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Angriffe auf HDP-Büros
Kurdenpartei warnt vor Bürgerkrieg in der Türkei

Die Lage in der Türkei spitzt sich immer weiter zu: Nach den Anschlägen der PKK vom Wochenende gab es zahlreiche Übergriffe auf Büros der kurdischen Partei HDP und kurdische Geschäfte. HDP-Chef Demirtas macht die Regierung in Ankara dafür verantwortlich und spricht von einer "Entscheidung für einen Bürgerkrieg".

    Ein Journalist filmt im durch einen Brand völlig zerstörten Hauptquartier der Kurdenpartei HDP.
    Die Parteizentrale der HDP - hier hatten Nationalisten ein Feuer gelegt. (Adem Altan / AFP)
    In der Türkei verstärkt der gewaltsame Konflikt zwischen Sicherheitskräften und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK die Spannungen immer weiter. Der Chef der Kurdenpartei HDP, Selahattin Demirtas, beschuldigte nach Übergriffen von Nationalisten in der vergangenen Nacht die Regierung, "Lynchversuche" gegen Kurden unterstützt zu haben. Die Angriffskampagne sei vom Staat gesteuert. Präsident Recep Tayyip Erdogan und Regierungschef Ahmet Davutoglu hätten die Entscheidung "für einen Bürgerkrieg gefällt".
    In der Nacht zum Mittwoch hatte es nach Demirtas Angaben insgesamt 400 Angriffe auf Büros der HDP gegeben. Die Parteizentrale in Ankara wurde angezündet. Amateurvideos in sozialen Netzen zeigten außerdem Beschädigungen an kurdischen Geschäften. Die HDP war bei der letzten Wahl erstmals ins Parlament eingezogen. Die türkischen Nationalisten betrachten sie aber als politischen Arm der PKK.
    Erneut Angriff auf "Hürriyet"
    Vorgestern Abend griffen Anhänger Erdogans zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage das Gebäude der Zeitung "Hurriyet" an. Sie warfen dem Blatt vor, fehlerhaft über den Staatschef berichtet zu haben. Herausgeber Sedat Ergin kritisierte, dass Erdogan den ersten Überfall vom Sonntag nicht verurteilt und damit eine Wiederholung verhindert habe. Der stellvertretende Ministerpräsident Nurman Kurtulmus verurteilte die Aktionen gegen "Hürriyet" auf einer Pressekonferenz. Regierungschef Davutoglu bezeichnete sie per Twitter als "inakzeptabel".
    Die Situation in der Türkei hatte sich am Sonntag zugespitzt, als bei zwei Anschlägen von PKK-Kämpfern fast 30 Soldaten und Polizisten getötet wurden. Die Armee reagierte gestern mit Bombardements von PKK-Stellungen im Nordirak. Außerdem wurden rund 150 Soldaten einer Spezialeinheit über die Grenze des Nachbarlandes geschickt, um gegen die PKK-Rebellen vorzugehen.
    Situation alarmiert Europarat
    Der Europarat äußerte sich tief besorgt über die Entwicklungen in der Türkei. Generalsekretär Thorbjörn Jagland erklärte, er verurteile "die tödlichen Attacken auf türkische Sicherheitskräfte mit Nachdruck". Zugleich sei er aber auch alarmiert über die "Angriffe auf politische Parteien und Medien, die die Demokratie zu destabilisieren drohen". Jagland rief die türkische Regierung dazu auf, alles zu tun, um die Bürger und das demokratische Leben zu schützen.
    (jasi/swe)