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Antike Kunst
Der schwere Kampf gegen den illegalen Handel

Deutschland ist ein wichtiger Umschlagplatz für geraubte antike Kulturgüter, denn die Gesetzeslage ist hierzulande besonders lasch. Bei einer Konferenz in Berlin diskutieren nun Experten und Politiker, wie sich der illegale Handel eindämmen lässt.

Von Christiane Habermalz |
    Die Ruinen der alten Handels- und Königsstadt Palmyra in Syrien sind von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden.
    Die antike Oasenstadt Palmyra in Zentral-Syrien - in vielen Ländern sind die antiken Kulturstätten bedroht. (dpa / picture alliance / Backhaus)
    Die Bilder von Krieg und Zerstörung in Krisengebieten beherrschen die Medien. Doch bei der systematischen Zerstörung von antiken Ausgrabungsstätten durch Raubgrabungen, bei der Plünderung von Museen und Kulturschätzen sind die Deutschen nicht nur Zuschauer, sondern auch Akteure. Der illegale Handel mit Kulturgütern aus aller Welt gilt mittlerweile als drittgrößte Einnahmenquelle aus der organisierten Kriminalität – nach Drogen und Waffen. Und Deutschland ist ein bequemes Umschlagland für geraubte Antiken – denn hierzulande ist die Gesetzeslage besonders lasch.
    "Die Kriterien sind viel zu leicht, es geht um dieses Listenprinzip. Es sind nur Antiken geschützt, die in Listen erfasst sind. Aber wie kann etwas, das aus dem Boden kommt bei einer Raubgrabung, in Listen erfasst sein? Das geht nicht, und daher kommt es faktisch auch zu keine Rückgaben, wenn sie nicht freiwillig erfolgen."
    Deutschlands Gesetz gegen illegalen Kunsthandel ist lückenhaft
    Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, war selber lange Archäologe, er weiß, wovon er spricht. Als das heutige Kulturgutrückgabegesetz im Jahr 2008 verabschiedet wurde, hat er miterlebt, wie der Kunsthandel all seinen Einfluss geltend machte, um einen besseren Kulturgutschutz zu verhindern. Mit Erfolg: Über 30 Jahre hatte sich Deutschland damals Zeit gelassen, um die Unesco-Konvention von 1970 zum Kulturgutschutz umzusetzen. Das Ergebnis, das Gesetz von 2008, wurde jetzt evaluiert und für äußerst lückenhaft befunden. Jetzt will Kulturstaatsministerin Monika Grütters nachlegen. 2016 soll eine Novelle in Kraft treten, die den Handel mit illegalen Kulturgütern wenigsten erschweren soll.
    "Das Listenprinzip ist nicht praktikabel, Objektpapiere sind notwendig, ein Fahrzeugbrief oder Fahrzeugschein kann man auch sagen in Anführungszeichen, mit einem klaren Herkunftsnachweis und auch einer Ausfuhrgenehmigung. Und die muss aus dem Herkunftsland stammen, nicht über irgendwelche Drittländer, das muss aus dem Land des Ursprungs herkommen."
    Um das ganze Ausmaß des Problems, die große Grauzone zu beleuchten, in der der illegale Antikenhandel agiert, hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt, dem Deutschen Archäologischen Institut und der Kulturstaatsministerin eine internationale Konferenz einberufen. Unter dem Titel "Kulturgut in Gefahr" soll nicht nur ermittelt werden, welche Maßnahmen zum Schutz der Kulturgüter in den oft krisengeschüttelten Herkunftsländern getroffen werden können, sondern auch, was in Deutschland selbst getan werden muss.
    Auch bei den Museen ist Selbstkritik nötig
    Denn die Gesetzesänderung ist nur die eine Sache. Polizei und Zollbehörden müssen geschult und unterstützt, die Handels- und Vertriebswege erforscht werden. Und Forschung ist notwendig, denn noch weiß man wenig darüber, wie und in welchem Umfang gestohlene Antiken in den Kunsthandel gelangen. Im Internet zum Beispiel sind sie bis heute völlig ungehindert zu erwerben - ohne jeglichen Herkunftsnachweis. Und es geht auch um ein Umdenken in der Öffentlichkeit, ähnlich wie das beim Artenschutz schon erreicht ist.
    "Auch Bewusstseinsbildung bei uns - dass ich nicht einfach auf der Internetplattform mir Antiken ziehe, dass ich aber auch, wenn ich als Tourist in der Türkei oder in Ägypten einen antiken Ort besuche, wenn dann irgendjemand auf mich zukommt, und mir halb verdeckt irgendetwas hinhält, dass das nicht ein nettes Souvenir ist, sondern dass das illegal ist."
    Klar ist aber auch, dass auch die Museen sich selbstkritisch mit der Herkunft ihrer archäologischen Objekte werden auseinandersetzen müssen. Zwar haben die deutschen Museen 1976 beschlossen, keine Antiken unklarer Herkunft mehr anzukaufen. Doch die Realität sieht anders aus. Das Etikett "Fundort unbekannt" weist in vielen Museumsvitrinen auf eine unklare Provenienz hin, sei es aus dem Kunsthandel, aus einer Schenkung oder aus einem Nachlass. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz geht dieses Problem offensiv an.
    "Auch da werden wir ganz klar recherchieren müssen, wo führt diese Spur hin, und die Ergebnisse werden wir in einer Internet-Datenbank offenlegen, und ich sage, wenn die illegale Herkunft offensichtlich ist, dann sind wir auf jeden Fall zur Rückgabe bereit."
    Eine Recherche, der sich letztlich alle öffentlichen Einrichtungen unterziehen müssten. Das aber dürfte noch Jahre in Anspruch nehmen.