Mit Bestürzung haben Spitzenpolitiker von SPD, CDU, Grünen und Linken auf den Rücktritt des Tröglitzer Bürgermeisters Markus Nierth (parteilos) nach rechtsextremen Bedrohungen reagiert. "Wenn sich in unserer rechtsstaatlichen Demokratie ein gewählter Bürgermeister vor einem braunen Mob nicht mehr geschützt sieht, müssen alle Alarmglocken schrillen", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der "Berliner Zeitung".
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sprach von "einer Tragödie für unsere Demokratie". Maas erklärte, Politik und Zivilgesellschaft müssten "klar Position beziehen: Hetze gegen Flüchtlinge, Hetze gegen demokratisch gewählte Bürgermeister - das geht gar nicht". Auch SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zeigte sich besorgt. Der Fall des Ortsbürgermeisters von Tröglitz "bewegt mich tief", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Es kann nicht angehen, dass jemand von seinem Amt zurücktreten muss, weil er sich für Minderheiten engagiert und Neonazis in den Weg gestellt hat."
Linke: Das Ergebnis einer gescheiterten Politik
CDU-Bundesvize Armin Laschet nannte es "bestürzend", wenn sich Kommunalpolitiker so sehr allein gelassen fühlten, dass sie keinen anderen Ausweg als den Rücktritt sähen. Dieser Fall müsse eine "Mahnung" sein, sagte Laschet dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Die Linkspartei wies der Bundesregierung eine Mitverantwortung zu. "Was wir in Tröglitz erleben, ist das Scheitern einer Politik, die soziale Probleme missachtet und auf dem rechten Auge blind ist", erklärte Parteichef Bernd Riexinger in Berlin. Die Bundesregierung trage "mit Verantwortung dafür, dass statt einer Willkommenskultur in einigen Teilen Deutschlands Ressentiments gegenüber Flüchtlingen überwiegen".
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte, couragierten Bürgern müsse "der Rücken gestärkt und nicht der Boden unter den Füßen weggezogen werden". "Alle demokratischen Kräfte müssen verhindern, dass sich der braune Mob Platz macht", erklärte er.
Kreistag beschließt Unterbringung von Flüchtlingen
Markus Nierth war vergangene Woche zurückgetreten, weil Rechtsextreme vor seinem Wohnhaus gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in der Gemeinde demonstrieren wollten. Nierth sah sich und seine Familie durch Landratsamt und andere Behörden nicht ausreichend geschützt und zog die Konsequenzen. Der Bürgermeister hatte monatelang versucht, wegen der geplanten Aufnahme der Flüchtlinge auch unter den Bürgern zu vermitteln.
Der Kreistag des Burgenlandkreises beschloss unterdessen, in Tröglitz 40 Asylbewerber unterzubringen. Eine Sprecherin des Landkreises sagte, der Unterbringungsbeschluss sei mit großer Mehrheit gefasst worden. Geplant ist, 40 Asylbewerber in Wohnungen unterzubringen. Zur Vorstellung der Pläne finde am 31. März in Tröglitz eine Einwohnerversammlung statt, in der Bürger ihre Sorgen und Ängste äußern könnten.
(pg/stfr)