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Anschlag in Istanbul
Acht Festnahmen - Attentäter offenbar weiter flüchtig

Die Terrormiliz IS hat den Anschlag auf einen Nachtclub in Istanbul für sich reklamiert. Laut Medienberichten wurden acht Verdächtige festgenommen - der Attentäter selbst ist offenbar nicht darunter und befindet sich weiter auf der Flucht. Unter den Todesopfern sind auch zwei Männer aus Bayern.

    Ein Mitglied einer türkischen Spezialeinheit steht in der Nähe des Nachtclubs Reina Wache, einen Tag nach dem Anschlag mit mindestens 39 Todesopfern.
    Ein Mitglied einer türkischen Spezialeinheit steht in der Nähe des Nachtclubs Reina Wache, einen Tag nach dem Anschlag mit mindestens 39 Todesopfern. (AFP - Ozan Kose)
    Die türkische Polizei hat acht Verdächtige festgenommen. Sie stünden im Zusammenhang mit dem Angriff in der Silvesternacht, berichtet die türkische Nachrichtenagentur Doğan. Details nannte sie nicht. Die Polizei setzt laut Doğan die Fahndung fort, der Attentäter sei offenbar weiter auf der Flucht.
    Der IS hatte die Tat heute früh für sich reklamiert. In einer Erklärung der Terrororganisation im Internet heißt es, ein "Soldat des Kalifats" sei für das Attentat verantwortlich. Der IS erklärte, sein Chef Abu Bakr al-Bagdadi habe den Anschlag angeordnet. Die Türkei sei eine "Dienerin des Kreuzes". In dem Club hätten Christen gefeiert.
    Nach türkischen Medienberichten deuten auch die bisherigen Ermittlungen der Polizei in Richtung der Terrororganisation. Nach Medienberichten vermuteten die Behörden bereits, dass der flüchtige Attentäter aus Kirgistan oder Usbekistan stammen könnte und mit dem IS zu tun habe. Quellen für die Informationen wurden nicht genannt.
    Kurtulmus: Fingerabdrücke und Beschreibung des Täters liegen vor
    Der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus sagte, Fingerabdrücke und eine Beschreibung des Täters lägen vor und man sei kurz davor, ihn zu identifizieren.
    Die Zeitungen "Hürriyet" und "Karar" melden zudem, die Ermittler sähen Parallelen zum Anschlag auf den Istanbuler Flughafen im vergangenen Sommer. Im Juni hatten mehrere Selbstmordattentäter mit Sturmgewehren das Feuer auf Reisende eröffnet, 45 Menschen wurden getötet. Damals wurden IS-Verdächtige festgenommen, die aus Kirgistan kamen.
    Zwei Todesopfer aus Bayern
    Bei dem Angriff auf die Silvesterfeier in dem bekannten Istanbuler Club Reina waren 39 Menschen getötet worden, darunter mindestens 26 Ausländer. Außerdem gab es knapp 70 Verletzte. "Wir gehen davon aus, dass zwei Todesoper ihren Wohnsitz in Deutschland hatten", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Einer der Männer habe sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit, der andere offenbar nur die türkische. Beide wohnten demnach in Bayern. Bei dem Anschlag wurden den Angaben des Sprechers zufolge außerdem drei Deutsche verletzt, von ihnen schwebt keiner in Lebensgefahr. (In früheren Fassungen gab es noch unterschiedliche Angaben von Polizei und Stadt Landsberg zu den deutschen Opfern, wir beziehen uns nun auf die Angaben des Auswärtigen Amtes.)
    Der Attentäter war kurz nach Anbruch des neuen Jahres in den Club eingedrungen und hatte mit einem Schnellfeuergewehr auf die 700 bis 800 Besucher geschossen.
    Täter offenbar mit Taxi geflohen
    Die Zeitung "Hürriyet Daily News" berichtete unter Berufung auf die Ermittlungen, der Angreifer habe mehr als 180 Kugeln aus sechs Magazinen abgefeuert. Augenzeugen hätten angegeben, er habe auf dem Boden liegenden Menschen gezielt in den Kopf geschossen. Der Mann habe nach der Tat inmitten der Panik den Club verlassen und sei mit einem Taxi vom Tatort weggefahren.
    Weil der Club von vielen Ausländern besucht wird, war schon kurz nach der Tat ein islamistischer Hintergrund vermutet worden. Nach dem türkischen Einmarsch in Syrien hatte der Anführer der Terrormiliz IS im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen.
    Als Reaktion auf das Attentat hat die türkische Luftwaffe damit begonnen, IS-Ziele in Nordsyrien zu bombardieren. Auch russische Kampfflugzeuge hätten in eigenständigen Aktionen Stellungen der Terrormiliz angegriffen, hieß es von der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu.
    Ausnahmezustand könnte verlängert werden
    Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus hält eine Verlängerung des Ausnahmezustands über Mitte Januar hinaus für möglich. "Der Ausnahmezustand wird so lange dauern wie nötig", sagte er in Ankara. Nach dem Putschversuch vom 15. Juli war der Ausnahmezustand verhängt und im Oktober bereits einmal um 90 Tage verlängert worden. Nach derzeitigem Stand läuft er in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 2017 aus.
    (rm/vic/jasi/tj)