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Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan
Missbrauchsbeauftragter erwartet Schuldbekenntnis der Kirche

Der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Missbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert die katholische Kirche zum Handeln auf. Er hoffe, dass die Kirchenkonferenz in Rom zu einem Wendepunkt werde, sagte Rörig im Dlf. Nötig seien Prävention, Intervention sowie Hilfen für Opfer.

Moderation: Christiane Florin |
    Papst Franziskus erteilt am ersten Weihnachtstag den traditionellen Segen "Urbi et Orbi".
    Papst Franziskus hat von Donnerstag bis Sonntag ein weltweites Treffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche einberufen (AFP /Tiziana Fabi )
    Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erhofft sich vom Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan ein klares Schuldbekenntnis der katholischen Kirche.
    Rörig sagte im Deutschlandfunk, es sei dringend erforderlich, dass die Chefetage der katholischen Kirche der Welt glaubwürdig und authentisch eingestehe, dass sie große Schuld auf sich geladen habe und diese abtragen werde. Er hoffe, dass die Konferenz zu einem Wendepunkt werde. Rörig forderte positive Folgen hinsichtlich Prävention, Intervention und Hilfen für Missbrauchsopfer.
    Warnung vor historischem Fiasko
    Zudem warb er für die Einrichtung einer Aufarbeitungskommission, in der auch Betroffene und Fachexperten vertreten sein sollen. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung betonte, wenn man keine unumkehrbaren Veränderungen für die Betroffenen erreiche, würde der Krisengipfel zu einem historischen Fiasko.
    Papst Franziskus hat von Donnerstag bis Sonntag ein weltweites Treffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche einberufen. An der Konferenz in Rom nehmen rund 190 Oberhäupter von Bischofskonferenzen, Ordensvertretern und Vatikan-Angestellten teil.
    Der Provinzial der Jesuiten in Deutschland, Siebner, sagte, es müsse "alles auf den Tisch". Von der Konferenz müsse ein Appell zur Aufklärung und Gewaltenteilung in der katholischen Kirche kommen. In Hinblick auf Beschwerdeverfahren innerhalb der Kirche könne es nicht sein, dass derjenige, über den sich ein Opfer beschwere, Staatsanwalt und Richter in einer Person sei.
    Überlebender hofft auf mehr Mut
    Der Überlebende sexueller Gewalt, Moritz, meinte, durch die Konferenz könnte mehr Mut entstehen, dass Bischöfe ihre Machtposition nutzten, um Dinge auch gegen den Widerstand von Amtskollegen zu ändern.
    Der Strafrechtler Rössner äußerte sich in der Sendung "Zur Diskussion" zur strafrechtlichen Dimension. Er forderte, die Vergehen innerhalb der Kirche strafrechtlich genauso zu behandeln wie außerhalb. Wenn bekannt wäre, dass in einem deutschen Unternehmen Straftaten wie Korruption vollzogen würden und dies in Akten enthalten wäre, würde keine Staatsanwaltschaft mit einer Durchsuchung zögern.

    Unter der Leitung von Deutschlandfunk-Redakteurin Christiane Florin diskutieren:
    • Kai Christian Moritz, Betroffener, der sich selbst als Überlebender sexueller Gewalt in der Kirche bezeichnet
    • Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
    • Dieter Rössner, Tübinger Strafrechtler, der mit Bezug auf Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Anzeige gegen Unbekannt erstattet hat
    • Johannes Siebner, Provinzial der deutschen Jesuiten