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Anspiel - Der Jahresrückblick
Top und Flops der Klassik-CDs

Eleonore Büning, Bjørn Woll und Susann El Kassar präsentieren die besten Klassik-CDs des Jahres 2017. Die Auswahl ist subjektiv und führt in manchen Fällen zu einer hitzigen Diskussion. Hier eine Liste der besprochenen CDs.

Am Mikrofon: Susann El Kassar |
    Die Sendung finden Sie nach Ausstrahlung 30 Tage in unserer Mediathek.
    Die zwei Diskutanten und die Moderatorin haben für die Sendung jeweils drei CDs ausgesucht: Einen Höhepunkt, eine Enttäuschung und eine Entdeckung. Hier finden Sie nähere Informationen zu den CDs und kurze Begründungen aus der Sendung. Die gewählten Aufnahmen waren teils umstritten, beispielweise die CD des Ensemble Resonanz, die Aufnahme von Teodor Currentzis oder auch das "Lied von der Erde" von Jonas Kaufmann.
    Die besten CDs des Jahres:
    Eleonore Büning, Vorstandsvorsitzende des Preises der deutschen Schallplattenkritik: "Heute ist es so, dass diese vielen Mahler-Fünfte-Aufnahmen, die wir kennen, dass sie überpointieren, übertreiben. Alles, was bei Mahler an Brüchen angelegt ist, wird herausgearbeitet und dem Publikum vor die Ohren gestellt, damit auch der Dümmste es noch kapiert. François Xavier Roth tut das nicht. Er geht im Klangbild zurück auf 1904, spielt es einfach klar, durchsichtig, ohne uns belehren zu wollen. Das ist eine neue Stufe in der Mahler-Erkenntnis!"
    Gustav Mahler
    Sinfonie Nr. 5
    Gürzenichorchester Köln
    François Xavier Roth, Leitung
    harmonia mundi (erschienen Nov. 2017)
    Susann El Kassar: "Ich bin selten so elektrifiziert worden von Tschaikowsky. Was Teodor Currentzis macht ist: Pathos zu dosieren und gleichzeitig dieser Musik einen existenziellen Sinn zu geben, den ich vorher so noch nicht gehört habe."
    Peter Tschaikowsky
    Sinfonie Nr. 6 Patéthique
    MusicAeterna
    Teodor Currentzis, Leitung
    Sony Classical (erschienen Okt. 2017)
    Der Tenor Michael Spyres
    Der Tenor Michael Spyres (Russell Duncan)
    Bjørn Woll, Redakteur der Fachzeitschrift "Oper! Das Magazin": "Ich finde an diesem Album einfach alles höchst gelungen! Das ist ein spannendes Repertoire - wir sind hier in der französischen Operngeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, alle Arien sind einem einzigen Sänger gewidmet: Gilbert Duprez, der die Ästhetik des Tenorgesangs völlig verändert hat - und wir erleben einen Sänger, der sich in diesem Repertoire mit einer unglaublich traumwandlerischen Sicherheit bewegt."
    Espoir
    Opernarien von Halévy, Auber, Verdi, Donzietti
    Michael Spyres, Tenor
    The Hallé
    Carlo Rizzi, Leitung
    Opera Rara (erschienen Sept. 2017)
    Die größten Enttäuschungen des Jahres:
    Susann El Kassar: "Anne Sophie Mutter dominiert diese Aufnahme zu sehr und beweist nicht besonders viel Geschmack in ihrem Spiel: zu breites Vibrato, geschleifte Lagenwechsel, ..."
    Trout Quintet
    Kammermusik von Franz Schubert
    Anne Sophie Mutter, Violine
    Daniil Trifonov, Klavier
    Maximilian Hornung, Violoncello
    et al.
    Deutsche Grammophon (erschienen Nov, 2017)
    Bjørn Woll: "Die Lieder für Tenor sind Jonas Kaufmann sehr gut gelungen, auch wenn er an seine Grenzen kommt, weil Mahler Unverschämtes geschrieben hat für den Sägner. Bei den Liedern für tiefe Stimme kann ich da nicht so mitgehen. Dieser bewusste Wechsel in der Stimmfarbe, in der Atmopshäre geht verloren, wenn das nur ein Sänger macht. Und was mich besonders stört: Am Ende des "Abschieds" klingt diese Stimme nicht mehr, sie wird matt, dumpf. Mich berührt das nicht, dabei ist das ein Musikstück, das mich am meisten berührt, wenn es gut gemacht ist. Ich bleibe hier kalt."
    Gustav Mahler
    Lied von der Erde
    Jonas Kaufmann, Tenor
    Wiener Philharmoniker
    Jonathan Nott, Leitung
    Sony Classical (erschienen April 2017)
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Nur das Cover rief bei Eleonore Büning keine Kritik hervor. Die Aufnahme dafür umso mehr. (resonanzraum UG)
    Eleonore Büning: "Das ist eine Aufnahme, die muss ich sofort ausschalten. Ich finde, das ist ein komplett behindertes Klangbild: Die Pauke fehlt am Anfang, die E-Gitarre quengelt da rum, die Sänger, wenn der Chor dann kommt, die können alle nicht singen, das sind nämlich die Instrumentalisten; das ist herausgestelltes Laientum. Das ist keine Bearbeitung, das ist eine Veralberung."
    Weihnachtsoratorium
    Ensemble Resonanz
    Resonanzraum records (erschienen Okt. 2017)
    Die Entdeckungen des Jahres:
    Bjørn Woll: "Gesangstechnisch zieht es einem die Schuhe aus. Ich finde es überwältigend, mit welcher Agilität Diana Damrau hier agiert, das ist ein ganz plastisches, fast gestisches Singen trotz dieser horrenden Höchstschwierigkeiten, die da aneinandergerreiht sind. Sie ist die erste Sängerin, die ein reines Meyerbeer Programm gemacht hat. - Ich bin großer Opernfan: Die Hälfte der Werke habe ich noch nie vorher gehört."
    Grand Opera
    Arien von Giaccomo Meyerbeer
    Diana Damrau, Sopran
    Orchestre et Choeur de l'Opera National de Lyon
    Erato (erschienen Mai 2017)
    Eleonore Büning: "Yaara Tal kombiniert die Polonaisen von Franz Xaver Mozart, diese romantischen Charakterstücke, mit Polonaisen des jungen Chopin. Und da klappen einem plötzlich die Augen auf, dass der junge Chopin auf den Schultern von Mozarts Sohn gestanden hat. Es ist nicht bewiesen, aber er muss das gekannt haben."
    Polonaise
    Polonaisen von Franz Xaver Mozart und Frédéric Chopin
    Yaara Tal
    Sony classical (erschienen Aug. 2017)
    Susann El Kassar: "Das Violinkonzert von Ferruccio Busoni gehört nicht zu den Standardkonzerten des Violinrepertoires. Dabei steht es auch in der Tonart D-Dur wie auch die Konzerte von Tschaikowsky und Korngold, Busoni setzt außerdem bewusst Referenzen zu Beethoven und das macht es - vielleicht auch, weil es etwas ekletisch rüberkommt, zu einem aufregenden Werk."
    Ferruccio Busoni (Lugano Festival 2016)
    Violinkonzert
    Renaud Capuçon, Violine
    Orchestra della Svizzera Italiana
    Alexander Vedernikov, Leitung
    Warner Classics (erschienen Sept. 2017)