Die Chefs von Facebook, Google und Twitter verteidigen die Art und Weise, wie sie auf ihren Plattformen im Rahmen der amerikanischen Gesetze Inhalte zulassen oder auch löschen. Dabei sehen Sie sich mit völlig entgegengesetzten Forderungen konfrontiert. Die Demokraten verlangen von Ihnen, Hassrede oder politische Desinformation stärker zu zensieren. Republikaner beschuldigen die Tech-Riesen, eine anti-konservative Voreingenommenheit zu pflegen.
Besonders unter Beschuss kam in diesem Zusammenhang Twitter-Chef Jack Dorsey. Twitter hatte einen Link zu einem bis heute unbelegten Bericht des Boulevard-Blattes Ney York Post über angebliche Machenschaften des Sohnes von Präsidentschaftsbewerber Joe Biden gesperrt.
Der republikanische Senator Ted Cruz erregte sich über diese – seiner Ansicht nach – Einschränkung der Redefreiheit: "Mr. Dorsey: Wer zum Teufel hat sie eigentlich gewählt, dass Sie sich anmaßen, zu entscheiden, was die Medien sagen dürfen und was das amerikanische Volk hören darf?"
Twitter erregte auch schon zuvor wütende Reaktionen bei Trump-Unterstützern, weil die Plattform mehrfach Tweets mit eindeutigen Falschmeldungen des Präsidenten gelöscht hatte.
Anhörung geht im Wahlkampfgetöse unter
Eigentlich sollte es bei der Anhörung um die Reform eines Gesetzesabschnittes von 1996 gehen, die sogenannte "Section 230". Sie verleiht den sozialen Medien in den USA eine Art Immunität: sie können nicht für falsche, beleidigende oder irreführende Informationen verklagt werden, die dritte Parteien auf ihren Plattformen posten. Gleichzeitig erlaubt das Gesetz ihnen, Inhalte zu löschen, wenn dies, wie es heißt in "guter Absicht" geschieht. Doch was dies konkret heißt, darunter verstehen Demokraten und Republikaner derzeit völlig verschiedene Dinge.
Die Anhörung, die in normalen Zeiten große Aufmerksamkeit erregt hätte, war allerdings auch nicht mehr als ein Hintergrundklingeln im Wahlkampfgetöse. Donald Trump muss mittlerweile auch um republikanische Hochburgen wie Arizona kämpfen. Und seine Rhetorik wird spürbar bitterer.
Polemisierte der Präsident sonst nur gegen die angeblichen "fake news" ist er jetzt dazu übergegangen, angebliche "fake polls", also falsche Umfragen zu attackieren: "Nehmen wir nur mal eine Umfrage der ABC/Washington Post. Danach soll ich 17 Punkte in Wisconsin zurückliegen. Das haben sie beim letzten Mal 2016 auch versucht und es ist schlecht ausgegangen."
Wie es tatsächlich ausgeht, ist in der Tat nicht vorhersagbar. Die Umfragen in den Bundesstaaten sind notorisch unzuverlässig, auf die Ergebnisse in den Einzelstaaten kommt es aber wegen des Wahlmännergremiums an.
Trump hält Pandemie weiterhin für fast besiegt
Trump steht weiterhin vor allem wegen des Versagens der Regierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie unter Druck. Trumps hatte wiederholt behauptet, es gebe lediglich mehr Corona-Fälle, weil mehr getestet werde. Der von Trump ernannte stellvertretende Gesundheitsminister, der Viersterne-General Brett Giroir, widersprach seinem Vorgesetzten: "Wir sind der Ansicht, und die Daten belegen das, dass die Fallzahlen in die Höhe gehen. Das ist nicht einfach eine Folge des Testens. Wir identifizieren mehr Infektionsfälle. Und wir wissen das unter anderem, weil auch die Einlieferungen in Krankenhäuser zunehmen."
Auch der mittlerweile kaltgestellte Leiter des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, schloss sich diesem Urteil an. Trump behauptet dennoch weiterhin in seinen Wahlkampfreden, es gebe eine Wende zum Guten bei der Bekämpfung der Pandemie. Doch die Infektionszahlen haben die Rekordmarke von 70.000 pro Tag überschritten. Fast 1000 Amerikaner sterben täglich an COVID-19. Seine Kernanhängerschaft ficht das nicht an. Bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen stehen sie dicht an dicht – und dies in der Regel ohne Atemschutzmaske.