Archiv

Anhörung im US-Senat
Geheimdienste sehen russische Cyber-Attacken als ernste Bedrohung

Die Vorwürfe der US-Geheimdienste gegen Russland erhärten sich: Drei Geheimdienstchefs wurden am Donnerstag vom Senatsausschuss für auswärtige Angelegenheiten vernommen – und alle waren sich einig: Die digitalen Fingerabdrücke bei den Hackeraktionen gegen die Demokratische Partei und Clintons Wahlkampfmanager John Podesta führen nach Moskau.

Von Thilo Kößler | 06.01.2017
    Der Direktor des Nationalen US-Geheimdienstes, James Clapper, während der Anhörung im Senat in Washington
    Der Direktor des Nationalen US-Geheimdienstes, James Clapper, während der Anhörung im Senat (afp / John Watson)
    Über zweieinhalb Stunden dauerte die Befragung der Geheimdienstchefs im Auswärtigen Ausschuss des US-Senats – und alle drei Geladenen waren sichtlich darum bemüht, keine Geheimnisse preiszugeben und dem Bericht an Präsident Obama nicht vorzugreifen, der ihm am kommenden Montag vorgelegt wird. Doch stellvertretend für alle 13 Geheimdienste der Vereinigten Staaten erklärte der Direktor des Nationalen Geheimdienstes, James Clapper, man sei jetzt noch mehr davon überzeugt, dass Russland hinter den Cyberattacken im Wahlkampf gesteckt habe. Wie hoch er die Wahrscheinlichkeit einschätze, dass die russische Führung direkt involviert gewesen sei, wurde Clapper gefragt. Sehr hoch, antwortete er – bis er am Ende des Dialogs direkt den Namen Vladimir Putins nannte.
    Clapper: "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch."
    Senator: "Sie glauben, dass die Aktionen nur mit Zustimmung der russischen Führung durchgeführt werden konnten?"
    Clapper: "Genau das haben wir gesagt."
    Senator: "Und wer ist die höchste Stelle in Russland?"
    Clapper: "Das ist Präsident Putin."
    Keine schlüssige Strategie zur Abwehr von Cyberangriffen
    Die Hackerangriffe seien nur ein Teil der russischen Bemühungen gewesen, die amerikanischen Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen, sagte Clapper. Es seien darüber hinaus Methoden der "klassischen Propaganda" und der gezielten Desinformation eingesetzt worden.
    "The hacking was only one part of it. It also entailed classical propaganda, misinformation and faked news."
    Immer wieder kam die Frage auf: Warum das alles? Weshalb soll Russland diesen Aufwand betrieben haben, wenn doch gar nicht sichergestellt gewesen sei, dass Wahlen auf diese Weise manipulierbar sind. Es habe nicht nur ein Motiv gegeben, deutete Clapper an. Darüber müsse zunächst Präsident Obama informiert werden – der Bericht an ihn gebe darüber Auskunft.
    "More than one motif. That will be described in the report."
    Deutlicher wurde Mike Rogers, der Chef der Nationalen Sicherheitsagentur NSA. Er sprach die Schwierigkeiten an, die es bei der Abwehr von Cyberangriffen gibt. Es gebe keine schlüssige Strategie, zu wenig Mittel und vor allem dauere alles viel zu lange. Die Abwehr müsse deutlich schneller werden, sagte Rogers
    "The biggest frustration to me is speed, speed, speed. We´ve got to get faster, we´ve got to be more agile."
    Innerparteiliche Bruchlinien bei den Republikanern liegen bloß
    Die Spitzen der amerikanischen Geheimdienste sind überzeugt davon, dass Russland vor den anstehenden Wahlen auch in Europa die Cyberaktivitäten verstärkt. Von alldem ist indes Donald Trúmp nicht überzeugt, der president elect, der am Freitag in einem umfassenden Briefing von den US-Diensten informiert werden soll. Er hatte nicht nur immer wieder angezweifelt, dass tatsächlich Russland für die Hacker-Attacken verantwortlich zu machen ist. Er hatte sich auch über die eigenen Geheimdienste lustig gemacht, die schon oft falsch gelegen hätten – z.B. beim Irakkrieg 2003. Skeptisch dürfe Trump ja sein, erklärte Geheimdienstdirektor James Clapper schmallippig – üble Nachrede sei jedoch etwas ganz anderes.
    "I think there is a difference between scepticism and disparagement."
    Ausgerechnet der Republikaner John McCain, ein ausgewiesener Gegner Donald Trumps, hatte dieses Hearing des Senatsausschusses angeregt und einberufen. Ganz offensichtlich in dem Bestreben, einen Kontrapunkt zur russlandfreundlichen Haltung Donald Trumps zu setzen, die in weiten Kreisen der außenpolitischen Partei-Elite auf starke Vorbehalte stößt. Am deutlichsten formulierte das Lindsay Graham, einflussreicher Senator aus South Carolina: Bei aller Skepsis dürfe sich der president elect nicht über die Erkenntnisse der Geheimdienste hinwegsetzen, die sich dem Schutz des Landes verpflichtet hätten.
    "President elect: When you listen to these people – you can be skeptical. But understand: There are the best among us. And they are trying to protect us."
    So liegen nicht nur die innerparteilichen Bruchlinien bei den Republikanern bloß – unmittelbar vor der Amtseinführung Donald Trumps ist auch mit neuen brisanten Details über das ganze Ausmaß der russischen Cyberangriffe zu rechnen.