In diesem Fall geht es um "OTA."
"Also die Abkürzung heißt ‚Operationstechnischer Assistentin oder Operationstechnischer Assistent.'"
Ein Ausbildungsberuf, den es, weiß Sabine Matischok, in dieser Form erst seit 1996 gibt. Sie selbst absolviert diese Berufsausbildung an der "Akademie für Gesundheitsberufe" der Uniklinik Ulm – und staunte nicht schlecht, als plötzlich ein junger Mann aus der Türkei mit im Kurs saß, der bereits als OP-Techniker an einem Istanbuler Krankenhaus gearbeitet hatte, nun aber in Deutschland Fuß fassen will. Das Problem: "OTA" in der Türkei ist nicht gleich "OTA" in Deutschland.
"In der praktischen Ausbildung war es überraschenderweise so, dass er im urologischen Bereich sehr fit war. Ich glaube, da gab es sehr viele gleiche Sachen zur Türkei. Aber gerade in anderen Bereichen, in der Traumatologie, hat er sich doch schwerergetan", so die OTA-Auszubildende Sabine Matischok.
Unterschiedliche Ausbildungsstrukturen
Der junge Mann aus der Türkei, der den beruflichen Wechsel von Istanbul nach Ulm anstrebte, will derzeit nicht öffentlich darüber reden, wegen der politischen Situation in seinem Heimatland - ein Teil seiner Familie lebt noch dort. Allerdings: Ausländische Bewerber wie er, die einen Medizinberuf ausüben, sind in Deutschland einerseits sehr gefragt. Andererseits können sie zunächst nicht so ohne Weiteres eingestellt werden.
"Das liegt daran, dass die Ausbildungsstrukturen höchst unterschiedlich sind."
Betont Dirk Pflüger, Schulleiter der Schule für Operationstechnische Assistenten am Uniklinikum Ulm. Das heißt: Ausländische Abschlüsse in Medizinberufen werden in Deutschland nicht generell anerkannt.
"In dem Fall war beispielsweise zu beobachten, dass die Anzahl der praktischen Ausbildungsstunden, das sind bei uns 3.000 mindestens und 1.600 Stunden in der Theorie, die war dort zunächst mal nicht gegeben. Da war eine große Differenz drin. Und die galt es zunächst einmal auszugleichen."
Uniklinik Ulm bietet Anpassungslehrgang an
Im Rahmen eines bundesweit einzigartigen Modellprojektes. Die Uniklinik Ulm organisierte für den Bewerber aus der Türkei einen sogenannten Anpassungslehrgang. In einem ersten Schritt arbeiteten die Fachleute die Unterschiede in den Ausbildungsgängen heraus. In einem zweiten Schritt wurde der Bewerber genau in den Bereichen fit gemacht, in denen sich die Defizite gezeigt hatten.
"Das war tatsächlich Pionierarbeit. Das war der erste Kandidat, der jetzt hier in Deutschland im Rahmen eines Anerkennungslehrgangs auch erfolgreich einen Abschluss zu verzeichnen hatte. Und das war für uns der Hinweis, dass wir richtungsweisend auch für andere Schulen ein ähnliches Konzept anbieten können."
Und darin steckt der eigentliche Sinn des Projektes in Ulm: Bundesweit gibt es, neben dem jungen Mann aus der Türkei, eine Reihe vergleichbarer Fälle, so Ralf Neiheiser von der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Berlin. Für ihn ist das Ulmer Projekt damit so etwas wie ein Meilenstein.
"Das ist sehr wichtig, weil wir derzeit mehr als 50 Bewerber aus Drittstaaten und aus europäischen Ländern haben, die in der Regel auch noch nicht in einem ersten Aufschlag die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nachweisen können."
Mehrere Klinikjobs betroffen
Es geht also um Bewerber aus Drittstaaten für Klinikjobs in ganz Deutschland, die bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Berlin zentral auflaufen. Von dieser Problematik sind nicht nur die "Operationstechnischen Assistenten" betroffen.
"Das trifft gleichermaßen auf das Berufsbild des Anästhesie-Assistenten und des anästhesietechnischen Assistenten zu. Folgerichtig habe ich für dieses Berufsbild ‚Anästhesietechnische Assistent‘ derzeit 80 Bewerbungen vorliegen."
Wobei die Bewerber erst einmal einen Anpassungslehrgang nach Ulmer Vorbild absolvieren müssen. Die Konzeption solcher Anerkennungslehrgänge ist indes eine Fleißarbeit.
"Fachliche Inhalte müssen tatsächlich individuell auf den jeweiligen Kandidaten zugeschnitten werden", so der Ulmer Schulleiter Dirk Pflüger.
Nach Ansicht von Ralf Neiheiser von der Deutschen Krankenhausgesellschaft lohnt sich der Aufwand trotzdem – vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in Medizinberufen.