Durch die Bundesrepublik tourt derzeit eine Ausstellung „Amnesty International und die DDR“. Bis zum 27. Juni ist sie noch in der Dresdner Dreikönigskirche zu sehen, weitere Stationen sind Leipzig und Marienborn, dann folgen Orte in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ausstellung ist mit der Veröffentlichung einer Dissertation zum gleichen Thema im Berliner Links Verlag gekoppelt. Aufbauend auf der Fülle von Publikationen, die sich in den letzten Jahren mit den Strukturen und Machtmechanismen der DDR beschäftigen, schildert die Autorin Anja Mihr Wirken und Wirkung der unabhängigen Menschenrechtsorganisation Amnesty International im Honecker-Sozialismus. Thomas Franke stellt Ihnen das Buch vor.
Amnesty International wird salopp als die größte Briefschreibeorganisation der Welt bezeichnet. Denn der Druck, den Amnesty-Gruppen weltweit entfalten, äußert sich häufig zunächst in Protestbriefen, die oft körbeweise in den Vorzimmern der Staatschefs landen. Amnesty International ist in der Lage, seine Unterstützer weltweit in kürzester Zeit zu mobilisieren, um Folter an Einzelnen oder Hinrichtungen zu stoppen. In der DDR wurden insgesamt 2107 Häftlinge von Amnesty-Gruppen „adoptiert“ – das heißt, Gruppen von Ehrenamtlichen verfolgten deren Schicksal und versuchten, auf ihren Schützling aufmerksam zu machen und zu helfen. Außerdem beschäftigten sich einige Gruppen mit der menschenrechtlichen Gesamtsituation in der DDR. Die meisten dieser Gruppen waren in Westeuropa, vor allem in Holland, Frankreich, Schweden und Großbritannien. In der Bundesrepublik haben nie Gruppen zur DDR gearbeitet. Denn es ist erklärte Politik von Amnesty International, nie zu Fällen im eigenen Land tätig zu werden. Die DDR-Fälle waren der Organisation zu dicht an den Gruppen in der Bundesrepublik dran. Die DDR war ein eitler Staat, die politischen Verantwortlichen waren peinlich auf die Außenwirkung des Arbeiter- und Bauernstaates bedacht. Dementsprechend waren der Staatsmacht Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, die im Zweifelsfall kein Blatt vor den Mund nehmen, ein Dorn im Auge. Auch die offenen Strukturen der Menschenrechtsorganisation waren der Staatssicherheit suspekt, sagt die Autorin des Buches „Amnesty International in der DDR“, Anja Mihr.
War Amnesty wirklich, wie manche das gern möchten, Staatsfeind Nummer eins, Feindbild Nummer eins? Also, ich denke, da darf man auch nichts überbewerten. Amnesty war eine Feindorganisation, die auf der Liste der über hundert Feindorganisationen stand, sie wurde überwacht, ihre Mitglieder wurden zum Teil abgeschöpft, man wollte eine gute Informationslage über diese Organisation haben, und wenn es denn wirklich brisant werden sollte, in der Form, dass Amnesty vielleicht verstärkt bei den Vereinten Nationen und bei der KSZE zum Beispiel auftritt, also, das Regime im Ausland zunehmend in Misskredit bringen würde, dann wollte man auch eine Handhabe haben, man wollte wissen, wie diese Organisation arbeitet. Und das hat man dann auch getan in den 80er Jahren.
Seit der Gründung von Amnesty International Anfang der 60er Jahre war klar, dass die Organisation mit Hauptsitz in London es nicht schaffen würde, eine Sektion in der DDR aufzubauen. Noch heute hat Amnesty International in den neuen Bundesländern viel weniger Mitglieder als im Westen. Wer sich aus der DDR heraus an Amnesty wandte, war verdächtig und brachte sich in Gefahr. Ein Problem der Recherchen zu Amnesty International in der DDR ist, dass die meisten Akten der Auslandsabteilung des MfS, der „Hauptverwaltung Aufklärung“, weg sind – so auch die über Amnesty International. Der Teil, in dem sich Anja Mihr konkret mit der HVA beschäftigt, ist deshalb sehr kurz.
Fakt ist, dass es keine ausführlichen oder umfangreichen Akten gibt, HVA-Akten, also Auslandsspionage über Amnesty International. In den Akten der anderen Hauptabteilungen, da gibt es Hinweise darauf, dass es auch im Ausland Spionagetätigkeiten gegenüber Amnesty International gab, zum Beispiel der zuständige Agent in Belgien, der eigentlich auch für Nato-Angelegenheiten zuständig war, hat bei Gelegenheit auch die Aktivitäten von Amnesty-Gruppen dort beobachtet, ebenso in Italien, ebenso in England. Darüber hinaus gab es Anweisungen von Erich Mielke, einen Agenten in die Londoner Zentrale von Amnesty International einzuschleusen, diese Anordnung gibt es schriftlich seit 1976, und aufgrund der Aktenlage kann man sagen, dass es das MfS bis Ende 1989 nicht geschafft hat. (...) Darüber hinaus stellten sich für die Staatssicherheit bis 89 immer wieder dieselben Fragen, es gab Erkenntnislücken über die Organisation, die darauf schließen, dass es ihnen nicht gelungen ist, einen Agenten einzuschleusen, denn wenn sie einen Agenten gehabt hätten, hätten sie diese Fragen beantworten müssen.
Ein konkreter Amnestyfall in der DDR war Frieder Weisse. Der aus Westdeutschland stammende Weisse wurde 1968 in Ungarn festgenommen, als er DDR-Bürgern zur Flucht verhelfen wollte. Weisse saß zunächst in Gefängnissen in Ungarn, wurde dann an die DDR ausgeliefert und dort wegen Spionage verurteilt. Weisses Eltern wandten sich daraufhin an Amnesty International, eine Gruppe in Holland übernahm den Fall. Die DDR versuchte, das zu unterbinden, erinnert sich Weisse.
Auf dem Umweg über Anwalt Vogel ist mehrfach an meine Eltern herangetragen worden, sie mögen doch bitte einmal auf Amnesty einwirken, dass die mal momentan ihre Solidaritätsaktionen zurückfahren oder einschränken, sonst könne sich in meinem Falle nichts bewegen. (...) Also, es ging nur über die Anwälte, also Vogel direkt wohl nicht, aber die westlichen Anwälte. (...) Da ist das an meine Eltern herangetragen worden, also, bitte, sie sollten doch die Aktionen von Amnesty mal stoppen.
Weisse erfuhr erst nach seiner Entlassung, dass er von Amnesty International adoptiert worden war. Spürbare Verbesserungen oder Verschlechterungen habe es dadurch für ihn nicht gegeben, erzählt Weisse. Nicht nur die DDR, auch die involvierten westdeutschen Behörden hatten häufig kein wirkliches Interesse daran, dass sich eine außenstehende Organisation einmischt – eine Organisation, die sich nicht in das komplizierte deutsch-deutsche Geflecht einbinden ließ.
Die DDR hat versucht, auf Amnesty International Druck auszuüben, die Aktionen zu verhindern, indem sie vorgeworfen haben, ihre Aktionen würden nicht direkt die Freikaufverhandlungen, aber die Freilassung verhindern. Das konnte aufgrund der Aktenlage nicht bewiesen werden, es gab exemplarisch einige Versuche, Gefangenen, die von Amnesty adoptiert worden waren, mitzuteilen, dass sie jetzt länger in Haft bleiben würden, angeblich, weil sie von Amnesty adoptiert worden waren. Das heißt aber mit der Absicht, wenn sie denn dann in den Westen freigekauft werden, oder freigelassen werden, sie dann berichten sollten, dass sie von Amnesty adoptiert waren und deshalb länger in Haft bleiben mussten. Das ist allerdings nicht aufgegangen, das waren ein, zwei Beispiele in der ganzen Geschichte, aber mehrheitlich kann man sagen, die Gefangenen sind vorzeitig freigelassen worden, wenn sie von Amnesty adoptiert waren.
Das Buch von Anja Mihr ist gut lesbar, bei nur leicht lektorierten Publikationen ist das nicht immer der Fall. Und es ist spannend, denn es stellt den Zusammenhang zwischen den offenen Strukturen einer der weltweit größten und einflussreichsten Nichtregierungsorganisationen und einem sehr geschlossenen totalitären System, wie der DDR, dar. Mihr untersucht den Erfolg der Arbeit von Amnesty International, sowohl das Briefe schreiben als auch die Lobbyarbeit auf internationaler Bühne im KSZE-Prozess oder bei der UNO. Der ehemalige „Amnesty-Fall“ Frieder Weisse hat nach seiner Entlassung aus der Haft Kontakt zu der Gruppe, die ihn unterstützt hatte, aufgenommen, fuhr zu einem Besuch ins holländische Groningen. Das Gespräch war wichtig für ihn, um zu erkennen, was überhaupt mit ihm während der Haft passiert war, welch subtile Foltermethoden angewandt wurden.
Ich bin damals, ich pflege es noch so zu sagen, noch mit dem Radio im Kopf rumgelaufen. Ich hatte Ihnen vorhin davon erzählt, dass ich während meiner gesamten Haftzeit, also vom Sommer 1970 an, dieses Phänomen des Stimmenhörens hatte. Das ist zwar im Laufe der Zeit schwächer geworden, aber ich hatte das damals zurückgeführt auf bestimmte Apparaturen, die in der Haft eingebaut waren, und war dann der felsenfesten Überzeugung, wenn du hier eines Tages mal raustrittst, muss das schlagartig aufhören. Ich bin dann heraus gekommen und habe die Stimmen immer noch gehört. Das war für mich erst mal ein Schock, den ich verarbeiten musste. Und unter diesem Eindruck bin ich auch nach Groningen gefahren. Ich habe dann nach diesem Gespräch in der Gruppe einmal vorsichtig dem Ehepaar Drissens davon berichtet, und sie konnten sich das natürlich auch nicht so richtig erklären. (...) Ich war da noch in einer recht schlimmen Verfassung.
Thomas Franke über Anja Mihr: Amnesty International in der DDR. Der Einsatz der Menschenrechte im Visier der Stasi. Erschienen im Christoph Links Verlag Berlin, 400 Seiten zum Preis von 24 Euro und 90 Cent.
Amnesty International wird salopp als die größte Briefschreibeorganisation der Welt bezeichnet. Denn der Druck, den Amnesty-Gruppen weltweit entfalten, äußert sich häufig zunächst in Protestbriefen, die oft körbeweise in den Vorzimmern der Staatschefs landen. Amnesty International ist in der Lage, seine Unterstützer weltweit in kürzester Zeit zu mobilisieren, um Folter an Einzelnen oder Hinrichtungen zu stoppen. In der DDR wurden insgesamt 2107 Häftlinge von Amnesty-Gruppen „adoptiert“ – das heißt, Gruppen von Ehrenamtlichen verfolgten deren Schicksal und versuchten, auf ihren Schützling aufmerksam zu machen und zu helfen. Außerdem beschäftigten sich einige Gruppen mit der menschenrechtlichen Gesamtsituation in der DDR. Die meisten dieser Gruppen waren in Westeuropa, vor allem in Holland, Frankreich, Schweden und Großbritannien. In der Bundesrepublik haben nie Gruppen zur DDR gearbeitet. Denn es ist erklärte Politik von Amnesty International, nie zu Fällen im eigenen Land tätig zu werden. Die DDR-Fälle waren der Organisation zu dicht an den Gruppen in der Bundesrepublik dran. Die DDR war ein eitler Staat, die politischen Verantwortlichen waren peinlich auf die Außenwirkung des Arbeiter- und Bauernstaates bedacht. Dementsprechend waren der Staatsmacht Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, die im Zweifelsfall kein Blatt vor den Mund nehmen, ein Dorn im Auge. Auch die offenen Strukturen der Menschenrechtsorganisation waren der Staatssicherheit suspekt, sagt die Autorin des Buches „Amnesty International in der DDR“, Anja Mihr.
War Amnesty wirklich, wie manche das gern möchten, Staatsfeind Nummer eins, Feindbild Nummer eins? Also, ich denke, da darf man auch nichts überbewerten. Amnesty war eine Feindorganisation, die auf der Liste der über hundert Feindorganisationen stand, sie wurde überwacht, ihre Mitglieder wurden zum Teil abgeschöpft, man wollte eine gute Informationslage über diese Organisation haben, und wenn es denn wirklich brisant werden sollte, in der Form, dass Amnesty vielleicht verstärkt bei den Vereinten Nationen und bei der KSZE zum Beispiel auftritt, also, das Regime im Ausland zunehmend in Misskredit bringen würde, dann wollte man auch eine Handhabe haben, man wollte wissen, wie diese Organisation arbeitet. Und das hat man dann auch getan in den 80er Jahren.
Seit der Gründung von Amnesty International Anfang der 60er Jahre war klar, dass die Organisation mit Hauptsitz in London es nicht schaffen würde, eine Sektion in der DDR aufzubauen. Noch heute hat Amnesty International in den neuen Bundesländern viel weniger Mitglieder als im Westen. Wer sich aus der DDR heraus an Amnesty wandte, war verdächtig und brachte sich in Gefahr. Ein Problem der Recherchen zu Amnesty International in der DDR ist, dass die meisten Akten der Auslandsabteilung des MfS, der „Hauptverwaltung Aufklärung“, weg sind – so auch die über Amnesty International. Der Teil, in dem sich Anja Mihr konkret mit der HVA beschäftigt, ist deshalb sehr kurz.
Fakt ist, dass es keine ausführlichen oder umfangreichen Akten gibt, HVA-Akten, also Auslandsspionage über Amnesty International. In den Akten der anderen Hauptabteilungen, da gibt es Hinweise darauf, dass es auch im Ausland Spionagetätigkeiten gegenüber Amnesty International gab, zum Beispiel der zuständige Agent in Belgien, der eigentlich auch für Nato-Angelegenheiten zuständig war, hat bei Gelegenheit auch die Aktivitäten von Amnesty-Gruppen dort beobachtet, ebenso in Italien, ebenso in England. Darüber hinaus gab es Anweisungen von Erich Mielke, einen Agenten in die Londoner Zentrale von Amnesty International einzuschleusen, diese Anordnung gibt es schriftlich seit 1976, und aufgrund der Aktenlage kann man sagen, dass es das MfS bis Ende 1989 nicht geschafft hat. (...) Darüber hinaus stellten sich für die Staatssicherheit bis 89 immer wieder dieselben Fragen, es gab Erkenntnislücken über die Organisation, die darauf schließen, dass es ihnen nicht gelungen ist, einen Agenten einzuschleusen, denn wenn sie einen Agenten gehabt hätten, hätten sie diese Fragen beantworten müssen.
Ein konkreter Amnestyfall in der DDR war Frieder Weisse. Der aus Westdeutschland stammende Weisse wurde 1968 in Ungarn festgenommen, als er DDR-Bürgern zur Flucht verhelfen wollte. Weisse saß zunächst in Gefängnissen in Ungarn, wurde dann an die DDR ausgeliefert und dort wegen Spionage verurteilt. Weisses Eltern wandten sich daraufhin an Amnesty International, eine Gruppe in Holland übernahm den Fall. Die DDR versuchte, das zu unterbinden, erinnert sich Weisse.
Auf dem Umweg über Anwalt Vogel ist mehrfach an meine Eltern herangetragen worden, sie mögen doch bitte einmal auf Amnesty einwirken, dass die mal momentan ihre Solidaritätsaktionen zurückfahren oder einschränken, sonst könne sich in meinem Falle nichts bewegen. (...) Also, es ging nur über die Anwälte, also Vogel direkt wohl nicht, aber die westlichen Anwälte. (...) Da ist das an meine Eltern herangetragen worden, also, bitte, sie sollten doch die Aktionen von Amnesty mal stoppen.
Weisse erfuhr erst nach seiner Entlassung, dass er von Amnesty International adoptiert worden war. Spürbare Verbesserungen oder Verschlechterungen habe es dadurch für ihn nicht gegeben, erzählt Weisse. Nicht nur die DDR, auch die involvierten westdeutschen Behörden hatten häufig kein wirkliches Interesse daran, dass sich eine außenstehende Organisation einmischt – eine Organisation, die sich nicht in das komplizierte deutsch-deutsche Geflecht einbinden ließ.
Die DDR hat versucht, auf Amnesty International Druck auszuüben, die Aktionen zu verhindern, indem sie vorgeworfen haben, ihre Aktionen würden nicht direkt die Freikaufverhandlungen, aber die Freilassung verhindern. Das konnte aufgrund der Aktenlage nicht bewiesen werden, es gab exemplarisch einige Versuche, Gefangenen, die von Amnesty adoptiert worden waren, mitzuteilen, dass sie jetzt länger in Haft bleiben würden, angeblich, weil sie von Amnesty adoptiert worden waren. Das heißt aber mit der Absicht, wenn sie denn dann in den Westen freigekauft werden, oder freigelassen werden, sie dann berichten sollten, dass sie von Amnesty adoptiert waren und deshalb länger in Haft bleiben mussten. Das ist allerdings nicht aufgegangen, das waren ein, zwei Beispiele in der ganzen Geschichte, aber mehrheitlich kann man sagen, die Gefangenen sind vorzeitig freigelassen worden, wenn sie von Amnesty adoptiert waren.
Das Buch von Anja Mihr ist gut lesbar, bei nur leicht lektorierten Publikationen ist das nicht immer der Fall. Und es ist spannend, denn es stellt den Zusammenhang zwischen den offenen Strukturen einer der weltweit größten und einflussreichsten Nichtregierungsorganisationen und einem sehr geschlossenen totalitären System, wie der DDR, dar. Mihr untersucht den Erfolg der Arbeit von Amnesty International, sowohl das Briefe schreiben als auch die Lobbyarbeit auf internationaler Bühne im KSZE-Prozess oder bei der UNO. Der ehemalige „Amnesty-Fall“ Frieder Weisse hat nach seiner Entlassung aus der Haft Kontakt zu der Gruppe, die ihn unterstützt hatte, aufgenommen, fuhr zu einem Besuch ins holländische Groningen. Das Gespräch war wichtig für ihn, um zu erkennen, was überhaupt mit ihm während der Haft passiert war, welch subtile Foltermethoden angewandt wurden.
Ich bin damals, ich pflege es noch so zu sagen, noch mit dem Radio im Kopf rumgelaufen. Ich hatte Ihnen vorhin davon erzählt, dass ich während meiner gesamten Haftzeit, also vom Sommer 1970 an, dieses Phänomen des Stimmenhörens hatte. Das ist zwar im Laufe der Zeit schwächer geworden, aber ich hatte das damals zurückgeführt auf bestimmte Apparaturen, die in der Haft eingebaut waren, und war dann der felsenfesten Überzeugung, wenn du hier eines Tages mal raustrittst, muss das schlagartig aufhören. Ich bin dann heraus gekommen und habe die Stimmen immer noch gehört. Das war für mich erst mal ein Schock, den ich verarbeiten musste. Und unter diesem Eindruck bin ich auch nach Groningen gefahren. Ich habe dann nach diesem Gespräch in der Gruppe einmal vorsichtig dem Ehepaar Drissens davon berichtet, und sie konnten sich das natürlich auch nicht so richtig erklären. (...) Ich war da noch in einer recht schlimmen Verfassung.
Thomas Franke über Anja Mihr: Amnesty International in der DDR. Der Einsatz der Menschenrechte im Visier der Stasi. Erschienen im Christoph Links Verlag Berlin, 400 Seiten zum Preis von 24 Euro und 90 Cent.