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Anti-Terror-Gesetze
Viel Unstimmigkeit in der Sicherheitspolitik

Zum Thema Innere Sicherheit liegen derzeit viele Vorschläge auf dem Tisch: manche stammen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), andere von den CDU-Landesinnenministern, die unter anderem ein Burka-Verbot fordern. Schon innerhalb der Union herrscht große Uneinigkeit über die einzelnen Vorstöße. Von nahezu allen anderen Parteien gibt es dazu Vorwürfe.

Von Nadine Lindner | 13.08.2016
    Polizisten der Bundespolizei in München
    Bundesinnenminister de Maizière strebt zusätzliches Personal für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz "in einer mittleren vierstelligen Zahl" an. (dpa / picture alliance / Matthias Balk)
    Die innere Sicherheit bestimmt immer noch die Debatte im politischen Berlin. Es ist eine Diskussion, die gleiche mehrere Konfliktlinien offenbart.
    Am Mittwoch sickerte die sogenannte "Berliner Erklärung", ein Entwurf der Landesinnenminister der Union, durch. Darin werden weitreichende Verschärfungen wie die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft und ein Burka-Verbot gefordert.
    Gabriel im DLF: "Damit betreiben sie das Geschäft von Herrn Erdogan"
    Die SPD, die sowohl im Bund als auch in mehreren Ländern zusammen mit der Union koaliert, reagierte verschnupft auf den Länder-Vorstoß. Vizekanzler und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sagte im Interview der Woche des Deutschlandfunks:
    "Burka-Verbot oder Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft: Damit stellen sie alle unter Generalverdacht, die hier leben und eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Damit betreiben sie das Geschäft von Herrn Erdogan."
    Am Donnerstag dieser Woche stellte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ebenfalls CDU, sein eigenes Sicherheitspaket vor. Mit wahrnehmbar anderer Zielsetzung. Zur Berliner Erklärung sagte der Bundesinnenminister nur knapp: "Das sind Entwürfe, die da kursieren. Ich bin nicht mit allen Punkten einverstanden."
    Ein vielstimmiger Chor innerhalb der Union
    In der Debatte überlagern sich die Konfliktlinien und Streitthemen: Innerhalb der großen Koalition kritisiert der Koalitionspartner SPD die Berliner Erklärung, deutet aber Unterstützung für manche Position von de Maizières eigenem Sicherheitskonzept an. Innerhalb von CDU/ CSU ist ein vielstimmiger Chor zu vernehmen, der schon wie in der Flüchtlingspolitik die Unstimmigkeiten innerhalb der Union demonstrierte.
    Der Gegenwind für den Bundesinnenminister kommt unter anderem aus den Ländern. Zum Beispiel vom wahlkämpfenden CDU-Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern. Lorenz Caffier sagte im RBB, dass er im Gegensatz zu de Maizière sehr wohl Zweifel an der doppelten Staatsbürgerschaft habe. "Im Zusammenhang mit den Veranstaltungen in Köln zugunsten von Herrn Erdogan hat sich erstmal gezeigt, dass man sich auch entscheiden muss, wo seine Heimat ist."
    Holger Stahlknecht, CDU-Innenminister von Sachsen-Anhalt ging im MDR ebenfalls auf Konfrontationskurs zu Thomas de Maizière: "Ich hätte keine Probleme damit, wenn es ein Burkaverbot in Deutschland gäbe. Das sieht man im Übrigen als europäische Normalität, andere Nationalstaaten haben das umgesetzt, ohne jede Aufregung. Und ich sage ganz deutlich, wenn unsere Damen in die Gegend fahren, tragen sie aus Anstand auch ein Kopftuch, weil sie die dortige Kultur akzeptieren. Und wer zu uns nach Deutschland kommt, hat unsere Kultur zu akzeptieren. Und zu unserer Kultur gehört nicht Burka."
    Auch CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte, dass das Tragen einer Vollverschleierung mit "Sicherheitsrisiken" verbunden sei, die man nicht unterschätzen sollte. Der Passauer Neuen Presse führt Bosbach weiter aus, dass der Ganzkörperschleier ein Zeichen mangelnder Gleichberechtigung von Mann und Frau sei.
    Kritik von Linken und FDP
    Kritik an diesen Positionen hagelt es aus den Reihen der Opposition: Die Burka-Debatte sei Stimmungsmache mit erhöhtem Rassismus-Faktor, sagte Linken-Parteichef Bernd Riexinger der Nachrichtenagentur AFP.
    Darüber hinaus distanzierte sich nun auch die FDP und damit ein möglicher Koalitionspartner nach der Bundestagswahl. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki stellt der Union heute Morgen im Deutschlandfunk ein schlechtes Zeugnis für ihre unkoordinierten Vorstöße in der Sicherheitspolitik aus: "Die Union erzeugt mit ihren Vorschlägen Unsicherheit und Angst und das ist das Schlimmste, was man tun. Dann ist die Frage, ob das im Wahlkampf gerechtfertigt ist oder nicht, zu beantworten damit, dass es einfach nicht geht, was die Union im Moment macht."
    Auch aus Bayern sind wieder deutliche Dissonanzen zu hören: Edmund Stoiber, Ex-Ministerpräsident von Bayern hielt es demonstrativ offen, ob die CSU mit Angela Merkel als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl 2017 ziehen werde. "Das kann ich noch nicht beantworten. Wir müssen zunächst noch inhaltlich einiges tun", sagte Stoiber dem "Spiegel". Die unkontrollierte Zuwanderung könne zu einem Sicherheitsproblem werden. Die Wortmeldung aus Bayern. Sie ist eine weitere Stimme im großen Chor der Union.