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Andreas Eschbach über Science Fiction
"Dieser Aufbruch in andere Welten"

"Für mich ist Science-Fiction, wenn irgendein wissenschaftlicher Sachverhalt in abgewandelter, übertriebener oder fortgedachter Form in eine belletristische Erzählung mündet", sagte der Autor Andreas Eschbach im DLF. Beim Auftakt der neuen monatlichen Spezialsendung über Science-Fiction und Fantasy ging es auch um sein neues Buch "Teufelsgold".

Andreas Eschbach und Hartmut Kasper im Gespräch mit Jan Drees |
    Andreas Eschbach
    Der Autor Andreas Eschbach über die Faszination Science-Fiction. (picture alliance / dpa - Uwe Zucchi)
    Jan Drees: Wohin würden denn die Deutschen Andreas Eschbach einordnen, der jetzt mit seinem neuen Roman "Teufelsgold" einen – laut Verlag Lübbe – Thriller hingelegt hat?
    "Andreas Eschbach ist als Science-Fiction-Autor bekannt geworden"
    Hartmut Kasper: Ja, die hätten große Schwierigkeiten mit der Rubrik, und ich habe sogar den Eindruck, dass Andreas Eschbach sich einen gewissen Spaß daraus macht, sich solchen Genregrenzen zu entziehen. Andreas Eschbach ist ja als Science-Fiction-Autor bekannt geworden, hat seine Space Operas geschrieben, hat auch für die "FAZ" einen Fortsetzungsroman mit Science-Fiction-Hintergrund geschrieben, aber diese Genrebezeichnung ist ihm sicher mittlerweile zu eng geworden. Und "Teufelsgold", sein neuer Roman, ist auch, finde ich, ein Spaß in Hinsicht auf das Genre, denn dieser Roman entzieht sich mit einem großen ironischen Impuls solchen Genrebezeichnungen. Es geht dadrin nämlich um einen Mann, der sozusagen wie die alten Alchemiker aus nichts oder aus Abfall Gold machen könnte – er ist nämlich Investmentbanker und berät die Leute. Und sein Bruder ist ein Kernphysiker, gehört also der anderen Familie an, die heute technisch in der Lage wäre, aus bestimmten Stoffen, aus Quecksilber nämlich, durch Beschuss reales Gold herzustellen. Und diese beiden Brüder, die treffen aus sehr verschiedenen verschlungenen Gründen und auf sehr verschiedenen Wegen auf einen echten alten Alchemisten. Und dieser Alchemist hat nichts anderes entdeckt und gefunden als den wirklichen Stein der Weisen. Dieser Stein der Weisen ist aber ein Himmelskörper, also etwas, was als Meteorit auf die Erde niedergeschlagen ist und da sehr sonderbare, aber vielleicht wissenschaftlich erklärbare Kräfte entfaltet. Und Andreas Eschbach führt in diesem Roman diese drei Elemente zusammen, die alte, im Grunde Fantasy-lastige Geschichte des Steines der Weisen. Er führt zusammen dieses Motiv mit dem Motiv des Wissenschaftlers, der die alten Träume der Alchemiker verwirklicht, und baut dazwischen ein den Investmentbanker, bei dem die Verwandlung von nichts in Geld und Gold ja doch in den letzten Jahren nicht ganz so optimal gelaufen ist, wie wir uns das alle gewünscht haben.
    Drees: Und zu dem Bild, das Andreas Eschbach von Science-Fiction hat, können wir jetzt etwas hören.
    Kaspar: Ja, Andreas Eschbach hat uns den Spaß und die Freude gemacht, hier Rede und Antwort zu stehen. Er war auf Lesetournee für seinen neuen Roman.
    "Da, wo ich gelebt habe, auf dem Land, da war ja nichts los"
    Drees: Dann hören wir jetzt Andreas Eschbach über sein Verständnis von Science-Fiction.
    Andreas Eschbach: Da, wo ich gelebt habe, auf dem Land, da war ja nichts los, und in den Büchern, da war was los, und deswegen waren die viel interessanter. Dieser Aufbruch in andere Welten, das war schon so ein Ding, wovon ich gern geträumt hab. Also seit "Raumpatrouille", seit der besten Science-Fiction-Serie aller Zeiten, war eigentlich mein Traum, ein eigenes Raumschiff bauen und auf einen anderen Planeten auswandern. Ist jetzt nichts draus geworden bis jetzt, aber damals war das das Projekt. Zuerst wollte ich ja Physik studieren, weil das ein Fach war, in dem ich in der Schule gut war. Und dann hat ausgerechnet mein Physiklehrer erwähnt, dass es ein Fach wie Luft- und Raumfahrttechnik gäbe, und dann hatte ich das sichere Gefühl, dass es das ist, was ich studieren müsse, um meinem Ziel näherzukommen. Ein Beweis dafür, dass man nicht immer auf seine Gefühle hören sollte.
    Für mich ist Science-Fiction, wenn die Science Fiktion auslöst, das heißt, irgendein wissenschaftlicher Sachverhalt, entweder in abgewandelter oder in übertriebener oder in fortgedachter Form in eine belletristische Erzählung mündet, also quasi schon etwas über reine Tatsachen hinausgehend – und das ist für mich Science-Fiction. Aber das ist ja die beliebteste Frage, die auf Science-Fiction-Zusammenkünften diskutiert wird. Was eigentlich genau Science-Fiction ist, was sie von der Fantasy unterscheidet und von der Fantastic und so weiter, das müssen andere entscheiden. Alle Weltentstehungstexte zum Beispiel, das ist per Definition Fantasie, weil selbst der Urknall ist etwas, was wir nicht beweisen können. Man kann kein Experiment machen, um ihn zu falsifizieren, er ist nur die am plausibelsten klingende Theorie heute.
    "Es gibt keinen Menschen, der ohne Technik leben könnte"
    Also wir sind als Spezies untrennbar mit Technik verbunden. Es gibt keinen Menschen, der ohne Technik leben könnte. Also selbst die sogenannten Ureinwohner in den Wäldern haben eine Technik. Es ist eine simple Technik, aber Technik beginnt im Prinzip mit Feuer machen, mit Waffen herstellen – kein Mensch kann mit seinen bloßen Händen, mit dem, mit dem die Natur ihn ausgestattet hat, überleben, das geht nicht. Wir sind schon im Zusammenhang mit der Technik entstanden, über Jahrhunderttausende hinweg, und es war immer so, dass das Wissen um die Hintergründe einer Technik auch immer ein Herrschaftsmittel war – die Feuermacher und die Schmiede und wer auch immer. Heute sind es halt die Leute, die das Internet steuern und die Energie bereitstellen. Ganz viel wissen wir nicht, und das, was wir nicht wissen über unsere Welt, das wird ja immer mehr, weil die Technik immer komplexer wird, und diese ganze Komplexität durchschaut niemand mehr, sondern jeder nur einzelne Bereiche. Und es ist schon erstaunlich, dass das alles funktioniert.
    Drees: Sagt Andreas Eschbach über sein Verständnis von Science-Fiction.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.