Von Anfang an war die Skepsis im Europäischen Parlament gegenüber Tibor Navracsics besonders groß. Ausgerechnet der ehemalige ungarische Justizminister, mitverantwortlich für die umstrittenen Mediengesetze in Ungarn, sollte Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft werden. Auch in der Anhörung konnte Navracsics nicht richtig überzeugen, ebenso wenig in einer zusätzlich anberaumten schriftlichen Fragerunde. Obwohl er darin die ungarische Mediengesetzgebung erstmals vorsichtig kritisiert hatte.
Am Ende zog der Kulturausschuss des Parlaments die Reißleine. Der Ungar könnte zwar Kommissar werden, so die mehrheitliche Meinung, müsse aber ein anderes Ressort übernehmen. Eine erste Schlappe auch für Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der gerade national umstrittene Ressorts mit Kandidaten aus diesen Ländern besetzen wollte, um so die Akzeptanz der EU-Politik in diesen Mitgliedsstaaten zu verbessern. Zumindest bei Navracsics ist das Konzept nicht aufgegangen.
Juncker muss nun reagieren - etwa durch eine Veränderung des Ressortzuschnitts oder aber die Zuweisung eines komplett neuen Dossiers an den ungarischen Kandidaten. Wenig zufriedenstellend - so zumindest die Meinung vieler in den zuständigen Ausschüssen - war auch die Anhörung der ehemaligen slowenischen Ministerpräsidentin verlaufen. Alenka Bratusek, nominiert als Vizepräsidentin der neuen Kommission für das Ressort Energie, blieb in ihren Antworten oft vage. Außerdem gibt es den Vorwurf, sie habe sich praktisch selbst für Brüssel nominiert - was Bratusek allerdings zurückwies:
"Wir haben eine Auswahlliste nach Brüssel mit drei Namen geschickt. Auch ich stand auf dieser Liste. Die maßgebliche Entscheidung hat dann Kommissionspräsident Juncker getroffen. Das sind die Fakten, nicht mehr und nicht weniger."
Weitere Fragestunden und -kataloge
Ob dieser Auftritt das Parlament überzeugen wird, bleibt abzuwarten. Ganz anders Federica Mogherini. Wurde die Außenministerin Italiens noch vor Kurzem als zu unerfahren und zu jung für den Job der EU-Außenbeauftragten kritisiert, war es nun vor dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten fast ein Heimspiel. Zumal die italienische Sozialdemokratin oft den richtigen Ton traf:
"Wir müssen eine wirklich gemeinsame Außenpolitik erreichen. Ich weiß, bei vielen klingt das naiv. Viele sagen, die Mitgliedsstaaten werden immer eine eigene Sicherheits- und Außenpolitik verfolgen. Wir bräuchten keine 29. Außenpolitik. Ich stimme darin überein. Aber gleichzeitig wissen alle, dass die schwierigen Zeiten nicht zu lösen sind, wenn wir nicht gemeinsam unsere Pflichten und Verantwortung wahrnehmen. Wir müssen groß denken und gemeinsam handeln."
Zumindest diese Personalie dürfte also kaum für Streit sorgen. Dagegen müssen andere weiter bangen. Auf den Briten Jonathan Hill, designierter Kommissar für die Finanzmarktregulierung, wartet sogar eine zweite Fragestunde. Pierre Moscovici wiederum, der sich künftig um Wirtschaft und Währung kümmern soll, muss noch einen schriftlichen Fragenkatalog abarbeiten. Und mögliche Interessenkonflikte beim designierten spanischen Klima- und Energiekommissars Miguel Canete wird zunächst der Rechtsausschuss des Parlaments überprüfen.