Sie tragen den Protest auf die Straße, verbrennen amerikanische Flaggen und ein Poster des US-Präsidenten. Die pakistanische Hafenstadt Karachi in dieser Woche. Die scharfen Worte aus Washington, wonach Pakistan ein Doppelspiel betreibe, lüge und auch amerikanischer Finanzhilfe nicht würdig sei, fanden den erwarteten Widerhall.
"Trump beleidigt uns. Aber das war schon immer typisch für die USA. Wenn sie ein Ziel erreicht haben, lassen sie ihre Partner einfach im Stich."
So der Anführer des Protestmarsches, den die Gruppe Jamaat-ud-Dawa organisiert hat. Aber diese Gruppe ist ein Kern des Problems – die Jamaat ist nicht nur eine islamistische Organisation, ihr Gründer Hafiz Saeed gilt außerhalb Pakistans als Terrorist, er soll hinter schweren Anschlägen im benachbarten Indien stecken. In Pakistan aber kann sich Saeed frei bewegen.
Unter Druck von außen scheint das Land geeint. Auch Oppositionsführer Imran Khan, ein früherer Cricket-Star, facht die Empörung über die Angriffe aus Washington an.
"Pakistan hat viele Opfer gebracht für einen amerikanischen Krieg. Unsere Stammesgebiete an der afghanischen Grenze sind verwüstet. Und jetzt werden wir erniedrigt, von einem Präsidenten, der den Verstand verloren hat, ignorant ist und sich von unseren Feinden beeinflussen lässt."
Indien - seit jeher der große Rivale
Die Feinde sitzen für viele Pakistaner in Indien und in der afghanischen Regierung. Indien ist seit jeher der große Rivale, beinahe täglich gibt es an der Grenze Scharmützel zwischen Soldaten beider Länder. Und Afghanistans Regierung wirft Pakistan seit Langem vor, Extremisten zu unterstützen und das Land zu destabilisieren. Eine Haltung, die die US-Regierung teilt. Imran Khan will diese Vorwürfe aber nicht stehen lassen.
"In Afghanistan waren noch vor wenigen Jahren 150.000 NATO-Soldaten und mehr als 200.000 afghanische Soldaten im Einsatz. Aber Trump versucht nun zu sagen, dass die NATO den Krieg dort auch nach 16 Jahren nicht gewinnen kann, nur weil ein paar Tausend Kämpfer aus Pakistan nach Afghanistan geschickt worden seien. Jeder, der die Fakten kennt, wird diese Version für unglaubwürdig halten."
Dabei gibt es - Khans Äußerungen zum Trotz - viele Anhaltspunkte für ein Doppelspiel Pakistans. NATO-Soldaten berichteten jahrelang davon, wie Pakistans Armee Talibankämpfer gedeckt hat, die sich über die pakistanische Grenze zurückzogen. Die pakistanische Stadt Quetta unweit der afghanischen Grenze gilt als Hochburg der afghanischen Taliban. Das sogenannte Haqqani-Netzwerk, eine berüchtigte Terror-Gruppe im Umfeld der afghanischen Taliban, wird angeblich vom pakistanischen Militärgeheimdienst ISI gefördert.
Islamisten wandten sich gegen die eigene Regierung
Dazu gibt es Terrorgruppen, die sogar offene Unterstützung des ISI erhielten. Sie richten sich zum Teil immer noch gegen Pakistans Erzfeind Indien und kämpften vor allem im indischen Kaschmir, das Pakistan für sich beansprucht. Viele Islamisten wandten sich dann aber gegen die eigene, pakistanische Regierung, die ihnen schlichtweg nicht radikal genug ist. Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton sagte dazu bereits vor sieben Jahren: "Wer in seinem Hinterhof Schlangen halte, könne nicht davon ausgehen, dass nur die Nachbarn gebissen werden."
Tatsächlich haben sich mindestens 30 extremistische Gruppen zum Netzwerk der pakistanischen Taliban zusammengeschlossen. Sie sowie andere Gruppen, die dem so genannten Islamischen Staat die Treue geschworen haben, überzogen Pakistan jahrelang mit Terror und sind immer noch aktiv. Pakistan aber macht für die Opfer der vielen Anschläge die USA verantwortlich, so auch Ex-Premier Nawaz Sharif. Immer noch ein mächtiger Politiker:
"17 Jahre lang haben wir in einem Krieg gekämpft, der nicht unserer war. Wir haben eine Operation gegen die Terrorgruppen gestartet und ihnen das Rückgrat gebrochen. Die letzten Terrornester werden wir auch bald ausgemerzt haben. Aber ich würde dem jetzigen Premierminister Abbasi raten, das Land von amerikanischer Finanzhilfe unabhängig zu machen, sodass unsere Würde nicht derart angegriffen werden kann wie jetzt von Trump."
Kompliziertes Verhältnis zwischen USA und Pakistan
Zuletzt hatte der US-Kongress vor etwas mehr als einem Jahr Finanzhilfen für Pakistan in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar freigegeben. Das Geld, das Trump jetzt einbehalten will, ist Teil dieses Pakets. Doch trotz aller Drohungen: Viele Beobachter glauben nicht, dass es zum Bruch in den Beziehungen beider Länder kommen wird. Denn auch die USA brauchen Pakistans Hilfe, solange sie in Afghanistan engagiert sind.
Außerdem ist Pakistan eine Atommacht. Die USA haben kein Interesse daran, dass das Arsenal in falsche Hände geraten könnte. Es ist zudem ein offenes Geheimnis, dass US-Drohnen weiterhin gegen Terrornester in Pakistan eingesetzt werden. Und so dürfte das Verhältnis beider Staaten bleiben, was es schon seit vielen Jahren ist: extrem kompliziert.