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Anschlag auf "Charlie Hebdo"
Sieben Festnahmen in Frankreich

Nach dem Anschlag auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" gab es erste Festnahmen. Die sieben Männer und Frauen gehören offenbar zum Umfeld der beiden Hauptverdächtigen. Bei den beiden mutmaßlichen Tätern handelt es sich um zwei Brüder, die noch auf der Flucht sein sollen. Sie sollen in Nordfrankreich gesichtet worden sein. Heute erschoss ein ebenfalls flüchtiger Mann eine Polizistin in Paris.

    Die Polizei ist an den Redaktionsräumen der Zeitschrift "Charlie Hebdo" im Einsatz.
    Die Polizei ist an den Redaktionsräumen der Zeitschrift "Charlie Hebdo" im Einsatz. (imago/Panoramic)
    Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve sagte im Radiosender "Europe 1", sieben Personen seien festgenommen worden. Aus Justizkreisen stammt die Information, dass es sich um Menschen aus dem Umfeld der dringend Tatverdächtigen handelt, die beiden selbst aber noch flüchtig seien. Premierminister Manuel Valls sagte dem Radiosender RTL, dass die Angreifer "ohne Zweifel von Polizei und Justiz verfolgt" würden, dass aber ein Restrisiko für die Bevölkerung bleibe. Valls schrieb auf Twitter: "Die einzige Antwort auf die Barbarei ist der universelle Schrei Frankreichs, der Schrei nach Freiheit."
    Schüsse am Tag nach dem Anschlag
    Heute griff ein Mann im Süden von Paris mit einem Maschinengewehr Polizisten an. Eine Polizistin starb an ihren Verletzungen, ein Mitarbeiter der Stadtreinigung ist noch in Lebensgefahr. Der Hintergrund des Angriffs ist noch unklar. Doch Innenminister Cazeneuve verließ eine Krisensitzung im Elysée-Palast, auf der es um "Charlie Hebdo" ging.
    Attacken auf Moscheen
    In mehreren Gemeinden in Frankreich wurden muslimische Einrichtungen beschossen. Eine Moschee im nordwestfranzösischen Mans sowie ein muslimischer Gebetsraum im südfranzösischen Port-la-Nouvelle seien in der Nacht angegriffen worden, teilten die zuständigen Staatsanwaltschaften mit. Verletzt wurde niemand.
    Unklarheit über festgenommenen 18-Jährigen
    Gestern Abend hatte sich der 18-jährige Mourad H. auf der Polizeistation in der Stadt Charleville-Mézières nahe der belgischen Grenze gestellt und wurde dort festgenommen. Er soll den beiden mutmaßlichen Attentätern bei dem Anschlag in Paris mit zwölf Toten am Mittwochvormittag geholfen haben. Der junge Mann habe aber seine Unschuld beteuert. Er habe den Morgen in der Schule verbracht. Mitschüler haben dem 18-Jährigen offenbar ein Alibi verschafft, so unsere Korrespondentin Ursula Welter.
    Präzises Timing des Anschlags
    Die Täter hatten für ihren Anschlag offenbar bewusst den Mittwochvormittag ausgewählt. Zu dem Zeitpunkt findet immer die Redaktionskonferenz statt. Die Täter schienen gut ausgebildet und gut ausgerüstet, sagte Welter.
    Fahndung nach zwei Tätern läuft
    Die französische Polizei hat die mutmaßlichen Attentäter identifiziert und Fahndungsfotos veröffentlicht. Zwar gab es nach Angaben von Premierminister Valls erste Festnahmen. Die beiden Hauptverdächtigen sind offenbar noch immer auf der Flucht, sie sollen aber nach Berichten französischer Medien in Nordfrankreich nahe dem Ort Villers-Cotterêt gesichtet worden sein. Bei den Verdächtigen handelt sich den Behörden zufolge um zwei 32 und 34 Jahre alte Brüder, um Said und Cherif Kouachi. Die beiden wurden in Paris geboren und besitzen die französische Staatsbürgerschaft. Cherif war 2008 zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, weil er dabei geholfen hatte, Kämpfer in den Irak zu schleusen.
    Am Mittwochvormittag waren insgesamt drei vermummte und bewaffnete Männer in die Redaktion von "Charlie Hebdo" in Paris eingedrungen und hatten dort gezielt zwölf Menschen erschossen. Nach der Tat riefen die Attentäter "Wir haben den Propheten gerächt" und "Wir haben Charlie Hebdo getötet." Unter den Todesopfern war der Chefredakteur Stéphane Charbonnier. Weitere elf Menschen wurden verletzt, vier von ihnen schweben noch in Lebensgefahr.
    Seit Jahren bedroht
    Die Satirezeitschrift hatte 2011 mit Karikaturen des Propheten Mohammed für Schlagzeilen gesorgt und war daraufhin mit Brandbomben attackiert worden. 2013 hatte "Charlie Hebdo" eine Comic-Biografie von Mohammed herausgebracht, die für Empörung sorgte. Am Mittwoch erschien die neue Ausgabe der Satirezeitschrift mit dem Autor Michel Houellebecq auf dem Cover, dessen neues Buch von einem Frankreich der Zukunft handelt, das von Islamisten regiert wird.
    Am späteren Mittwoch versammelten sich versammelten sich in vielen europäischen Städten Tausende Menschen zu Solidaritätskundgebungen zum Motto "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie), darunter 5.000 vor der französischen Botschaft in Berlin. Weltweit drückten Karikaturisten ihre Trauer um ihre toten Kollegen mit Zeichnungen aus. Führende Politiker verurteilten die Bluttat als Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit.
    Menschen trauern in Paris nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo".
    Menschen trauern in Paris nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo". (imago/Xinhua)
    Hollande appelliert an nationale Einheit
    Präsident François Hollande ließ nach dem Anschlag die höchste Terrorwarnstufe ausrufen. In Geschäften, Redaktionen, kirchlichen Gebäuden und im Transportwesen wurden nach dem Anschlag die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Hollande ordnete für heute einen Staatstrauertag an. Drei Tage lang sollen die Flaggen auf Halbmast hängen, kündigte er in einer Rede an die Nation an. In einer Fernsehansprache appellierte er an die Gesellschaft, sich nicht spalten zu lassen. Für morgen hat Hollande Vertreter aller Parteien zum Zeichen der Einheit eingeladen, inklusive den rechtspopulistischen Front National.
    (vic/jcs)