Vor drei Jahren, im Dezember 2015, einigten sich 195 Länder auf der Pariser Klimaschutzkonferenz auf ein allgemeines, rechtsverbindliches Übereinkommen. Es sieht vor, den durchschnittlichen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad, möglichst sogar auf eineinhalb Grad gegenüber der vorindustriellen Periode zu begrenzen. Dazu müssen die Kohlendioxid-Emissionen deutlich gesenkt werden. Tatsächlich ist der CO2-Ausstoß im vergangenen Jahr aber weltweit auf 53,5 Milliarden Tonnen gestiegen. Und täglich werden neue düstere Prognosen veröffentlicht. Gibt es noch eine realistische Chance, das Ruder herumzureißen? Und wie könnte ein Perspektivwechsel aussehen?
Anita Engels: "Wir haben es bisher nicht mal ansatzweise geschafft, die Emissionen zu reduzieren"
"Im Augenblick haben wir die Situation, dass die Politik immer wieder anspruchsvolle Ziele formuliert, die dann leider nicht eingehalten werden können. Und viele Bürgerinnen und Bürger sind eigentlich sehr positiv dem Klimaschutz gegenüber eingestellt und tun auch hier und da alles Mögliche, um das zu fördern. Aber die ganz großen Brocken im Verhalten und in den Strukturen – also Energie, Mobilität, Ernährung – das bleibt letztlich alles unverändert. Versuche der Politik, das zu ändern, wirklich strukturell eine Transformation zu befördern, kosten dann sofort Wählerstimmen. Im Augenblick ist es tatsächlich ziemlich festgefahren."
Anita Engels ist Professorin für Soziologie an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Ihr Arbeitsschwerpunkt ist Klimawandel und Gesellschaft.
Alexander Mäder: "Klimaschutz zu betreiben – das könnte am Ende sogar Spaß machen"
"Man kann im Moment der Eindruck haben, dass wir überfordert sind. Seitdem 1992 in Rio auf dem Erdgipfel die Klimarahmenkonvention beschlossen wurde, auf deren Grundlage die ganzen internationalen Verhandlungen stattfinden, sind die weltweiten Emissionen um mehr als 60 Prozent gestiegen. Was wir jetzt eigentlich bräuchten, das wäre, diese 60 Prozent in den nächsten 25 Jahren zurückzudrehen. Das ist im Moment überhaupt nicht abzusehen. Nicht mal in Deutschland geht es wirklich mit den Emissionen bergab. Aber daraus jetzt den Schluss zu ziehen, dass wir es nicht mehr schaffen werden, wäre fatal. Wir müssen trotzdem das Bestmögliche erreichen. Und eine Sache, die mich dabei motiviert, ist, sich zu überlegen, wie werden denn zukünftige Generationen auf uns zurückblicken. Werden die es uns abnehmen, dass wir sagen: 'Oh, das Problem war aber so schwer, da konnten wir leider nicht mehr tun.'?"
Alexander Mäder ist Wissenschaftsjournalist und bildet als Professor an der Hochschule für Medien in Stuttgart angehende Journalistinnen und Journalisten aus. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Klimaforschung.