Ein Schweinezüchter im Münsterland hat Bonner Agrarwissenschaftlern eine einmalige Forschungsgelegenheit geboten: Als der Landwirt Anfang des Jahres seinen Betrieb von der Ferkelproduktion auf Jungsauenvermehrung umstellte, wollte er auch die resistenten Keime in seinen Ställen loswerden. Dazu wählte er eine radikale – und kostspielige – Methode. Seinen alten Stall hat er dekontaminiert, sagt Dr. Ricarda Schmithausen, die am Universitätsklinikum Bonn in der Abteilung Medizinische Mikrobiologie arbeitet.
"Das bedeutet, er hat den gesamten Tierbestand geschlachtet, der Stall wurde gereinigt, desinfiziert von einer professionellen Reinigungsfirma, dazu gehört auch, von den Wasserrohren bis zu den Plastikleitungen, alles wurde komplett ausgetauscht, das wurde vernebelt, jede Ritze wurde im Grunde desinfiziert. Und das hat auch mehrere Wochen eingewirkt, im Grunde wurde alles ausgetauscht."
Für die Forscher war interessant, dass der Landwirt außerdem einen komplett neuen Stall bauen ließ.
"Das heißt, wir hatten auch einen sehr schönen methodischen Vergleich. Bringt die Dekontamination des alten Stalles was? Muss man direkt neu bauen? Das war eben seine geplante Maßnahme."
Ricarda Schmithausen und ihre Kollegen nahmen mehrmals Proben in den Ställen, von den Tieren, den Mitarbeitern, aus Staub, Wasser und Luft; das erste Mal kurz vor der Umstellung, das zweite Mal direkt nach Ankunft der neuen Schweine und von da an jeden Monat. Die Proben untersuchten sie auf zwei Gruppen von Krankheitserregern, die gegen mehrere Antibiotika resistent sind: auf Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, kurz MRSA, und auf Darmbakterien, die als ESBL-Bildner bekannt sind. Sie können ein Enzym herstellen, das mit Penicillin verwandte Antibiotika abbaut. Jetzt liegt die Auswertung vor.
"Man konnte schon einen deutlichen Rückgang sowohl für MRSA als auch ESBL im ersten Monat nach der Dekontamination beobachten. Für die Entwicklung von MRSA hat sich das sowohl für die Luft als auch für den Staub, aber insbesondere auch für die Schweine so entwickelt, dass der MRSA-Anstieg im Bestand schon zu bemerken war. Und ESBL war nach der Dekontamination eradiziert bis zum Juli, dort hat sich ein minimaler Anstieg gezeigt. Im neuen Stall konnten wir sehen, dass da gar kein ESBL aufgetaucht ist."
Selbst neuer Stall half nicht wirklich
Die resistenten Keime sind also zurückgekommen. Woher genau, das müssen weitere Untersuchungen zeigen. Sie könnten von außen mit neuen Tieren eingeschleppt worden sein oder sich bei Behandlungen mit Antibiotika im Betrieb selbst entwickelt haben. Dennoch zieht Professor Brigitte Petersen eine positive Bilanz. Sie leitet am Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn die Abteilung Präventives Gesundheitsmanagement.
"Ich glaube, dass sich der Aufwand für den Landwirt gelohnt hat, das Ziel ESBL loszuwerden, das hat er fast erreicht oder muss man schon sagen, hat erreicht, bei MRSA hat er es sicherlich im Umfeld der Tiere erreicht, und das in ein Gesamtsystem zu bringen, ich denke dieser Landwirt, der sich bereiterklärt hat, die Untersuchung durchzuführen, ist ein Pionier auf diesem Gebiet und auch offen, weitere Informationen hierüber zu bekommen."
Die beiden Erregergruppen stellen Schweinezüchter vor große Probleme: Sie können Tiere und Menschen krank machen, wie Tierärzte oder Leute, die in den Ställen arbeiten. Petersen und ihre Kollegen haben einen weiteren potenziellen Infektionsweg für den Menschen untersucht: Mit den Schweinen aus den Ställen über die Schlachthöfe in die Kühlregale.
Brigitte Petersen: "Wir haben gesehen, dass die gute Fleischhygiene tatsächlich eine Barriere ist für die Kontamination mit multiresistenten Mikroorganismen in Bezug auf das Fleisch, dennoch sieht man ja häufig bei verpacktem Fleisch, wo dann auch resistente Varianten gefunden werden, und hier laufen die Studien im Moment auch in die Richtung, dass man analysiert: Könnte nicht auch der Mensch selber, der in diesem Bereich arbeitet, derjenige sein, der dazu beigetragen hat, dass dieses Fleisch kontaminiert ist."
Offenbar stammen diese Keime also nicht aus dem Stall, sondern vom Menschen.