In den vergangenen vier Wochen haben sich mehr als 85 Prozent innerhalb Deutschlands angesteckt, aus dem Ausland kamen also nur gut 14 Prozent. Fast die Hälfte der Ansteckungen ist im Westbalkan passiert, davor allem im Kosovo und in Serbien. Die Türkei liegt deutlich dahinter. Von den Philippinen, Spanien und aus Iran kamen auch ein paar Fälle.
In vielen Ländern steigen die Zahlen. Entscheidend ist nicht so sehr, ob man im Urlaub war oder wie man sich dort verhält. Was die Menschen in Deutschland machen, zählt genauso. In Deutschland sind die Zahlen so hoch wie seit Ende Mai nicht mehr. Die Ausnahme war der Ausbruch bei Tönnies, der blieb aber isoliert.
Jetzt hat sich der Charakter der Epidemie verändert. Es gibt viele kleine Herde: Familienfeiern, Hochzeitsfeste, Altenheime, Gemeinschaftseinrichtungen. Diese diffuse Ausbreitung macht es den Gesundheitsämtern schwer, die Infektionsketten nachzuverfolgen. Es ist viel einfacher, wenn alle Infizierte in derselben Fabrik arbeiten. Es gibt immer weniger Landkreise, die in der letzten Juli-Woche frei von Infektionen geblieben sind. Die Reproduktionszahl liegt seit zwei Wochen beständig über 1. Und das heißt: SARS-CoV-2 breitet sich weiter aus.
RKI-Präsident Lothar Wieler empfiehlt, auch im Ausland die Hygieneregeln einzuhalten. Doch das fällt im Urlaub schwerer. Daher sind diese Tests sinnvoll, doch man darf sich keine absolute Sicherheit erwarten. Die Tests entdecken nicht jede Infektion, vor allem dann nicht, wenn die Ansteckung erst ein bis zwei Tage zurückliegt. Besser wäre, wenn sich Rückkehrer aus Risikogebieten zwei Wochen in Quarantäne begeben müssten, doch das wird nicht nachverfolgt.
Die Mehrzahl der Reisenden kommt auch nicht aus Risikogebieten, sondern aus Frankreich, dem Süden Spaniens oder aus Skandinavien zurück. Natürlich kann es auch da Ansteckungen geben. Das Angebot, dass sich Reisende kostenlos testen lassen können, sollten viele wahrnehmen, wenn es geht.
Ob das eine zweite Welle ist, ist eine Frage der Definition. Ja, es gibt den Anstieg, nachdem das Virus eigentlich schon ziemlich weit zurückgedrängt war. Das beobachten wir in Israel, im Iran, im australischen Bundesstaat Victoria, in manchen Regionen in Spanien, Frankreich und eben auch bei uns. In Deutschland ist es keine zweite Welle in dem Sinne, dass die Krankenhäuser überfordert wären. Es gibt mehr Intensivbetten, die Krankenhäuser sind gut vernetzt. Der Marburger Bund spricht von einer "zweiten flachen Anstiegswelle". Entscheidend ist, dass die nicht weiter anwächst.
Umso wichtiger ist, dass wir alle dran denken, die Hygieneregeln einzuhalten: Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen, lüften. Das hilft und wird noch viele Monate notwendig sein, sagt auch Lothar Wieler vom RKI.