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Amt des US-Verteidigungsministers
Absage der politischen Schwergewichte

Chuck Hagel, der amerikanische Verteidigungsminister, ist nur noch Verwalter seines Amtes. Er bleibe noch so lange, bis ein Nachfolger gefunden und vom Senat bestätigt sei, hatte Präsident Obama erklärt. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich jedoch schwieriger als erwartet.

Von Marcus Pindur |
    Das Pentagon in Arlington
    Das Pentagon in Arlington (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    Es wäre der vierte Verteidigungsminister in Obamas Kabinett innerhalb der letzten sechs Jahre. Die Pressekonferenz Obamas vor einer Woche gab keinerlei Aufschlüsse über die Gründe von Hagels Abtritt.
    Chuck Hagel sei ein beispielhafter Verteidigungsminister gewesen, er habe das amerikanische Militär modernisiert und strategische Herausforderungen wie die IS-Miliz gemeistert.
    Keine Andeutung eines Politikwechsels, man sei im gegenseitigen Gespräch übereingekommen, dass Hagel seinen Posten verlasse. Aus dem Weißen Haus wurde dann aber das Gerücht gestreut, Hagel sei von Obama aus dem Amt gedrängt worden, man brauche für die neuen Herausforderungen wie die Bekämpfung der IS-Miliz einen anderen Mann.
    Dies suggerierte, dass Hagel die Bedrohung durch die Terrorarmee des IS nicht richtig erfasst habe. Doch es war genau andersherum gelaufen: Während Hagel frühzeitig auch öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass die Terrormiliz eine strategische Gefahr darstellte, hatte Obama noch bis ins Frühjahr von einer Amateurtruppe gesprochen. Hagel war mit seinen Vorschlägen im Weißen Haus nicht durchgedrungen, eine Erfahrung, die er mit seinen Vorgängern teilte, so zum Beispiel Leon Panetta.
    "Als Kabinettsmitglied ging man oft zu einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates und stellte fest, dass Mitarbeiter des Weißen Hauses bereits beschlossen hatte, was der Präsident tun oder lassen sollte," berichtete Panetta.
    Keiner hat Lust auf das schwierige und undankbare Amt
    Robert Gates, Panettas Vorgänger im Amt des US-Verteidigungsministers, berichtete von einem Besuch im US-Hauptquartier in Afghanistan. Dort habe er festgestellt, dass ein hoher Offizier eine Direktleitung zum Nationalen Sicherheitsrat gehabt habe. Er habe dem Offizier noch an Ort und Stelle befohlen, den Stecker aus der Wand zu ziehen und in Zukunft erst bei ihm im Pentagon anzurufen, statt im Weißen Haus.
    "Das Mikro-Management aus dem Weißen Haus hat mich wahnsinnig gemacht," so Gates vor zwei Wochen auf einer öffentlichen Veranstaltung.
    Obama schottet sich ab. Seine Sicherheitsberaterin Susan Rice gilt als farblos und tritt öffentlich kaum in Erscheinung – gehört jedoch zu Obamas engstem Freundeskreis.
    Unter diesen Umständen wundert es nicht, dass kaum ein politisches Schwergewicht dieses schwierige und undankbare Amt übernehmen will. Michele Flournoy, ehemalige Staatssekretärin im Pentagon war bereits vor anderthalb Jahren als Kandidatin gehandelt worden. Sie sagte jedoch ab – angeblich, weil sie sich nicht so gängeln lassen wollte wie ihre Vorgänger. Heimatschutzminister Jeh Johnson wird gebraucht bei der Immigrationsreform. Der langjährige und angesehene Senator Carl Levin zog es vor, in den Ruhestand zu gehen.
    Jetzt wird ein anderer Kandidat gehandelt: Ashton Carter, vormaliger Verteidigungsstaatssekretär. Er hat keine internationale Erfahrung, war im Wesentlichen mit dem Kauf von militärischer Ausrüstung beschäftigt, bestenfalls ein Kandidat aus der zweiten Reihe. Ob mit ihm ein Politikwechsel, eventuell ein entschiedeneres Eingreifen im Irak und in Syrien verbunden wäre, bleibt allerdings weiter unklar. Denn dazu müsste klar sein, wohin Barack Obama eigentlich steuert.