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An die Wand gefahren

General Motors will den deutschen Autobauer Opel nun doch nicht verkaufen. Deutsche Politiker reagieren auf die Ankündigung des Autokonzerns verschnupft, die Opelmitarbeiter fühlen sich auf den Arm genommen - eine Chronik der Ereignisse.

Von Michael Braun und Brigitte Scholtes |
    "Mom, ich hab Angst - ein Gewitter kommt,
    Siehst du die Wolken - am Horizont.
    Der Himmel wird dunkel - die Sonne geht,
    Die Hoffnung bleibt - es ist nie zu spät!
    Hörst Du den Donner - er ist jetzt da,
    Mom, die Bedrohung ist ganz nah ... "
    Das ist das Rührigste aus Rüsselsheim: Ein Chor von Opelaner-Kindern, der dem Blitz seine Bedrohung nimmt, den Blitz als Firmenlogo glorifiziert:

    "Der Blitz kommt aus 'ner Welt,
    wo Freundschaft und Familie zählt.
    Der Blitz ist wieder da"
    Doch diese Welt, wo Freundschaft und Familie zählen, war heute erst einmal gestört. Heute mussten sich in der Firma, die die Autos mit dem Blitz herstellt, Wut und Frustration Raum schaffen, heute, am Tag nachdem klar ist, dass GM seine 110 Jahre alte Tochter doch nicht verkaufen will.

    "Man wird ja wie so'n Ping-Pong-Ball hin und her gespielt
    "Ja, also Plan B: Werk zu."
    "Die Leute haben alle Angst. Jeder hat Angst. Und, wie gesagt, die Vorgesetzten reden alles schön."
    Dabei darf man davon ausgehen, dass General Motors Opel nie verkaufen wollte. Denn in Deutschland, vor allem im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim, wurden die Ideen für neue Autos erdacht und konstruiert, hier schlägt das technologische Herz des ganzen Konzerns. Opelgeschäftsführer Hans Demant erklärte das im vergangenen Jahr gerne und oft:

    "Nicht weniger fortschrittlich arbeitet das unweit von hier gelegene Internationale Technische Entwicklungs- und Designzentrum. Dort arbeiten rund 6500 Techniker, Ingenieure und Designer an den Automobilen von morgen."
    Nur hat man sie lange nicht so gelassen, wie sie hier in Europa wollten. Die amerikanische Mutter GM hielt in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zum Beispiel wenig von Dieseltechnologie. Sie war in Amerika nicht gefragt, also gab es auch in Europa keine Forschungsgelder dafür.
    Opel verlor Marktanteile. 2001 hatten die Rüsselsheimer noch einen Marktanteil in Deutschland von knapp zwölf Prozent. Voriges Jahr waren es nur noch gut acht Prozent. Der vermeintliche Massenhersteller ist mittlerweile spürbar kleiner als die Premiumhersteller BMW und Mercedes. Er schrieb Jahr um Jahr Verluste. Am 14. November vorigen Jahres ging es nicht mehr weiter. Opel rief als erster deutscher Hersteller den Staat um Hilfe. Opelaufsichtsrat Carl-Peter Forster erbat Kredite und Bürgschaften über "etwas mehr als eine Milliarde Euro" bei der Bundesregierung. Ordnungspolitische Bedenken hatte er nicht:

    "Andere Länder stützen ihre Industrie in der Krise ohne Hemmung. Unser Nachbar hat schon zweimal drei Milliarden in seine beiden Autofirmen als Hilfe hineingesteckt, vor zwei Wochen. Keine Diskussion an einem Montag verkündet, die Sache ist durch dann nach Brüssel gegangen, sich genehmigen lassen. So werden in anderen Ländern wichtige Industrien gestützt. Und die machen das einfach."
    Auch die Amerikaner machten das einfach. Am 18. November traten die Chefs von GM, Ford und Chrysler vor den amerikanischen Kongress und suchten um Staatshilfe nach. Die Bundeskanzlerin war zwar wenig amüsiert, aber sie versuchte so zu tun, als ob sie die Nachfrage nach staatlichen Hilfen noch um Berlin herumleiten könne:

    "Ja, ich bin ja nicht dagegen, dass die amerikanischen Unternehmen überleben aber es kann natürlich nicht sein, dass wettbewerbsverzerrende Subventionen auf Dauer gezahlt werden. Wir haben in der internationalen Handelsorganisation WTO ganz klare Linien und Richtlinien, und Europa kann nicht zugucken, wenn die einen subventionieren und die andern sozusagen die freien marktwirtschaftlichen Kräfte walten lassen. Wir brauchen Vergleichbarkeit auf der Welt und die Zukunft der Automobilindustrie kann nicht in einer staatlichen Subvention auf Dauer liegen."
    Die Bundesregierung hatte es leicht, Opel eine Weile hinzuhalten. Denn die Geschäftspläne, die Forster und seine Mannschaft beibrachten, um die Subventionsanträge zu begründen, hatten schnell den Ruf, nicht mehr als eine schöne, bunte Powerpointpräsentation zu sein. Drei Monate nach seiner ersten Anfrage, am 27. Februar 2009, legte Forster einen weiteren Rettungsplan für Opel vor. Und mit jedem Monat war eine Milliarde Hilfsbegehren hinzugekommen. Es ging als nun um 3,3 Milliarden Euro.
    Zeit zur Zurückweisung solcher Ansinnen gab es nicht. Denn inzwischen stand die Bundestagswahl nur noch ein rundes halbes Jahr vor der Tür. Und die Gewerkschaften trommelten, für Opel, für die Mitarbeiter und auch, um die eigene Organisation zu stärken. Ende Februar hatte die IG Metall zu einem Aktionstag nach Rüsselsheim gerufen. Ihr Vorsitzender Berthold Huber trat trotz der frischen Temperaturen nur im Jackett auf:

    "Keine Angst vor der Kälte, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Beschäftigten von GM in Europe, in Europa, haben heute eine Botschaft: Opel darf nicht sterben, Kolleginnen und Kollegen, und Opel wird nicht sterben. Möglicherweise stehen wir erst am Anfang der Auseinandersetzung und Euch wird nichts geschenkt. Nichts aus Detroit und möglicherweise auch nichts aus Berlin und deshalb mein Appell an Euch, auch an diejenigen, die noch nicht bei uns sind: Werdet Mitglieder der IG Metall."
    Das war das Forum für Frank-Walter Steinmeier. Er kam nicht als Außenminister, er kam als SPD-Kanzlerkandidat. Es war eine erste große Bühne, damit der eher als Verwaltungsfachmann und Diplomat agierende Kandidat sozialdemokratischen Stallgeruch schnuppern, gewinnen, pflegen konnte:

    "Herzlichen Dank, lieber Klaus Franz für die Einladung zu diesem Aktionstag. Das ist eine wirklich beeindruckende, nein das ist eine überwältigende Demonstration für die Zukunft von Opel. Lieber Klaus Franz, dass diese Hoffnung auf Zukunft, dass diese Perspektive auf Zukunft von Opel erhalten bleibt, das ist im Wesentlichen auch Dein Werk, und deshalb sage ich Dir im Namen aller 15.000, die hier stehen schon dafür herzlichen Dank, lieber Klaus."
    Steinmeier redete, trieb seine Stimme bis an den Rand der Heiserkeit an jenem kühlen Februartag, aber was gesagt werden musste, musste gesagt werden:

    "Was hier bei Opel geschieht, das lässt mich nicht kalt. Opel, das ist deutsche Geschichte. Kadett, Rekord, Ascona das sind sozusagen Erinnerungen an die Demokratisierung der Mobilität. Ein Stück vom Wohlstand, das sich alle leisten können in diesem Land. Und auch darum geht es, diese Geschichte zu verteidigen, Kolleginnen und Kollegen."
    Kein Wort von konkreten Hilfen, kein Wort von Subventionen. Das Kabinett war noch nicht soweit. Auch die Kanzlerin kam nach Rüsselsheim. Sie wollte Steinmeiers Auftritt dort nicht unbeantwortet lassen. Sie kam am 31. März und machte den Opelbeschäftigten Hoffnung auf eine Rettung ihres Unternehmens. Opel müsse als zukunftsfähiges Unternehmen wieder auf die Füße gestellt werden, sagte Angela Merkel:

    "Wir müssen versuchen und alles daran setzen, einen Investor zu finden, der natürlich mit staatlicher Unterstützung, ich sage das ausdrücklich zu, wir haben dafür die Instrumente, aber einen Investor zu suchen, der eine langfristige Basis aufbaut und der an Opel glaubt. Denn bei aller Liebe, was der Staat kann, der tollste und bessere Unternehmer war er noch nicht. Er kann Brücken bauen, er soll Brücken bauen, aber wir müssen eine wirkliche Perspektive haben. Das ist mein Angang."

    Eine direkte staatliche Hilfe sagte sie nicht zu, aber die Bereitschaft zu Bürgschaften, wenn das Konzept stehe. Und die Opelbeschäftigten dankten ihr für die Hoffnung, die sie ihnen gemacht hatte: Oberstes verkündetes Ziel aller Akteure war, Opel nicht mit in die Insolvenz von GM einzubeziehen, vielmehr Opel von GM zu trennen, schon um die wichtigen Patente nicht in eine Konkursmasse fließen zu lassen, die dann von wer weiß wem aufgekauft, jedenfalls nicht zwingend für den Autobau in Deutschland genutzt werden könnten.
    Diese Patente sagte General Motors Opel schließlich zu. Doch Zweifel an der Art der Hilfen, an der Frage, ob dies mit der Marktwirtschaft vereinbar sei, wurden schon früh laut – zumal im Frühjahr ja auch Staatshilfen für die Autozulieferer Schaeffler und Continental noch diskutiert wurden. So warnte damals schon Stefan Bratzel, Autoexperte der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach:

    "Wenn ich nur groß genug bin, dann werde ich schon gerettet, und das Argument, dass natürlich bei einem Zusammenbruch in dem Fall jetzt von Opel 25.000 bis 50.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden, und das ja auch ein paar Milliarden kostet, wenn man nach der Devise natürlich handelt, dann müsste man eigentlich jedes Unternehmen staatlicherseits stützen, weil ansonsten würden ja Sozialtransfers anfallen, aber dann können wir auch irgendwann die Marktwirtschaft komplett einstellen."
    Die Bundestagswahl im Blick schien einigen Vertretern der Bundesregierung tatsächlich zwischenzeitlich die Marktwirtschaft sekundär. Die Bundesregierung einigte sich am 30. Mai mit den betroffenen Bundesländern, General Motors und Magna auf ein Rettungskonzept. Damit war der Weg frei für den Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro. Eine Entscheidung, die aber nicht unumstritten war. Nur das damals amtsjüngste Regierungsmitglied, Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, hielt die Entscheidung für Magna für falsch, weil:

    "Ich persönlich zu einer anderen Einschätzung der Risiken gekommen bin."

    Er hätte eine geordnete Insolvenz bei Opel lieber gesehen, eine Insolvenz als Chance, nicht als Ende des Autobauers. Schließlich, so hat sich inzwischen gezeigt, ist ja auch die Opelmutter General Motors auf diesem Weg von einigen Schulden befreit worden und dadurch erst in die Lage versetzt worden, jetzt doch Opel im Konzernverbund zu halten.
    Ende Mai also fiel seitens der deutschen Politik eine Vorentscheidung für den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna mit seinen russischen Partnern. Dabei war Magna beileibe nicht der einzige Interessent für Opel. Als Erster hatte sich am 23. April der italienische Autobauer Fiat gemeldet, erst fünf Tage später legte Magna ein erstes Grobkonzept vor.

    Dass Fiat Ende Mai entnervt sein Angebot zurückzog, dürfte aber nicht am dunkelblauen Pullover gelegen haben, in dem der italienische Fiat-Chef Sergio Marcchione Anfang Mai gewohnt lässig bei Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg erschienen war, um ihm seine Pläne zu erläutern. Vielmehr wandten sich die Arbeitnehmer von Anfang an entschieden gegen einen Einstieg der Italiener, mit denen eine frühere Kooperation vor einigen Jahren beendet worden war. Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter fürchteten vor allem, dass Marcchione, dem ein Ruf als Sanierer vorausgeht, zu viele Arbeitsplätze streichen würde. So sagte IG-Metall-Chef Berthold Huber damals:

    "Wir selbst sprechen uns gegen Fiat aus, warum? - Weil die Standorte in Bochum mit 4500 Beschäftigten und in Eisenach mit rund 2000 Beschäftigten wahrscheinlich nicht überleben werden."
    Dann traten zwischenzeitlich die Chinesen auf den Plan in Gestalt der BAIC, der Beijing Automotive Company. Aber sie wären wohl zu klein gewesen, um eine Übernahme stemmen zu können, außerdem fürchtete man den Abfluss von Technologie-Know-how. Das hatten die Chinesen durchaus geplant. Sie hatten mit offenen Karten gespielt und davon gesprochen, dass sie nach einer Zwischenphase auch Fabriken in China errichten und damit solche in Europa schließen würden. Mitte Juli meldete sich auch noch der amerikanische Finanzinvestor Ripplewood als Interessent. Dessen belgische Tochter RHJ aber plante zu viele Stellenstreichungen, sodass die Arbeitnehmer sich auch nicht so recht mit diesem Vorschlag anfreunden konnten. So meinte damals Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz:

    "So können wir feststellen, dass RHJ ein interessantes und ausbaufähiges Konzept vorgestellt hat, das seine Reize hat, das auch auf der anderen Seite natürlich auch seine Gefahren birgt. Entsprechend den von mir genannten Kriterien sind wir derzeit der Auffassung, dass Magna eindeutig in der pole position ist."
    Auch die Bundesregierung hatte sich ja mit ihrer Bürgschaftszusage Ende Mai mehr oder minder auf Magna festgelegt, auch wenn das offiziell nicht so deutlich gesagt wurde.
    Mitte August dann erhöhte die deutsche Politik den Druck: Die Kreditzusagen und Bürgschaften für Opel über 4,5 Milliarden Euro werde man ohne Beteiligung der anderen europäischen Länder mit Opelstandorten vorstrecken, wenn sich GM für Magna entscheide. Anfang September schien für Bundeskanzlerin Angela Merkel soweit alles klar:

    "Insgesamt ist es so, dass wir uns doch mit einer klaren Präferenz entschieden haben. Das wir für das Magna-Konzept werben. Immerhin gibt es auch einen unterschriftsreifen Vertrag."
    Am 10. September, eine Woche vor Beginn der Internationalen Automobilausstellung, empfahl die amerikanische Mutter schließlich einen Verkauf von Opel an Magna, die Treuhand stimmte dem mehrheitlich zu. Bis auf die Vertreter der öffentlichen Hand: Manfred Wennemer als Vertreter der Bundesregierung stimmte dagegen, der hessische FDP-Politiker Dirk Pfeil als Vertreter der Bundesländer enthielt sich der Stimme und begründete das so:

    "Ich hätte mich für diese Aufgabe nicht bereitgefunden, wenn ich von vorneherein gewusst hätte, dass es eine politische Entscheidung gibt und keine betriebswirtschaftliche."
    Carl-Peter Forster aber, Chef von General Motors Europa, zeigte sich auf der IAA in Frankfurt Mitte September erleichtert über die Entscheidung für Magna.

    Damals aber machte er auch schon klar, dass die Entscheidung für Magna nicht die vollständige Abkehr von der Konzernmutter bedeuten könne:

    "Für uns wird auch weiterhin sehr, sehr wichtig bleiben die enge Zusammenarbeit mit GM, die technische Zusammenarbeit in der Entwicklung, im Einkauf auch in anderen Bereichen, ohne die wird es nicht gehen, das wissen wir. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit, denn nur so können wir auch an den Skaleneffekten teilhaben, wechselseitig, GM so wie wir, aber ohne diese Zusammenarbeit wären auch Produkte wie zum Beispiel der neue Ampera nicht möglich."
    Das Elektroauto Ampera ist eine der Zukunftshoffnungen für Opel. Aber genauso wie Opel nicht ohne GM kann, so haben die Amerikaner jetzt eingesehen, dass sie eben auch nicht ohne das Know-how der Europäer können.
    Schneller als erwartet aber kam GM wieder auf die Füße, am 10. Juli schon wurde es aus der Insolvenz entlassen. Dass war der Wendepunkt für GM, meint auch Hans-Peter Wodniok vom unabhängigen Analysehaus fairesearch:

    "Vor allen Dingen muss man ja bedenken GM hat außer Opel und Vauxhall in Europa ja eigentlich nichts, mit den eigenen Produkten ist man nicht präsent. Das heißt der zweitgrößte Markt weltweit würde man dann aufgegeben haben und das ist natürlich strategisch schon schwierig eine solche Entscheidung zu treffen."
    Wie unklug die frühe Festlegung auf Magna war, das wurde spätestens im Oktober klar, mit dem Brief der EU-Wettbewerbskommissarin Nelly Kroes nämlich an den Bundeswirtschaftsminister. Da hatte sie Zweifel, ob denn die Milliardenstaatshilfen an Opel rechtmäßig seien, das Vorgehen sei "nicht vereinbar mit EU-Recht und internationalen Bestimmungen" hieß es in dem Brief an den damals noch amtierenden Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg. Den Amerikanern lieferte die Wettbewerbskommissarin eine Steilvorlage, indem sie forderte, man müsse GM die Gelegenheit geben, das Ergebnis des Bieterprozesses zu überdenken. Die Bundesregierung müsse GM und der Opeltreuhand schriftlich zusichern, dass die staatlichen Beihilfen für die Rettung des Autobauers unabhängig davon fließen würden, für welchen Bieter oder Konsolidierungsplan sich die bisherigen Eigentümer auch immer entschieden.
    Diese Entscheidung ist also gestern gefallen. Zuungunsten von Opel. Und die Bundeskanzlerin, die noch wenige Stunden zuvor für ihre Rede vor beiden Häusern des amerikanischen Kongresses gefeiert worden war, musste im Flieger zurück nach Berlin diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen. Dass sie und die gesamte Bundesregierung darüber nicht erfreut waren, das machte heute Morgen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle deutlich:

    "Das Verhalten von GM gegenüber Deutschland ist völlig inakzeptabel. Die Entwicklung hat allein GM zu verantworten."
    1,5 Milliarden Euro hatte die Bundesregierung Opel vorgestreckt. Und dieses Geld will die Bundesregierung einfordern, das hatte zu Guttenberg schon im September klar gemacht. Denn auch da waren schon erste Gerüchte aufgekommen, GM denke darüber nach, Opel zu behalten:
    200 Millionen Euro der 1,5 Milliarden hat Opel schon zurückgezahlt, den Rest hat GM-Chef Fritz Henderson der Bundesregierung heute Nacht schon zugesichert. Wie hoch der Mittelbedarf ist, der zur Neuaufstellung von Opel nötig werden wird, das ist heute noch nicht klar. Ob also die bisher in Aussicht gestellten 4,5 Milliarden Euro ausreichen, oder ob es sechs oder gar neun Milliarden werden – die Spekulationen schießen ins Kraut. Doch Helmut Becker, Autoexperte des Münchner Instituts für Wirtschaft und Kommunikation ist sicher:

    "GM ist als Unternehmen offensichtlich in der Lage diesen Brückenkredit zurückzuzahlen und wird auch in der Lage sein, die Sanierung aus eigener Kraft und die Neustrukturierung von Opel aus eigener Kraft, das heißt mit eigenen finanziellen Mitteln, durchzuführen. Schließlich ist GM heute ein Staatskonzern und dreihundert Millionen amerikanische Steuerzahler sollten in der Lage sein, drei Milliarden Dollar aufzubringen."
    Daran glauben die Arbeitnehmer nicht. Sie haben in langen Jahren ihre Erfahrungen mit General Motors gemacht. Sie sind natürlich auch enttäuscht, dass sie nun nicht an Opel beteiligt werden, das wäre wohl ein großer Motivationsschub für die Belegschaft gewesen. Das Misstrauen ist groß, es wird sich spätestens morgen in Kundgebungen etwa vor dem Stammsitz in Rüsselsheim äußern. Ihre Sorgen sind nicht unbegründet, meint Analyst Wodniok:

    "Ich glaube, dass wir grundsätzlich in der Autoindustrie zu viele Kapazitäten haben. Wir müssen Werke schließen. Da wird General Motors sicherlich auch mit relativ eiserner Hand drangehen."
    Die Mitarbeiter haben wohl berechtigte Sorge um ihre Arbeitsplätze Autoexperte Becker aber ist überzeugt, dass der Verbleib im Mutterkonzern nicht die Katastrophe ist, als die sie die Belegschaft heute darstellt:

    "Opel hat inzwischen im GM-Konzern einen wesentlich höheren Stellenwert, als das jemals in den letzten 80 Jahren der Fall war. Nur offensichtlich hat der Betriebsrat und die Mitarbeiter das noch nicht erkannt, deshalb streiken sie jetzt im Moment gegen sich selber. Die ganzen Proteste richten sich im Grunde genommen gegen die Sicherheit ihrer eigenen Arbeitsplätze."