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Anhaltender Protest gegen die Homoehe

Kurz vor der letzten Abstimmung in Paris über das Gesetz, das Homosexuellen erlauben soll, eine Ehe zu schließen, Kinder zu adoptieren oder eine künstliche Befruchtung durchzuführen, kam es erneut zu Demonstrationen. Die befürchtete Radikalisierung blieb aber aus.

Von Suzanne Krause |
    "Francois, von deinem Gesetz zur Homoehe wollen wir nichts wissen", lassen die Demonstranten den Staatspräsidenten Hollande wissen. Und vor allem nicht vom Adoptionsrecht für Homosexuelle, fügt eine elegant gekleidete Französin um die 50 an, ihre halbflügge Tochter neben sich.

    "Wir denken, dass Kinder einen klaren Bezugspunkt brauchen und dazu ist es am besten, wenn sie über einen Vater und eine Mutter verfügen. Ich gehe heute zum vierten Mal gegen die Homoehe auf die Straße und ich werde solange irgend nötig weitermachen."

    Mitte letzter Woche, in einer Nachtsitzung zum Gesetzesprojekt in der Nationalversammlung, kam es im Eifer der politischen Kontroverse fast zu einer Schlägerei - eine Premiere. Die die Demonstrantin bedauert:

    "Eigentlich sollte sich auch ein Politiker nicht so gehen lassen, dass er handgreiflich wird. Aber meiner Meinung nach hat die Regierung alles dafür getan, dass es soweit kommt. Dass damit auch unsere Bewegung in ein schlechtes Licht gestellt wird. Sehen Sie sich doch mal um: bei der Demo sind nicht nur Leute, die rechts stehen oder katholisch sind. Was uns eint, ist der Gedanke, dass ein Kind nur dann ein gutes Leben haben kann, wenn es Vater und Mutter hat."

    An der Spitze des Protestzugs marschieren einige Vertreter der Oppositionspartei UMP. Seite an Seite mit Abgeordneten des rechtsextremen Front National. Am Straßenrand stehen, wie Orgelpfeifen aufgereiht, fünf kleine Rotschöpfe und blasen in Tröten, angefeuert von ihrem Vater. Vielfach wirkt die Demonstration wie ein familiärer Sonntagsausflug, mit Baby und Großmutter. Eine Gruppe von fünf sehr jungen Männern ist ohne die Eltern gekommen.

    "Das Einzige, was das Gesetz zur Homoehe bewirken würde, wäre, die Familie zu zerstören."

    "Die Homoehe wäre nur der erste Schritt, die Gendertheorie gesetzlich umzusetzen."

    "Laut dieser Theorie gibt es keine biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Demzufolge könnte jeder selbst bestimmen, ob er Mann ist oder Frau. Dabei weiß doch jeder, dass dies völlig falsch ist und dass das biologische Geschlecht unsere Identität bestimmt. Gesetze wie das zur Homoehe jedoch würden diese Identitätsbestimmung verwischen, das können wir nicht hinnehmen."

    Ehefreundlich, aber nicht schwulenfeindlich seien sie, stellen die Demonstranten klar: In den vergangenen Tagen berichteten die Medien über einige Fälle von Angriffen auf Homosexuelle. Während die Gegner der Homoehe auf der linken Seine-Seite marschieren, veranstalten mehrere tausend Befürworter des Gesetzesprojekts, unter ihnen der Pariser Oberbürgermeister Bertrand Delanoe, eine Kundgebung auf der anderen Flussseite.

    Als die Homoehe-Gegner an einer Kirche vorbeiziehen, lässt der Pfarrer die Glocken läuten. Das passiert sonst nur bei hohen Anlässen, wie 1944, bei der Befreiung von Paris. Ein junges Paar am Straßenrand wirkt leicht fassungslos. Bei der letzten Wahl stimmten beide für den Sozialisten Hollande.

    "Beim Protestzug stand auf einem Transparent zu lesen: Hollande gleich Diktator. Bei der Homoehe handelt es sich um ein Wahlversprechen von Hollande und immerhin hat die Mehrheit der Franzosen für sein Programm gestimmt. "

    "Was mich ein bisschen beunruhigt, ist, dass bei den Ausschreitungen der letzten Kundgebungen rechtsextreme Gruppierungen dabei waren, die von den Medien über die Maßen viel Aufmerksamkeit erhielten."

    Auch wenn vereinzelt der Schlachtruf "Arbeitsplätze statt Homoehe" ertönt: Die Demonstration ist keineswegs, wie von manchen Medien befürchtet, in eine allgemeine soziale Protestbewegung gegen die Regierungspolitik ausgeufert.