Wolkertshofen, ein kleines Dorf im Landkreis Eichstätt, Oberbayern, am Rande des Altmühltals. In der Edelstahlküche im Gasthaus Stark glänzen silbergrau die Arbeitsflächen. Inhaber und Koch Josef Stark:
"Wir machen heute einen Spargel mit Dinkelrisotto. Ein Dinkelreis sozusagen, der angeschliffen ist, und beim Kochen quellt der dann auf. Schmeckt etwas nussiger als das klassische Risotto und mit Spargel wird es noch ein bisschen besonderer."
Rechts neben dem Herd, auf dem Arbeitsbrett, liegen sie da, ein halbes Dutzend porzellanweiße, feinsäuberlich geschälte Spargelstangen. Stark:
"Da schneidet man jetzt einfach kleine, zentimetergroße Stücke. Dazu noch ein bisschen frischer Bärlauch, auch in feine Streifen schneiden…"
"Wie essen Sie den Spargel am liebsten?"
"Leicht angebraten. Nicht unbedingt gekocht, sondern nur roh. Klein geschnitten, langsam angebraten in Butter. Und fertig!"
Spargelanbau ohne Folie
In dem nur knapp 500 Einwohner kleinen Dorf Wolkertshofen hat sich Josef Stark in den letzten Jahren mit seiner saisonalen Slow-Food-Küche einen überregional bekannten Namen erkocht. Seinen Spargel bezieht er aus dem 30 Kilometer entfernen Schrobenhausen - vom Spargelhof Rehm. Der ist mit seinen nur eineinhalb Hektar Spargelfeldern ein echter Exot unter den Spargelbauern. Josef Stark:
"Spargelhof Rehm ist einfach eine Besonderheit, weil er ohne Folie anbaut. Und wir finden, Spargel ist ein so tolles Gemüse, da sollte man warten, bis er wirklich von selbst kommt und nicht durch Folie oder Heizung schneller produziert wird."
Ein Besuch auf dem Spargelhof Rehm in Linden, einem winzigen Dorf nördlich von Schrobenhausen. Auf dem Weg dorthin: ein Anruf im Europäischen Spargelmuseum, bei der Kulturamtsleiterin Claudia Freitag-Mair:
"Es war lange Zeit sehr teures Gemüse - auch heute noch nicht eins der billigsten - und war sicherlich lange Zeit nur auf königlichen Tafeln bzw. an Fürstenhöfen, bis dann irgendwann sich der Bürger das auch leisten konnte."
Als "königliches Gemüse" wird der Spargel deswegen auch bezeichnet. Im Europäischen Spargelmuseum in Schrobenhausen bezeugen die Exponate den weitreichenden Ruf vom Acker bis in die Kunstwelt der Spargelstangen als edles Gemüse. Auf ein Ausstellungsstück ist Claudia Freitag-Mair besonders stolz:
"Es gibt Spargelheber zum Servieren des Spargel, praktisch von der Platte runter auf den Teller. Und da gibt es im Museum eine Spargelzange, die ist silber mit einer Goldauflage vom russischen Juwelier Carl Peter Fabergé, die er für Zar Peter gefertigt hat. Die war wohl damals im Besitz der Tänzerin Anna Pawlowa."
Das Land ist flach, die Böden sandig
17.000 Einwohner zählt das oberbayerische Schrobenhausen, geographisch liegt es zwischen Augsburg und Ingolstadt. Das Land ist flach, die Böden sandig. Gute Voraussetzungen für die Spargelpflanzen, kultiviert im sogenannten Bifang - diesem typischen, kniehohen und parallel verlaufenden Erdwall. Claudia Freitag-Mair:
"1913 kam ein gewisser Christian Schadt nach Schrobenhausen mit einer Tasche von Spargelsamen. Der kam aus Groß-Gerau und hat auf dem Weg bis hierher eigentlich immer versucht, Böden zu finden, die sich eignen für den Spargelanbau. Und er hat bis Schrobenhausen gebraucht, bis er den richtigen Boden gefunden hat. Hier ist der Boden sandig, sehr hoch an Mineralstoffen und auch flach, so dass man wirklich hier den Spargel weitflächig anbauen kann."
Auf dem Spargelhof von Josef Rehm herrscht zwischen April und Juni Hochbetrieb. Spargelstechen morgens und abends, dazwischen waschen, schneiden, verkaufen - im Hofladen und auf Wochenmärkten. Die Besonderheit auf diesem Bauernhof ist: Die Spargel-Bifänge werden eben nicht mit Folien abgedeckt. Angeblich sind um die 98 Prozent der Spargelanbauflächen in Deutschland für treibhausähnliche Bedingungen mit Folien bedeckt. Die Vorteile sieht auch Josef Rehm, obwohl er sich bewusst dagegen entschieden hat.
"Es ist eine Arbeitserleichterung. Ich habe mehr Kilo Spargel. Ich brauche nur einmal am Tag stechen. Ich kann besser planen. Wenn ich eine Folie rauf mache und es wird kalt, dann mache ich die schwarze Seite nach oben. Das heißt: Es erwärmt sich unten drin. Die merken fast nicht, dass es kalt wird. Bei uns, wenn es kalt wird, ist es schlagartig vorbei."
Konventionell möglichweise über 20.000 Quadratmeter Kunststofffolie
Spargelanbau ohne Folie bedeutet: weniger Ernteertrag, aber mehr Umweltfreundlichkeit. Die Zahlen sind erschreckend. Rund 120.000 Tonnen Spargel werden in Deutschland auf etwa 23.000 Hektar angebaut. Falls also davon nur zwei Prozent ohne Folie kultivieren werden, heißt das: Für den Spargelanbau werden mehr als 20.000 Quadratmeter Kunststofffolie benötigt, die nach ein paar Jahren auch entsorgt werden müssen. Josef Rehm:
"Aber viele denken um. Viele kaufen bewusst bei uns ein, weil sie sagen: Ich mag die Umwelt nicht belasten. Das ist ja ein schöner Gedanke. Und ich sagen Ihnen was: Unser Corona-Virus ist überhaupt kein Problem. Das kann man alles erledigen mit Geld. Die Trockenheit, die können sie nicht richten. Mit keinem Geld der Welt kann jemand das noch richten, was passiert ist. Hoffentlich habe ich nicht recht! Wir gehen auf eine Trockenheit zu, das wird in fünf bis zehn Jahren noch ganz krass. Bei uns hier im Gebiet haben wir fast keine Niederschläge. Bei unseren Sandböden! Wir haben Probleme mit dem Getreide, wir haben Probleme mit den Kartoffeln: wenig Ertrag, wenig Stärke. Ich weiß es nicht."
Trockenheit und Wind verträgt der Spargel nicht
Josef Rehm geht an diesem windigen Samstagnachmittag über sein Spargelfeld und hält auf der akkurat glatt gestrichenen Erde Ausschau nach einer Anhebung oder einem Erdsprung. Dort machen sich die erntereifen Spargelstangen bemerkbar.
"Ich zeige es Ihnen mal, schauen Sie: Das ist ein Stecheisen, was ich in der rechten Hand habe, und in der linken Hand habe ich eine Kelle. Die brauchen wir, dass wir wieder zumachen, weil wir müssen am Tag zweimal stechen. Wenn ich nicht zumache, dann sehe ich ja den Sprung oder die Erdanhebung nicht."
"Sie haben jetzt schon mal bei diesem Riss ein bisschen aufgegraben, ungefähr fünf Zentimeter, und dann ist die Spitze schon da?."
"Die Spitze ist meistens, wenn er einen Sprung macht, so zwei bis drei Zentimeter im Boden drin. Und dann gräbt man runter auf die Länge, die man braucht, in der Regel 22 Zentimeter."
"Die Spitze ist meistens, wenn er einen Sprung macht, so zwei bis drei Zentimeter im Boden drin. Und dann gräbt man runter auf die Länge, die man braucht, in der Regel 22 Zentimeter."
"Sie legen es ja fast schon komplett frei."
"Ich lege den Spargel frei und nehme die linke Hand, halte den Spargel um den Kopf fest und mit der Rechten steche ich mit dem Stecheisen ab. Schauen Sie, da ist es so, da sind jetzt zwei drin, oder drei. Einer geht noch heute, der andere braucht noch ein, zwei Tage. Sehen Sie den kleinen da, der braucht noch zwei Tage."
"Der kleinere ist ungefähr zehn Zentimeter kürzer, wächst der tatsächlich fünf Zentimeter am Tag?"
"Es kommt auf die Temperatur darauf an. Der wächst vielleicht sogar bis sechs, sieben Zentimeter, wenn wir 25 Grad haben und in der Nacht zehn Grad plus."
"Jetzt ist heute auch ein ziemlich windiger Tag: Was macht der Wind mit dem Spargelfeld?"
"Den Wind mag er auch nicht. Der Spargel merkt das, der spürt den Wind. Die Kälte und der Wind, das ist für den Spargel gar nichts."
"Ach, jetzt machen Sie wieder zu."
"Ja, darf ich? Das ist jetzt bei uns alles ein bisschen mehr Arbeit, weil wir wieder schöner zumachen, weil wir schauen morgen wieder, ob er wieder irgendwo einen Sprung macht, oder eine Erdanhebung
"Jetzt wird es aber doch ein bisschen zu windig. Wollen wir zurück auf den Hof?"
"Ja, gerne."
Nur eineinhalb Hektar Spargel
300 Meter sind es vom Feld zum Hof. Ein kleiner Gemüse- und Obstgarten, drei Dutzend Hühner. Josef Rehm baut auch noch Roggen und Kartoffeln an. Insgesamt bewirtschaftet er 18 Hektar im Nebenerwerb - davon nur eineinhalb Hektar Spargel. Zwischen Scheune und Hofladen steht die Spargelwaschmaschine: Josef Rehm:
"Das ist ein Förderband mit einem Messer wie in der Brotmaschine und da ist eine Doppelbürste drin, die bürstet ihn ab. Da läuft eine Wasserdüse darüber. Und der Spargel ist gewaschen und geschnitten. Aber der ist noch lange nicht fertig. Dann ist oft noch ein bisschen Spargelrost dran, das sind so braune Stellen."
Im Hinterzimmer des Hofladens ist die Spargel-Waschküche, in der Frau Rehm den Spargel verkaufsfertig macht. Josef Rehm:
"Schauen Sie, der ist jetzt nicht ganz so schön, wie wenn Sie ihn jetzt kaufen. Da ist ab und zu etwas dran und das putzen die dann mit dem Messerrücken ein bisschen ab." Frau Rehm:
"Wir müssen da schon einiges… Schauen Sie her: Da ist es unten teilweise holzig."
"Sie schaben da unten…"
"Ich schabe die Lamellen weg, die so rostig sind. Das kommt meistens davon, wenn es regnet, wenn die Erde kalt ist, dann ist das praktisch das Eisen, das ist so eisenhaltige Erde und das ist halt dann am Spargel. Das sieht halt nicht schön aus. Darum putzen wir das."
Neun bis 14 Euro pro Kilogramm
Auf Wochenmärkten und im Hofladen gibt es ihn dann frisch gestochen und geputzt zu kaufen, den ohne Folie kultivierte Spargel von Josef Rehm. Viel gibt es nicht, aber begehrt ist er bei der Stammkundschaft in Schrobenhausen. Obwohl er mit neun bis 14 Euro pro Kilogramm etwas teurer ist. Königliches Gemüse eben. Eine Kundin auf dem Wochenmarkt:
"Ab und zu kaufe ich mir schon mal einen, und dann eben hier beim Rehm. Und mir gefällt daran, dass er eben ohne Folie arbeitet. Weil ich bin schon Gegner von Spargel unter der Folie."
Ein Mann sagt: "Weiß kaufe ich selten, meistens grün. Der weiße ist auch super. Keine Frage!"
Und der kommt nun in die Sauteuse, in die hochwandige Edelstahl-Bratpfanne von Josef Stark. Er sagt:
"Bisschen Butter oder Margarine in einem Topf erhitzen. Dann gibt man den bereits vorgekochten Dinkel dazu, zeitgleich auch den Spargel."
Dinkelrisotto mit Spargel und Bärlauch
Dinkelrisotto mit Spargel und Bärlauch steht auf der Karte. Die einzige Gastwirtschaft, die vom Spargelhof Rehm beliefert wird - in Wolkertshofen, etwa 30 Kilometer von Schrobenhausen entfernt, am Rande des Naturpark Altmühltal. Josef Stark:
"Dann ungefähr so lange andünsten, bis der Spargel schön glasig ist und dann ein bisschen mit Gemüsebrühe aufgießen. Man sieht jetzt hier schon: Der Gemüsefond ist komplett aufgesogen. Geben wir noch ein bisschen Brühe nach, dass er noch einen leichten Biss hat. Kräutersalz und eben dann den geriebenen Bergkäse dazu. Somit ist es dann schon fertig."
"Zieht natürlich dann auch schön Fäden mit dem Käse. Mmh, super!"
"Ja, und das Nussige. Ich koche sehr gerne damit."