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Annäherung Kuba - USA
Ein Signal für den Kontinent?

Kuba und die USA haben sich angenähert - vor allem aus jeweils eigenem Interesse. Der kubanisch-US-amerikanische Durchbruch könnte Signalwirkung haben für den restlichen amerikanischen Kontinent, auch wenn aus dem sozialistischen Venezuela noch konfrontative Töne kommen.

Von Victoria Eglau |
    Mehrere kubanische Frauen sitzen vor dem Fernseher, in dem Staatspräsident Raúl Castro bei einer Ansprache zu sehen ist.
    Viele Kubaner verfolgten die Rede ihres Staatspräsidenten im Fernsehen. (afp / Yamil Lage)
    Am Mittwoch tagte in der argentinischen Stadt Paraná gerade das südamerikanische Wirtschaftsbündnis MERCOSUR. Die Staatschefs zeigten sich hocherfreut - Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner:
    "Wir Argentinier, wir Südamerikaner sind sehr glücklich über diesen Durchbruch, den wir nicht für möglich gehalten hatten. Dies ist ein wichtiger Moment, und eine intelligente Entscheidung des US-Präsidenten."
    Die südamerikanischen Präsidenten lobten auch die Vermittlungsrolle des argentinischen Papstes. Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff:
    "Ich gratuliere Papst Franziskus dazu, dass er diese Annäherung unterstützt hat."
    Linkspolitikerin Rousseff betonte, Kuba und die USA hätten jeweils ein eigenes Interesse an der Normalisierung ihrer Beziehungen. Zwei Notwendigkeiten seien zusammengekommen, meint auch der argentinische Politologe Rosendo Fraga: Der geschwächte Präsident Barack Obama müsse dringend einen außenpolitischen Erfolg vorweisen, und Kubas Wirtschaft brauche neue Perspektiven. Der Inselstaat erhält seit Jahren Öl zum Vorzugspreis aus Venezuela, muss aber wegen der schweren venezolanischen Wirtschaftskrise und des Verfalls des Ölpreises nun fürchten, diesen Vorteil zu verlieren.
    Das Castro-Regime musste angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen des Öl-Exporteurs Venezuela nach Lösungen für seine eigene Wirtschaft suchen. Venezuela war durch die Lieferung billigen Öls eine wichtige Stütze für Kuba, doch das könnte sich bald ändern. Das heißt, Kuba brauchte die Annäherung mit den USA.
    Anti-imperialistischer Diskurs Venezuelas
    Eine Annäherung, die Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolás Maduro, einer der engsten Verbündeten von Kubas Staatschef Raúl Castro, in einer ersten Reaktion positiv bewertete:
    "Man muss die Geste von Präsident Obama anerkennen - eine mutige und historisch notwendige Geste."
    Maduro, der wie sein Vorgänger Hugo Chavez eine ausgeprägt anti-US-amerikanische Rhetorik pflegt, ist wegen der Probleme in seinem Land – darunter Hyper-Inflation und Warenknappheit - schwer angeschlagen. Umfragen zufolge sind fast drei Viertel der Venezolaner mit seiner Regierung unzufrieden. Könnte die Tatsache, dass sich das verbündete Kuba auf die USA zubewegt, nun auch Entspannung in die Beziehungen zwischen den USA und Venezuela bringen? Politologe Rosendo Fraga hat Zweifel:
    "Mein Eindruck ist, dass Präsident Maduro seinen Konflikt mit den USA eher vertiefen wird. Der nationalistische, anti-imperialistische Diskurs soll die Venezolaner von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten ablenken."
    Der politische Analyst Luís Enrique Alcalá aus Venezuelas Hauptstadt Caracás sieht das anders, er rechnet auf längere Sicht mit einer pragmatischeren Haltung der Regierung Maduro:
    Maduro hat in diesem Jahr einige Male Erklärungen in die Richtung abgegeben, dass er das Verhältnis Venezuelas zu den USA verbessern will.
    Noch kann von Annäherung allerdings keine Rede sein. Die USA verhängten in dieser Woche Sanktionen gegen einige venezolanische Funktionäre. Die Begründung: Sie hätten Menschenrechte oppositioneller Demonstranten verletzt. Präsident Maduro reagierte mit scharfer Kritik an Obamas – Zitat – Fehltritt.
    FARC reagiert auf Annäherung mit Waffenruhe
    Doch gab es auch noch eine gute Nachricht aus Lateinamerika. Die kolumbianische Linksguerilla FARC verkündete am Mittwoch eine einseitige und unbefristete Waffenruhe. Seit zwei Jahren führt sie mit Kolumbiens Regierung Friedensgespräche in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Beobachter interpretierten das Zugeständnis der FARC als unmittelbare Auswirkung des kubanisch-US-amerikanischen Durchbruchs. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos zeigte sich höchst optimistisch:
    "Die Dialogaufnahme zwischen Kuba und den USA lässt hoffen, dass wir bald Frieden auf dem ganzen amerikanischen Kontinent haben werden – zwischen den Staaten und innerhalb der Nationen."
    Ob und wann das Handelsembargo gegen Kuba aufgehoben wird, liegt jetzt in den Händen des US-Kongresses. Dass eine neue Ära in Amerika angebrochen ist, daran besteht kein Zweifel. Das wird sich auch beim Gipfel amerikanischer Staaten im April in Panama zeigen. Erstmals wird dort Kuba mit am Tisch sitzen.