tun? (25.11.2021)
    Menschen, die zur Miete wohnen, sollen durch die sogenannte Kappungsgrenze von elf Prozent entlastet werden: Auf angespannten Wohnungsmärkten soll eine Miete unterhalb der ortsüblichen Miete innerhalb von drei Jahren nur noch um elf Prozent steigen dürfen statt wie bisher um 15. Das ist, wenn man so will, eine Art Mietpreisbremse. Von einem Mietenstopp ist allerdings nicht die Rede.

    Bürgergeld und Kindergrundsicherung

    Anstelle von Hartz IV soll ein Bürgergeld eingeführt werden. In den ersten beiden Jahren wird es gewährt, ohne dass das Vermögen und die Angemessenheit der Wohnung überprüft werden. Das entspricht den gegenwärtigen Corona-Ausnahmeregeln.

    Die Leistungen für Kinder, darunter das Kindergeld, der Kinderzuschlag und Hartz IV-Leistungen, werden in einer Kindergrundsicherung zusammengefasst. Die automatische Auszahlung soll helfen, die Kinderarmut zu verringern. Kinderrechte sollen zudem im Grundgesetz verankert werden.

    Redaktionell empfohlener externer Inhalt

    Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

    Rente

    Rentenkürzungen und eine Anhebung des Renteneintrittsalters soll es nicht geben. Die Ampel-Parteien wollen bei der Altersvorsorge in eine ergänzende Aktienrente einsteigen. Johannes Vogel, stellvertretender FDP-Vorsitzender, sagte bereits am 16. Oktober im Dlf, dass seine Partei den Kompromiss beim Mindestlohn eingegangen sei, weil sie den Einstieg in die Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente durchsetzen konnte.
    Reform der Altersvorsorge - Wie können die Renten finanziert werden?
    Für Andreas Scheuerle von der Deka-Bank gehört das Thema Rente zu den größten Defiziten im Koalitionsvertrag. Das Rentensystem habe ein ungelöstes demografisches Problem, sagte er am Tag nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Die Beschlüsse darin seien "viel mehr aufschiebend als lösend, da hätte ich mir mehr Mut erhofft".

    Migrationspolitik

    Zum Thema Migration wurde vereinbart, Asylverfahren, die Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen zu beschleunigen. Der Familiennachzug soll auch erleichtert werden. Zudem will die Ampel-Koalition mehr legale Zugangswege nach Deutschland schaffen.
    Die Migrationspolitik der Ampel-Koalition
    Ausländern, die seit Jahren mit unsicherem Status in Deutschland leben, wollen die Koalitionäre eine Brücke bauen. Wer am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland lebt, nicht straffällig geworden ist und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt, soll eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit weitere Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen - insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Nachweis der Identität.
    Unionsfraktionschef Brinkhaus sprach im Dlf von "brutaler Offenheit" der Ampelkoalitionäre und äußerte die Sorge, dass das ein Pullfaktor für illegale Migration sein könnte. NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) verteidigte die Pläne im Dlf.
    Stamp (FDP) zur Migrationspolitik: "Die neue Regierung wird Ordnung ins Chaos bringen"

    Bildung

    Viel vorgenommen hat sich die Ampelkoalition auch für den Bereich Bildung. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen erhalten. Gesellschaftliche Teilhabe und Aufstieg soll ihnen ermöglicht werden - so steht es im neuen Vertrag. Es soll deutlich mehr Geld für Bildung ausgegegen werden, dazu sollen Bund und Länder enger miteinander Kooperieren.
    Bildungsthemen im Koalitionspapier: Interview mit Markus Warnke von der Wübben-Stiftung
    Ausgerufen wird ein Jahrzehnt der Bildung und ein Jahrzehnt der Innovation. Die neue Ampelregierung will dazu eine "Deutsche Agentur für Transfer und Innovation" gründen. Diese Agentur soll Start-ups sowie kleinere und mittlere Unternehmen unterstützen. Außerdem ist ein Forschungsdatengesetz geplant, mit dem der Zugang zu Forschungsdaten für die öffentliche und private Forschung erleichtert werden soll.
    Was steht im Koalitionspapier für die Bildung drin?

    Kultur

    Sechs der insgesamt 177 Seiten im Koalitionsvertrag beschäftigen sich mit der Kultur. Die Kultur sei damit nicht sehr großzügig bemessen worden, sagte Dlf-Hauptstadtkorrespondentin Nadine Lindner, aber ein Punkt befasse sich mit Kultur als Staatsziel. Wörtlich heißt es im Papier: "Wir wollen die Kultur in ihrer Vielfalt als Staatsziel verankern und treten ein für Barrierefreiheit, Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit." Dieser Passus verwundert nicht, denn alle drei Regierungsparteien hatten das in ihren Wahlprogrammen verankert.
    Jedoch wird es auch künftig kein Bundeskulturministerium geben. Das hatten viele Verbände gefordert. Stattdessen wird es weiterhin lediglich eine Staatsministerin oder ein Staatsminister für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt arbeiten.
    Hauptstadtkorrespondentin Nadine Lindner zu: Kultur als Staatsziel fest verankern (25.11.2021)

    Außenpolitik

    Die künftigen Koalitionäre streben eine starke europäische und transatlantische Zusammenarbeit an, mit einer höheren „strategischen Souveränität“ Europas und einer "Weiterentwicklung zu einem föderalen europäischen Bundesstaat". Grundpfeiler der bisherigen deutschen Außenpolitik wie ein Bekenntnis zur nuklearen Teilhabe Deutschlands innerhalb der NATO stehen nicht in Frage. Ihren Widerstand gegen eine Anschaffung bewaffneter Drohnen hat die SPD dem Papier zufolge aufgegeben.
    Viel Kontinuität und „ein sehr realpolitisch geprägtes Kapitel in diesem Vertrag“, sieht die Politikwissenschaftlerin Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Deutschlands wichtigste Partner wie Frankreich und die USA könnten sehr zufrieden sein. SPD, FDP und Grüne setzen zudem auf „eine echte gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa“. Ein hartes Brett werde es allerdings, außenpolitische Entscheidungen in der EU künftig nicht mehr einstimmig zu treffen, sondern mit qualifizierter Mehrheit, so Kempin. Denn dafür müssten bestehende Verträge geändert werden. Kleinere Länder hätten Sorge, sie könnten künftig übergangen werden, und würden einen Ausgleich verlangen.
    Neue Koalition, neue Außenpolitik? Interview mit Politikexpertin Ronja Kempin (25.11.2021)
    Mit Russland wird ein konstruktiver Dialog angestrebt. Ohne direkte Nennung Russlands wird ein "unverzügliches Ende der Destabilisierungsversuche gegen die Ukraine, der Gewalt in der Ostukraine und der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim" gefordert. Völlig unerwähnt bleibt die von den Grünen abgelehnte Gas-Pipeline Nord Stream 2.
    Gegenüber China ist der Ton schärfer. Menschenrechtsverletzungen gegen Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang sollen klar benannt werden, gegenüber Hongkong solle Peking zur Politik "Ein Land, zwei Systeme" zurückkehren, der Konflikt mit Taiwan müsse friedlich gelöst werden. Deutschland brauche eine umfassende und in der EU abgestimmte Strategie, um „unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können“, heißt es im Koalitionsvertrag. Allein dass Rot-Grün-Gelb diese Themen benenne, markiere einen selbstbewussteren Ton als in der Regierung Angela Merkels, analysiert ARD-Chinakorrespondent Steffen Wurzel. Ein Entgegenkommen in all diesen Fragen sei von der kommunistischen Staatsführung in Peking allerdings nicht zu erwarten.

    Wahlalter

    Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden. Für die Europawahlen könnten die Koalitionäre diese Reform mit einfacher Mehrheit beschließen - durch eine Änderung des Europawahlgesetzes. Bei den Bundestagswahlen sieht es anders aus, weil hier eine Grundgesetzänderung notwendig wäre. Dafür braucht es die Zustimmung von zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten. Union und AfD waren aber bislang gegen eine solche Absenkung des Wahlalters.

    Legalisierung von Cannabis

    Die Ampel-Parteien wollen den legalen Verkauf von Cannabis in Deutschland einführen. Cannabis soll zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften an Erwachsene verkauft werden dürfen. Nach vier Jahren soll das Gesetz auf seine gesellschaftlichen Auswirkungen hin evaluiert werden.
    Wie eine Ampelkoalition die Drogenpolitik ändern könnte

    Wer bekommt welches Ministerium?

    16 Ministerien galt es in der neuen Regierung zu verteilen, zusätzlich zum Kanzler. Damit gibt es ein Ressort mehr als in der Großen Koalition und zwar, weil die Zuständigkeiten für Bau und Verkehr getrennt werden. So wurde verteilt: Die SPD als stärkste Partei stellt den Kanzler und bekommt dazu sechs Ministerien. Die Grünen besetzen fünf Ressorts und die FDP als kleinster Partner vier.
    Das neue Kabinett im Überblick

    SPD

    • Bundeskanzler Olaf Scholz
    • Kanzleramt Wolfgang Schmidt
    • Innenministerium Nancy Faeser
    • Verteidigung Christine Lambrecht
    • Gesundheit Karl Lauterbach
    • Arbeit und Soziales Hubertus Heil
    • Bauen und Wohnen Klara Geywitz
    • Entwicklungsministerium Svenja Schulze

    Grüne

    • Wirtschaft, Klima, Energie Robert Habeck
    • Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit, Verbraucherschutz Steffi Lemke
    • Landwirtschaft und Verbraucher Cem Özdemir
    • Außenministerium Annalena Baerbock
    • Familie Anne Spiegel

    FDP

    • Finanzministerium Christian Lindner
    • Verkehr Volker Wissing
    • Justiz Marco Buschmann
    • Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger
    Quellen: Ann-Kathrin Büüsker, Frank Capellan, Theo Geers, Nadine Lindner, dpa, epd, nin, fmay