Archiv

Antarktis
Pinguin-Kot wirkt als Dünger

Kot von Pinguinen fördert die Biodiversität in der Antarktis: Der Wind trägt den darin enthaltenen Stickstoff kilometerweit fort und wirkt anderenorts als nährstoffreicher Dünger für Pflanzen und Insekten. Je größer die Pinguin-Kolonie, desto größer ist auch dieser Effekt.

Von Lucian Haas |
Adelie-Pinguine springen vom Ross Felsen in der Antarktis aus ins Meer. Der Felsen ist in der rechten Bildhälfte zu sehen. Die Eisplatte ist von Guano braun gefärbt. Ein Pinguin ist gerade in der Luft.
Förderlicher Austausch: Pinguine bringen Nährstoffe aus dem Meer in Form von Kot an Land (picture alliance / Zuma Press)
Entlang der Küste der Antarktis, vor allem auf der antarktischen Halbinsel, gibt es große Kolonien von Pinguinen. Tausende Tiere stehen dort dicht gedrängt zusammen und brüten. Jegliche Vegetation im Bereich der Kolonien wird von ihnen niedergetrampelt. Im weiteren Umfeld aber profitieren Pflanzen wie Moose und Flechten und auch die darauf lebenden kleine Insekten offenbar von der Anwesenheit der Pinguine. Der Polarökologe Stef Bokhorst von der Universität Amsterdam hat da eine überraschende Verbindung entdeckt.
"Jedes Mal wenn ein Pinguin seinen Kot hinterlässt, verdunstet ein Teil davon. Darin enthaltener Stickstoff wird in Form von Ammoniakgas mit dem Wind fortgetragen. Der Stickstoff gelangt dann anderswo wieder zu Boden. Je größer eine Pinguin-Kolonie ist, desto mehr Stickstoff gelangt in die Luft und umso weiter kann er verteilt werden."
Einige Jahre schon ging Stef Bokhorst der Frage nach, welche Faktoren die Vielfalt der Vegetation und Kleinstlebewesen wie Springschwänze und Milben an unterschiedlichen Standorten in der Antarktis begrenzen oder auch fördern. Anfangs tippte er auf Temperatur und Wasserverfügbarkeit als entscheidende Einflussgrößen. Doch in Versuchen fand er keinen klaren Zusammenhang dafür. Als alternative Erklärung blieb noch das Nährstoffangebot, vor allem von Stickstoff:
Kot von Pinguinen als Nährstoffquelle
"Wir schauten deshalb, wo wir große Nährstoffquellen finden. Und da sprang uns der Kot der Pinguine regelrecht ins Auge. Wir haben das dann weiter untersucht und tatsächlich rund um die Pinguin-Kolonien eine größere Zahl und Vielfalt von Pflanzen und Insekten gefunden als anderswo. Wir fragten uns: Wie weit reicht dieser Effekt wohl? Also haben wir das an drei unterschiedlichen Standorten auf der antarktischen Halbinsel erkundet. Dabei fanden wir heraus: Je größer die Pinguin-Kolonien, desto größer auch ihr ökologischer Einfluss."
Messungen ergaben: Der Dünge-Effekt der Vogel-Kolonien an der Küste kann kilometerweit landeinwärts reichen. Er wird so selbst in Regionen wirksam, wo die Pinguine selbst nie einen Fuß hinsetzen.
Stickstoff aus dem Meer kommt ans Land
Das gleiche gilt auch rund um Kolonien von See-Elefanten. Isotopen-Analysen zeigten: Der Stickstoff, der in den Proteinen der landlebenden Insekten der Antarktis rund um die Kolonien enthalten ist, stammt ursprünglich aus dem Meer. Die Pinguine und See-Elefanten, die beide ja im Meer jagen, bringen ihn mit ihrem Kot an Land. Für einen Ökologen wie Stef Bokhorst sind solche Zusammenhänge nicht nur interessant, sondern auch hilfreich. Sie erleichtern ihm die Arbeit. Denn wenn es darum geht, Regionen mit erhöhter Biodiversität in der Antarktis zu kartieren, braucht er nun nur noch nach großen Kolonien von Pinguinen und See-Elefanten Ausschau zu halten. Und die lassen sich sogar per Fernerkundung auf Satellitenaufnahmen erkennen:
"Wenn wir wissen, wo die Pinguin-Kolonien sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dort auch terrestrische Biodiversitäts-Hotspots zu finden. Ich denke, das können wir auf den gesamten Küstenbereich der Antarktis übertragen. Aber es hängt wirklich immer davon ab, wie viele Tiere dort dann sind."