Archiv

Anti-Doping-Kampf
Der erhoffte Durchbruch

Die USA planen ein Anti-Doping-Gesetz. Es soll Rodchenkov Anti Doping Act heißen, kurz RADA. Benannt nach Grigory Rodchenkov, dem ehemaligen Leiter des Doping-Kontrolllabors in Moskau, der die Seiten gewechselt hat. Das neue Gesetz könnte im Kampf gegen Doping die Karten neu mischen.

Von Andrea Schültke |
    Der Arzt verschaffte Sportlern den Zugang zu Dopingmitteln.
    Das geplante Gesetz soll ein großer Durchbruch im Kampf gegen Doping sein. (imago)
    Ein Anti-Doping-Gesetz, benannt nach dem berühmtesten Whistleblower in der Welt des Sports: Grigory Rodchenkov. Die Helsinki Kommission hatte sich bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfes mit Rodchenkov getroffen und ihn auch zu der Anhörung am Donnerstag eingeladen. Der ehemalige Moskauer Laborleiter war vor zwei Jahren aus Russland geflohen und lebt jetzt im Zeugenschutzprogramm an einem unbekannten Ort in den USA. Offenbar war sein persönliches Erscheinen bei der Anhörung zu gefährlich. Deshalb schickte er seinen Anwalt, Jim Walden. Der verlas ein persönliches Statement. Darin entschuldigte sich sein Mandant zum ersten Mal ausdrücklich dafür, dass er das russische Doping in großem Stil vertuscht hat. Die Verantwortung dafür trägt nach seinen Aussagen die Staatsführung. Jim Walden las:
    "Als ich Leiter des Moskauer Labors war, kamen die Anordnungen von ganz oben. Putin sagte: Russland muss um jeden Preis gewinnen."
    Betroffene Athleten: Betrug auf ganzer Linie
    "Dopingbetrug". So ist die ausdrückliche Bezeichnung für das Vergehen im Gesetzentwurf. Dadurch sollen strafrechtliche Sanktionen bei internationalen Sportgroßereignissen möglich werden, für die Herstellung, das in Umlauf bringen und den Gebrauch von Dopingmitteln. In den Augen von Rodchenkov-Anwalt Jim Walden wichtig. Denn Athleten würden um Medaillen betrogen und damit um Prämien. Sponsoren würden um Medaillen ihrer Athleten betrogen und damit um Einnahmen.-
    "I don’t need to tell this commission these frauds matter".
    Welch großen Einfluss dieser Betrug hat, machte Katie Uhlaender deutlich. Die Ex-Weltmeisterin im Skeleton berichte unter Tränen von ihrem Traum, einmal bei Olympischen Spielen auf dem Siegerpodest zu stehen.
    "Mein Moment wurde mir gestohlen. Ich habe gegen eine Russin verloren, die vom staatlichen Dopingsystem profitiert hat. Das IOC erkannte die Medaille ab und ich hatte Bronze. Sechs Wochen später hat der Internationale Sportgerichtshof diese Entscheidung wieder rückgängig gemacht. Ich war wieder Vierte und zum zweiten Mal betrogen."
    Die Anhörung vor der Helsinki-Kommission war prominent besetzt. Aus Deutschland war Dagmar Freitag nach Washington gekommen. Die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag berichtete über das deutsche Anti-Doping-Gesetz und wie deutsche Medien an der Aufklärung des russischen Dopingskandals beteiligt waren.
    Krank durch Doping
    Julia Stepanowa hatte daran auch entscheidenden Anteil. Sie war als Leichtathletin Teil des russischen Dopingsystems. Vor vier Jahren entschied sie, die Seiten zu wechseln und mit ihrem Wissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Gemeinsam mit ihrem Mann Vitali lieferte Stepanowa der ARD Video- und Audiodokumente, die den umfassenden Einsatz von Dopingmitteln in der russischen Leichtathletik belegten. In der Anhörung am Donnerstag entschuldigte sich Stepanowa dafür, in diesem System mitgemacht zu haben. Sie berichtete von Herzproblemen als Folge der Einnahme von Dopingmitteln und von ihrer großen Angst vor weiteren gesundheitlichen Problemen. Auf die Frage, ob sie wusste, dass Doping illegal und unfair war, erklärte sie:
    "Als ich in Russland war, traf ich nur auf Athleten, die dopten. Ich habe keinen sauberen Sportler getroffen. Russische Athleten fühlen nicht, dass sie etwas falsch machen, weil sie glauben, dass alle anderen Athleten auf der ganzen Welt dasselbe tun".
    IOC inkonsequent bei Sperre gegen Russland
    Nach der Aufdeckung des Skandals hatte sich das Internationale Olympische Komitee nicht dazu durchringen können, alle russischen Athleten von den Sommerspielen 2016 in Rio auszuschließen. Die Kritik daran reißt nicht ab. Das zeigte auch die Aussage von Travis Tygart. Der Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA erneuerte in der Anhörung seine Sichtweise:
    "Das IOC hat den entscheidenden Moment verpasst oder ignoriert, das russische Siegen um jeden Preis, zu bekämpfen."
    Das IOC hat inzwischen auf die Anhörung zum geplanten US-Anti-Doping-Gesetz reagiert. Gegenüber dem online-Portal "inside the games" kritisierte ein Sprecher, es sei ein US-Gesetz aber die Athleten aller Länder, würden diesem Gesetz unterworfen, wenn sie bei internationalen Wettkämpfen mit US-Athleten anträten. Außerdem gab es die Empfehlung, das Gesetz sollte auch Dopingverstöße in den US-Profiligen in den Fokus nehmen.
    Laut Rodchenkov-Anwalt Jim Walden müssten die USA eine Führungsrolle einnehmen im Kampf gegen Doping. Auch, weil Doping Teil der organisierten Kriminalität sei.
    Rodchenkov-Anwalt: "Simply a game changer"
    Personen wie der ehemalige Leiter des Moskauer Doping Kontrolllabors Rodchenkov oder auch Julia Stepanowa sind in Gefahr. Das geplante Gesetz soll – so Jim Walden – auch ein juristisches Vorgehen gegen die ermöglichen, die Whistleblower unter Druck setzen. Und das sei
    "Simply a game changer"
    ein großer Durchbruch im Kampf gegen Doping.