50.000 Menschen schon am Flughafen Schönefeld, Jubel und Gedränge Unter den Linden. September 1972. Angela Davis in Ost-Berlin, Magdeburg, Leipzig. Hier sind es sogar 200.000, die sie, „unsere Genossin Angela Davis“, sehen wollen, wirklich und wahrhaftig, die berühmte Aktivistin – erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen – der sich die DDR-Bürger solidarisch verbunden fühlen, im Kampf gegen „imperiale Klassenjustiz.“
In der DDR wie ein Popstar gefeiert
Das ist der Jargon der Zeit, den auch die schwarze Schwester aus Kalifornien bedient, sogar auf Deutsch. Schließlich hat die 28-Jährige Mitte der 1960er-Jahre in Frankfurt am Main studiert. So rief sie bei einer Rede in Berlin: „Es lebe der Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, es lebe der proletarische Internationalismus.“
Wie ein Popstar wird Angela Davis gefeiert, wie ein Popstar sieht sie aus, mit ihrem gewaltigen Afrolook, der großen runden Sonnenbrille, den baumelnden goldenen Ohrringen. Erich Honecker wirkt neben ihr noch kleiner und blasser und verkrampfter als sonst. Wie es zu dem Besuch überhaupt kam? Die USA Anfang der 1970er-Jahre. John F. Kennedy, Martin Luther King, Robert Kennedy – die Hoffnungsträger ermordet, die Probleme ungelöst, Armut in den Staaten des Südens. Rassengewalt. Krieg in Vietnam. Immer mehr Amerikaner protestieren. Teile der Bürgerrechtsbewegung radikalisieren sich.
Nixon lässt Davis steckbrieflich suchen
Auch die Dozentin der Universität von Kalifornien in Los Angeles, Angela Davis, ist Mitglied der Black Panther Bewegung – und der amerikanischen kommunistischen Partei.
Dann sterben im August 1970 durch Polizeikugeln vier Menschen beim Versuch, während einer Gerichtsverhandlung die sogenannten Soledad Brothers zu befreien, denen die Ermordung eines weißen Aufsehers vorgeworfen wird. Man findet im Gerichtssaal mehrere auf Angela Davis zugelassene Waffen. Sie gehören einem Beteiligten der gescheiterten Befreiungsaktion – und Leibwächter der in der Vergangenheit mehrfach bedrohten Angela Davis. Präsident Nixon lässt sie steckbrieflich suchen. Im Oktober 1970 wird sie wegen Terrorismus und Beihilfe zum Mord verhaftet. Doch es kommt zu beispiellosen Solidaritätskampagnen.
Aretha Franklin, die „Queen of Soul“, bietet an, wenn auch vergeblich, eine Kaution für Davis zu zahlen, die in Einzelhaft gesperrt ist, ohne Tageslicht. Musiker wie John Lennon, Pete Seeger und in der Bundesrepublik Franz Josef Degenhardt schreiben Songs über sie.
Solidaritäts-Bekundungen aus der DDR
In der DDR lässt die FDJ-Zeitung „Junge Welt“ Postkarten mit einer Rose drucken. Hunderttausende schicken Davis einen Gruß. Rosen für Angela heißt die Aktion. Am Gefängnis in Kalifornien fahren Lastwagen vor – mit Säcken voller Unterstützerpost.
Am 4. Juni 1972 wird Angela Davis freigesprochen. Ihre erste Auslandsreise führt in die DDR. Zum Dank für „eine Million Rosen.“ Davis beginnt wieder zu unterrichten und macht Karriere als Philosophieprofessorin und Schriftstellerin. 2021 wird sie in die amerikanische Akademie der Künste und Wissenschaften gewählt. Aus der kommunistischen Partei ist sie längst ausgetreten, politisch aktiv bleibt sie lebenslang. Polizeigewalt, schlechte Bildungschancen, mangelhafter Zugang zum Gesundheitssystem, Ghettoisierung – 2018 ruft Angela Davis die junge Generation eindringlich auf, nicht nachzulassen im Kampf gegen den strukturellen Rassismus in den USA. Dies sei die einzige Hoffnung , einen Wandel zu erreichen.
Am 4. Juni 1972 wird Angela Davis freigesprochen. Ihre erste Auslandsreise führt in die DDR. Zum Dank für „eine Million Rosen.“ Davis beginnt wieder zu unterrichten und macht Karriere als Philosophieprofessorin und Schriftstellerin. 2021 wird sie in die amerikanische Akademie der Künste und Wissenschaften gewählt. Aus der kommunistischen Partei ist sie längst ausgetreten, politisch aktiv bleibt sie lebenslang. Polizeigewalt, schlechte Bildungschancen, mangelhafter Zugang zum Gesundheitssystem, Ghettoisierung – 2018 ruft Angela Davis die junge Generation eindringlich auf, nicht nachzulassen im Kampf gegen den strukturellen Rassismus in den USA. Dies sei die einzige Hoffnung , einen Wandel zu erreichen.
In einem entscheidenden Punkt sieht die heute 78-Jährige aber auch Fortschritte, die erreicht worden sind. Sie selbst hat mit dazu beigetragen:
„Als wir damit begannen, Freiheit für die Schwarzen zu fordern, da ging es immer um die Freiheit des schwarzen Mannes. Von uns Frauen war nie die Rede. Dabei haben wir im Hintergrund den ganzen Kampf organisiert! Ohne zu merken, dass wir uns sogar selbst ausschlossen. Das ist heute nicht mehr der Fall.“