
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland hat sich auf auf hohem Niveau stabilisiert. Am Donnerstag (03.12.2020) meldete das Robert Koch-Institut (RKI) 22.046 Neuansteckungen binnen 24 Stunden und damit nur rund 200 weniger als am gleichen Tag der Vorwoche. In Anbetracht des weiter hohen Infektionsgeschehens beschlossen Bund und Länder eine Verlängerung des seit Anfang November geltenden Teil-Lockdowns - zunächst bis 10. Januar. Außnahme von den strengen Regeln gelten nur vom 23. Dezember bis 1. Januar.
Das hat Folgen unter anderem für Restaurants, Gaststätten und Hotels, die weiter geschlossen bleiben müssen, beziehungsweise im Fall von Hotels nur Geschäftsreisende unterbringen dürfen. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des bayerischen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga) kann dies für die Weihnachtsfeiertage nicht nachvollziehen. Da die Politik an den Weihnachtstagen ausdrücklich Verwandtenbesuche erlaube, müssten zur Bekämpfung der Pandemie dann auch Hotelübernachtungen von Verwandten gestattet werden, sagte Geppert im Deutschlandfunk. Gerade in Großstädten, in denen viele Menschen sehr beengt wohnten, sei dies sinnvoll.
Friedbert Meurer: Hatten Sie insgeheim ein wenig gehofft, im Januar könnten Sie wieder loslegen?
Thomas Geppert: Ja, gehofft auf jeden Fall. Wir sehen uns ja weiterhin als Teil der Lösung und nicht Teil des Problems, denn bei uns funktionieren Hygienekonzepte und sicher ist es in unseren Betrieben allemal.
Meurer: Sie finden es immer noch unfair?
Geppert: Ja, unfair. – Das war eine politische Entscheidung, die Betriebe zu schließen, damit sich die Menschen möglichst wenig bewegen. Es war aber keine Entscheidung, dass Hygienekonzepte nicht funktionieren oder es unsicher sei. Von daher haben wir jetzt zumindest eine gewisse Planungssicherheit, aber wir brauchen natürlich eine Perspektive und vor allen Dingen auch intelligente Konzepte in der Zukunft.
Meurer: Was meinen Sie mit Perspektive? Eine Aussage, wann der Lockdown vorbei ist? Oder was meinen Sie damit?
Geppert: Ja, ich glaube, man muss ein Stück weit lernen, mit Corona auch zu leben. Es ist ein stabiles Niveau und wir sollten schon schauen, dass man differenziert, die Bereiche stärkt, die organisiert sind, die funktionierende Hygienekonzepte haben, und eher die Bereiche schwächt, wo das nicht stattfindet. Deshalb haben wir auch wenig Verständnis, dass jetzt im Bereich der Verwandtschaftsbesuche hier zumindest Bayern auch nicht den Weg sucht, dass das ermöglicht werden soll.
"Es hat ja touristisch so gut wie nichts offen"
Meurer: Den Bereich Hotels und Gaststätten halten Sie eindeutig für sicherer als den privaten Bereich? Dann ist es diese politische Entscheidung zu sagen, wir wollen an Weihnachten, dass die Familien zusammenkommen, das ist uns wichtiger als Hotels und Gaststätten. Nachvollziehbar?
Geppert: Na ja. Die Politik hat entschieden, dass eine gewisse Gruppe, die Verwandten, nun an Weihnachten etwas mehr Bewegung machen dürfen, etwas mehr erlaubt wird, als es sonst ist. Das mag man jetzt gutheißen oder schlechtheißen, aber wenn wir unsere Betriebe schließen mussten, nicht weil wir unsicher sind, sondern dass die Menschen möglichst wenig sich bewegen, dann wäre es doch jetzt nur folgerichtig, dass man diese Verwandtschaft, die sich ja jetzt aufgrund der politischen Entscheidung bewegt, in den sicheren Hotels, zumindest in den Bereichen, die überhaupt offen sind, auch beherbergen kann.
Meurer: Das genau geschieht in Bayern nicht, Herr Geppert. Das ist dann die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung zu sagen, solche Übernachtungen darf es in Bayern nicht geben. Andere Bundesländer wollen das ja anders regeln. Was würden Sie Markus Söder sagen, wenn Sie die Möglichkeit hätten? Oder vielleicht haben Sie auch die Möglichkeit und könnten mit ihm darüber reden.
Geppert: Wir würden sagen, dass damit keine Anreize geschaffen werden. Es wird ja gesagt, dass Verwandtschaftsbesuche touristische Übernachtungen seien, aber das ist ja nicht der Fall. Es ist ja eher ein glaubhaft notwendiger Grund, so wie es in der Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung auch erlaubt wäre, denn es hat ja touristisch so gut wie nichts offen. Das heißt, man hat ja überhaupt keinen Anreiz, irgendwo hinzufahren, wo jetzt etwa nicht die Verwandtschaft wäre.
Und man muss weiterhin auch denken, dass gerade in größeren Städten die Wohnungen ja doch relativ klein sind. Das heißt, diejenigen, die jetzt Besuch haben durch ihre Verwandtschaft und Ähnliches, die haben teilweise überhaupt nicht die Möglichkeiten, mit Gästezimmern und Ähnlichem die zu beherbergen, und da wäre es ja infektiologisch auch sinnvoll, wenn man denen zumindest für die Zeit eine Hotelübernachtung ermöglichen könnte.
"Corona hat keine Weihnachtsferien"
Meurer: Was sagen Sie, Herr Geppert, zu dem Argument, wenn man das erlaubt, das kann ja kein Mensch genau nachkontrollieren, wenn jemand sagt, ich übernachte jetzt im Hotel, weil ich meine Tante besuche, meine Eltern besuche, oder er gibt das nur vor und es ist doch eine touristische Reise?
Geppert: Wissen Sie, gegen kriminelles Verhalten oder Fehlverhalten, das kann man immer so oder so sehen. Aber wenn man wirklich keinerlei Vertrauen und nur Misstrauen hat, auch in die Bevölkerung, wo wir doch nur gemeinsam die Pandemie bekämpfen können und durchstehen können, dann hätte man aber auch nicht die Regeln jetzt über Weihnachten lockern dürfen, sondern dann hätte man jetzt auch sagen müssen, nein, wir bleiben bei den Regeln, damit wir vielleicht im Januar dann die Zahlen da haben, wo wir sie hinhaben wollen. Denn aus meiner Sicht hat Corona keine Weihnachtsferien.
Meurer: Dass Dienstreisen erlaubt sind, beziehungsweise Übernachtungen in Hotels in einer Dienstreise, ist nur ein schwacher Trost?
Geppert: Das wäre ja der Ansatz, dass man die Verwandtschaftsbesuche gleichsetzt mit Geschäftsreisenden. Sie werden keinen Hotelier finden, der für drei Tage allein wegen den Verwandten seinen Betrieb hochfährt. Unsere Betriebe sind ja keine Büros, wo man reingeht, das Licht anschaltet, die Computer hochfährt. Das ist ein Vorlauf, das ist hoch professionell.

Man muss da viel managen, Waren einkaufen, auch Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen. Von daher wäre es die Erweiterung für die Betriebe, die jetzt schon Geschäftsreisende beherbergen, und eine Möglichkeit, den Verwandten in dieser kurzen Zeit mitzuhelfen. Und wie gesagt: Gerade in den Städten, wo die Lage äußerst prekär ist, wäre es eine Möglichkeit, die durchaus wichtig für die Betriebe wäre.
Meurer: Es hat in den letzten Tagen, Herr Geppert, ein Gutachten gegeben, wie Sie wissen, vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Die sagen, 75 Prozent vom letzten Umsatz, das ist viel zu großzügig. Die Unternehmen, auch die Restaurants, Kneipen und so weiter, die verdienen noch bei dieser Sache, ohne arbeiten zu müssen. Wie sehr haben Sie sich geärgert?
Geppert: Also wirklich! Da kann man sich wirklich nur ärgern. Denn es stimmt ja hinten und vorne nicht. Das Gastgewerbe führt hier ein Sonderopfer, um die andere Wirtschaft, auch Schulen geöffnet zu halten. Aktuell ist gerade mal die Beantragung möglich. Es sollen jetzt Abschlagszahlungen ausbezahlt werden. Aber die eigentlichen Gelder werden frühestens im Januar fließen.
Meurer: Das ist ein separates Problem. Aber 75 Prozent klingt schon sehr großzügig.
Geppert: Das klingt auf jeden Fall großzügig. Das ist eine entsprechende Entschädigung für Betriebsverbote. Aber auch das Institut hat gesagt, das war auch keine Studie, sondern man muss natürlich berücksichtigen, dass Personalkosten entsprechend abgezogen werden, dass es da vereinzelt auch Schwierigkeiten gibt. Ich kann nur sagen, wir hätten lieber den Betrieb weiterlaufen lassen. Aber wenn wir schon zwangshaft schließen müssen, dann muss hier auch eine Art von Entschädigung kommen. Aber jetzt schon zu sagen, dass sich der Betrieb eine goldene Nase verdient, wo er noch keinen Cent bekommen hat von dieser Entschädigung und jetzt wirklich mit der Insolvenz ringt, bis dann die Gelder wirklich fließen, das finde ich schon sehr zweifelhaft, solche Aussagen.
"Schankwirtschaften besonders gebeutelt"
Meurer: Was sagen Sie zu der Lösung, dass man nicht 75 Prozent vom Umsatz letztes Jahr sagt, sondern jeder muss seine Fixkosten nachweisen und dann noch ein Plus dazu?
Geppert: Na ja. Im Prinzip muss das die Politik entscheiden. Die ersten Überbrückungshilfen, die so waren, hatten ja Riesenprobleme, und zwar waren vor allen Dingen sogenannte verbundene Unternehmen gar nicht antragsberechtigt. Das heißt, wenn Sie jetzt eine Hotelkette haben, dann konnten Sie nur für einen Betrieb hier diese Hilfen bekommen. Das hat die Lage äußerst erschwert und von daher: Es bleibt schwierig und ich hoffe einfach, dass wir zeitnah auch wieder öffnen dürfen, unser Geld selbst verdienen können. Dafür wäre dann auch der reduzierte Umsatzsteuersatz ganz, ganz wichtig, auch mit der Erweiterung auf Getränke, weil dann können die Betriebe auch aus eigener Kraft wieder rauskommen. So jetzt aber schließen zu dürfen und keinerlei Entschädigung geben, das kann es nicht sein. Da wird die Insolvenz der logische Schluss sein.
Meurer: Die drei Prozent bei der Umsatzsteuer machen den Riesen Unterschied?
Geppert: Es sind doch nicht zwei Prozent. Es sind 19 Prozent auf Essen und Getränke gewesen und die wurden jetzt befristet bis Juni auf sieben Prozent beziehungsweise Ende des Jahres fünf Prozent reduziert. Dann würde es wieder hochspringen auf 19 Prozent. Das wäre katastrophal. Aber die Sommermonate haben gezeigt in der Gastronomie, dass diese reduzierte Mehrwertsteuer notwendige Impulse gibt, damit die Betriebe sich zukunftsfähig aufstellen können. Wir sollten das aber auch erweitern um Getränke, so wie es auch Bayern fordert und heute im Bundesrats-Finanzausschuss einbringen will, denn dann würde man gerade den Schankwirtschaften, die ja besonders gebeutelt sind von der Corona-Pandemie, auch unter die Arme helfen und sie überlebensfähig machen.
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