Die Attentäter sind beide Anfang 20, Cousins, Palästinenser aus dem Ostjerusalemer Stadtviertel Jabal Mucaber. Ein Messer, ein Beil und ein Revolver, das sind die Waffen, mit denen die beiden jungen Männer kurz nach sieben Uhr heute Morgen ein Blutbad angerichtet haben in der Synagoge von Har Nof, einem streng-religiösen jüdischen Stadtviertel im Westen Jerusalems. Das Fernsehen zeigt Blutlachen auf dem Boden. Die Attentäter sind tot, erschossen in einem Feuergefecht mit der Polizei. Ministerpräsident Netanjahu sagt, Israel werde hart durchgreifen. Nach dem Motiv der Attentäter fragt niemand, Wirtschaftsminister Bennett interessiert nur die Verantwortung, und die sieht er beim palästinensischen Präsidenten Abbas, den er einen Terroristen nennt.
"Während wir mit der Illusion der Nahost-Diplomatie beschäftigt waren, haben uns die Palästinenser mit Hetze und Terror überzogen. Betonbarrieren allein halten den Terror nicht auf - im Gegenteil. Abbas hat Israel den Krieg erklärt und wir müssen entsprechend darauf reagieren."
"Habt eure Pistolen überall dabei"
Von Krieg spricht auch Arie Amit, der ehemalige Polizeichef Jerusalems, im israelischen Radio:
"Jeder Bürger, der eine Waffe besitzt, soll sie in den Gürtel stecken und den Waffenschein in den Geldbeutel. Das muss man jetzt tun, ohne Angst vor Gerichten oder sonst was. Wir sind im Krieg, also verhalten wir uns wie im Krieg. Habt eure Pistolen überall dabei und helft der Polizei!"
Fast jeden Tag erlebt Jerusalem inzwischen Anschläge, Messerattacken, Polizeigewalt. In der Nacht zuvor war ein palästinensischer Busfahrer erhängt in seinem Fahrzeug aufgefunden worden. Die Gerichtsmedizin stellte Selbstmord fest, die Familie des Palästinensers ist dennoch von einem Lynchmord radikaler Juden überzeugt. Die Hamas-Organisation erklärt, die Attacke auf die Synagoge sei ein Racheakt und ruft zu weiteren Terror-Attacken auf.
Am Vormittag wird der Tatort in der Synagoge noch untersucht, da sind Polizei und Inlandsgeheimdienst schon in den Häusern der Attentäter, nehmen die Eltern fest. Es kommt zu ersten Ausschreitungen in Jabal Mucaber und anderen Stadtvierteln im arabischen Ostteil Jerusalems. Der amtierende Polizeichef Johanan Danino macht deutlich, wie groß die Befürchtung ist, die Gewalt könnte nicht mehr zu stoppen sein:
"Ich verstehe den Zorn, ich verstehe den Frust, ich verstehe den Schmerz - aber ich verlange klipp und klar: Lasst uns unsere Arbeit machen. Wagt es nicht, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Wir werden alles Notwendige gegen diejenigen unternehmen, die irgendwelche Anschläge planen. Wir müssen uns jetzt alle beruhigen."
Abbas verurteilte Attacke
Ein solcher Appell hat auch den palästinensischen Präsidenten Abbas erreicht, die Amerikaner haben ihn gedrängt, die Attacke zu verurteilen. Abbas tut das, Gewalt gegen Zivilisten sei falsch sagt er, in jedem Fall. Im Fernsehsender Al-Dschasira erklärt der palästinensische Politik-Wissenschaftler Moheinar Abu-Sada aus Gaza, es gebe durchaus Bemühungen, die Lage zu entspannen.
"Aber mir scheint, solange Israel seine Aggression gegen die Palästinenser fortsetzt - Angriffe auf die Al-Aksa-Moschee, solange Häuser zerstört und Siedlungen gebaut werden, solange wird sich die Situation nicht beruhigen."
Erst gestern hatte die israelische Regierung angekündigt, sie werde zur Praxis der Hauszerstörungen zurückkehren: Die Wohnhäuser von verurteilten oder getöteten Attentätern sollen eingerissen oder zugemauert werden. Entspannung ist in diesem Klima schwer möglich.