Archiv

Anis
Wunderpflanze mit Geschichte

Die Verwendung von Anis hat in Europa eine lange Tradition - schon in der Antike wurde die Pflanze in Griechenland zu Heilzwecken gegen Husten und Bronchitis eingesetzt. Heute ist Anis in Form von ätherischem Öl besonders zum Inhalieren bei Erkältungen beliebt.

Von Renate Rutta |
    Anis-Pflanzen auf einer Wiese am Sewansee in der Nähe des im Jahre 874 gegründeten Klosters Sewanawank (Sewankloster), fotografiert am 24.06.2014 in Armenien.
    In der Antike war Anis bei den Griechen nicht nur als Gewürz für Brot sehr beliebt. (dpa/picture alliance/Jens Kalaene)
    Den Geschmack von Anis kennen viele noch vom letzten Urlaub in der Ägäis, wo es in der Taverne am Strand zum Essen einen griechischen Anisschnaps gab, einen Ouzo, oder aus der Türkei ist der Raki bekannt. Anishaltige Getränke gibt es nicht nur in Griechenland, in Frankreich kennt man den Pastis.
    "Berühmt ist ja der griechische Ouzo oder der französische Pastis, die als Aperitif z.B. durchaus sinnvoll sind, weil ja Anis die Verdauungstätigkeit anregt, gerade auch die Magen- und Darmtätigkeit und insofern haben wir da ein schönes Getränk, was auch gut schmeckt."
    Traditionelles Gewürz
    Dr. Johannes Mayer vom Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde an der Universität Würzburg. Die Verwendung von Anis hat also in Europa schon eine lange Tradition – nicht nur in alkoholischen Getränken sondern auch als Würzmittel für Brot, so wie es heute noch in Südtirol üblich ist oder auch im Weihnachtsgebäck.
    In Santorin, auf dieser griechischen Inselgruppe gibt es Ausgrabungen, die auf das 16. Jahrhundert vor Christus zurückgehen. Da hat man bereits Früchte des Anis genommen.
    Von Ausgrabungen weiß man auch, wo überall der Anis in früheren Zeiten verwendet wurde. Die Archäobotanik beschäftigt sich mit Pflanzenresten, die von Archäologen bei Ausgrabungen geborgen werden, um zu rekonstruieren, welche Pflanzen als Nahrung und als Arzneipflanze genutzt wurden. Michael Herchenbach vom Labor für Archäobotanik der Universität Köln:
    "Der Anis ist eine Pflanze aus dem Orient, dann wird er weiter verbreitet. Früheste archäobotanische Belege aus der Spätbronzezeit liegen aus Griechenland vor. Er wird weiter verbreitet, insbesondere durch die Römer, wird dann auch nördlich der Alpen häufiger gefunden, in der Schweiz, in den Niederlanden und im Rheinland. Insbesondere haben wir da die Funde aus Xanten und noch später in der Karolinger-Zeit im 8. Jahrhundert haben wir Funde aus einer Kölner Latrine, die zeigen, dass der Anis genutzt wurde."
    Gefunden haben die Wissenschaftler vor allem Pollen und Fruchtreste. In weiteren schriftlichen Quellen ist beispielsweise bei Plinius nachzulesen:
    "Auch der Anis wird mit Wein getrunken. Frisch oder trocken ist er gleichermaßen erwünscht. Und dann lesen wir etwas weiter: ja, er macht sogar den Atem angenehmer und noch etwas weiter: er macht Appetit."
    Verwendung auch zu Heilzwecken
    In der Antike war bei den Griechen Anis nicht nur als Gewürz für Brot sehr beliebt, wie Pythagoras um 55 vor Christus bezeugt sondern Anis wurde auch zu Heilzwecken verwendet – dafür gibt es ebenfalls schriftliche Quellen. Dr. Mayer:
    "Es ist interessant, dass auch schon die griechischen Ärzte Anis gegen Husten bei Bronchitis eingesetzt haben. Das berichtet der berühmte griechische Arzt Dioskurides aus dem 1. Jahrhundert nach Christus und diese Anwendung ist gerade wieder aktueller. Man hat da Anis längere Zeit etwas unterschätzt. Aber neuere Studien haben ergeben, dass der Anis eben bei Bronchitis durchaus eine ernst zu nehmende Pflanze ist als Alternative z.B. zu Thymian."
    Im frühen Mittelalter um das Jahr 795 herum wird im ältesten erhaltenen Werk der Klostermedizin, dem Lorscher Arzneibuch, der Anis ebenfalls erwähnt.
    "Das ist eigentlich eine sehr große Rezeptsammlung – inzwischen ja Weltkulturerbe der UNESCO – und da wird es auch zur Förderung der Verdauung und gegen Erkrankungen der Atemwege eingesetzt. Es soll übrigens auch die Stimmung leicht bessern. Gegen Melancholie wurde es auch eingesetzt. Diese Anwendung ist allerdings heute nicht üblich."
    Heute werden die kleinen eiförmigen Früchte des Anis immer noch als Gewürz und Heilmittel verwendet. Für die medizinische Wirkung ist der hohe Gehalt an ätherischem Öl ausschlaggebend.
    Öl mit antibakterieller Wirkung
    "Dieses ätherische Öl wirkt schleimlösend, das fördert den Auswurf. Dadurch wird das Sekret leichter löslich und kann dadurch besser nach oben transportiert werden aus den Bronchien aber auch aus den Nasennebenhöhlen und so besser aus dem Körper entweichen."
    Das ätherische Öl regt die feinen Flimmerhärchen in der obersten Schicht der Atemwege zu leichten Bewegungen an, die das Sekret nach oben transportieren. Außerdem wirkt das ätherische Öl des Anis leicht krampflösend, was auch bei Husten Linderung schafft.
    Daneben hat das Öl auch eine leicht antibakterielle Wirkung, also es beugt auch weiterem bakteriellem Befall vor. Und es hat auch eine leicht blähungstreibende Wirkung. Das betrifft den Magen-Darm-Trakt. Und in einigen Studien hat sich sogar eine antivirale Wirkung vor allem gegen Herpes simplex Typ 1 gezeigt.
    Angewendet werden kann Anis in Form von Anisöl beispielsweise zum Inhalieren bei Erkältungen.