Fünf Jahre gibt es das Anti-Doping-Gesetz bereits, kürzlich wurde im Auftrag der Bundesregierung ein Evaluierungsbericht dieser Zeit vorgelegt. Und die erste Konsequenz daraus: Das Gesetz soll noch in diese Legislaturperiode um eine Kronzeugenregelung erweitert werden. Am Mittwoch haben sich die Sportpolitikerinnen und Sportpolitiker des Bundestags den Bericht bei ihrer Sitzung im Sportausschuss vorgenommen, bei der passenderweise auch Witold Banka, der Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur per Videostream erstmals in seiner Amtszeit zugeschaltet wurde.
Im Fokus der Corona-bedingt hybriden Ausschusssitzung standen besonders die Reformen, die WADA-Chef Witold Banka seit seinem Amtsantritt im Januar stets predigt, um die Welt-Anti-Doping-Agentur – wie er selbst sagt – "sportlerorientierter" und damit unabhängiger aufzustellen. Auch vor den Abgeordneten wiederholte er diese Prämisse.
Athleten Deutschland kritisiert WADA-Strukturen
Als alles andere als sportlerorientiert sieht der Verein "Athleten Deutschland" die WADA-Strukturen – und kritisierte vor der Sitzung die Machtverteilung im entscheidenden WADA-Stiftungsrat, die der Einflussnahme ihrer Beitragszahler, also Sportverbänden und Regierungen, ausgesetzt sei. Die Forderung: Die Einbindung unabhängiger Athletenvereinigungen, die derzeit von Arbeitsgruppen des Reformprozesses ausgeschlossen sind.
Kritik, der sich Andrea Gotzmann, Chefin der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA und heute ebenfalls zugeschaltet, gegenüber dem Deutschlandfunk anschloss: "Auch von unserer Seite, die Nationalen-Anti-Doping-Agenturen, die in der ersten Gruppe mit Teilnehmer gewesen sind. Die sind nicht mehr dabei. Und das ist auch etwas, was ich kritisiere."
Weitere Themen, auf die der WADA-Chef angesprochen wurde: Der "Rodchenkov-Act", ein neues, sehr weitreichendes Anti-Doping-Gesetz in den USA – und das deutsche Anti-Doping-Gesetz, mit dem seit 2015 Doping-Betrügerinnen und Betrüger in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden. Vor zwei Wochen hat die Bundesregierung mit einem Evaluierungsbericht ein Fünf-Jahres-Fazit gezogen– und mit einer Kronzeugenregelung bereits die erste Neuerung für kommendes Jahr angekündigt. Denn: Die Bilanz des Gesetzes klingt mau. Nur in drei von 103 Fällen wegen Selbstdopings ist bislang ein Strafbefehl verhängt worden, zu einer Verurteilung kam es überhaupt nicht – der Rest der Verfahren wurde eingestellt.
Mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften gefordert
Die zwei Sachverständigen des Berichts empfehlen daher zusätzlich zu der Kronzeugenregelung: Es brauche mehr als drei Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaften – und den derzeit begrenzten Täterkreis zu erweitern. Mit Blick auf die bestehenden Hürden im Gesetz sagt Monika Lazar, die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, dass im weiteren, parlamentarischen Evaluierungsprozess geschaut werden müsse, "wie das Anti-Doping-Gesetz noch präzisiert werden kann, damit es der Sache, wofür es vor fünf Jahren verabschiedet wurde, dem auch gerecht wird."