Endlich Anpfiff: Nach dem WM-Blues startet am 24. August die Bundesliga in ihre 56. Saison. Fußball ist für viele Fans noch immer die schönste Nebensache der Welt. Doch von Nebensache kann längst keine Rede mehr sein. Es geht um Geld, Geschäft, Gewinn. Fußballvereine sind lukrative Anlagen geworden, Profispieler Werbeträger par excellence. Allein an Fernsehrechten erlöst die Bundesliga pro Saison mehr als eine Milliarde Euro. Und ein Ende der Kommerzialisierung ist nicht abzusehen. Wird irgendwann die Blase Fußball platzen? Darüber streiten Andreas Rettig und Marco Klewenhagen.
Andreas Rettig, seit 2015 Geschäftsführer des Zweitligisten FC St. Pauli. Der ehemalige Fußballer war Manager unter anderem vom SC Freiburg und dem 1. FC Köln sowie Geschäftsführer der Deutschen Fußballliga.
"Der Kommerz macht dann den Fußball kaputt, wenn er weiterhin mit der Rasanz das in den Hintergrund drängt, was im Mittelpunkt stehen sollte: die 90 Minuten Fußball auf dem Platz. Dabei geht es gar nicht mehr um den Jingle, der den nächsten Einwurf, Ecke oder Tor präsentiert, nicht um Trikot-, Ärmel- oder wahrscheinlich demnächst auch Hosenwerbung, nicht um rasante Bewegtbilder auf LED-Banden während des Spiels oder die sogenannten Cam Carpets. Es geht auch nicht um die Stadiennamen, die sich innerhalb von zehn Jahren viermal ändern. Die Grenze ist dann überschritten, wenn sportliche Leistungen durch sportfremde Investoren beeinflusst werden und der Sport vollends zur Show wird, bei der das Rahmenprogramm wichtiger wird als die 90 Minuten. Wenn der Fußball im Pay-TV verschwindet und Anstoßzeiten nach Sehgewohnheiten asiatischer Märkte festgelegt werden."
Marco Klewenhagen ist Chefredakteur und Mitherausgeber des Sportbusiness-Dienstleisters Sponsors.
"Ich würde mir einen ehrlicheren Umgang mit der Thematik wünschen. Die stetige Einforderung einer irgendwie gearteten Fußballromantik innerhalb des bereits bestehenden Milliardensystems Profifußball ist doch eine sehr unglaubwürdige Verklärung der Tatsachen. Dass es ein Profi- und Milliardengeschäft geworden ist, dazu haben die Manager der Clubs seit Jahrzehnten beigetragen. Die Kommerzialisierungsexplosionen sind unter ihrem Zutun entstanden. Vorrangig, um für das Führungspersonal eines Clubs, also Spieler und Management, sehr hohe Gehälter zu realisieren. Sich jetzt so zu positionieren, als ob man nicht Teil des Systems wäre, sondern irgendwie dunkle Kapitalmächte die schöne Scheinwelt des Profifußballs kaputt gemacht hätten, finde ich wenig glaubwürdig."