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Antisemitismus
Diskussion nach Drohungen gegen Schülersprecher

Der Fall hat ein bundesweites Echo ausgelöst: Der jüdische Stadtschülersprecher von Offenbach kündigt seinen Rücktritt an, weil muslimische Jugendliche gedroht haben sollen, ihn zu töten. Er findet, die Integrationspolitik der Stadt ist gescheitert. Wie steht es wirklich um die Integration in Offenbach?

Von Ludger Fittkau |
    Teilnehmer der Kundgebung «Steh auf! Nie wieder Judenhass!» des Zentralrats der Juden in Deutschland stehen am 14.09.2014 vor dem Brandenburger Tor in Berlin
    Wie steht es um antisemitische Tendenzen in Offenbach? (picture-alliance / dpa / Maja Hitij)
    Muslimische Jugendliche seien es gewesen, die ihn auf einem zentralen Platz in Offenbach angemacht haben, als er eine Kippa trug, die Kopfbedeckung, die ihn als gläubigen Juden ausweist. Das schildert Max Moses Bonifer kurz danach einem Kamerateam des Hessischen Rundfunks:
    "Die haben gesagt: Scheiß Jude. Haben auf den Boden gespuckt, mich angespuckt. Das ging dann weiter zu dem Burgerladen und haben während des Laufens gesagt: Wir bringen dich und dein Volk um, wir werden dich suchen, jagen und dann wirst du umgebracht."
    Nach dieser Begegnung entscheidet sich sein Amt als Stadtschülersprecher in Offenbach am 1. Dezember abzugeben. Gleichzeitig macht er der Stadt Offenbach Vorwürfe. Die Integrationspolitik der Kommune mit hohem Migrationsanteil läge stark im Argen, so der enttäuschte Stadtschülersprecher:
    "Das kann man an manchen Stellen in Offenbach sehen, dass Integrationspolitik gar nicht gewirkt hat. Die Hauptkritik ist, dass Integration Imagepolitik ist und keine Basispolitik, dass aber auch ein mehrheitlicher Teil der Menschen in Offenbach sich nicht integrieren möchte. Und so haben wir eine Ambivalenz zwischen fehlender Politik und Nicht-Integrierbarkeit von manchen Leuten."
    Elternbeiratsvorsitzende hält Reaktion für zu hart
    Petra Blaufuss kann die Erregung des noch amtierenden Stadtschülersprechers von Offenbach gut verstehen. Dennoch hält die Vorsitzende des Elternbeirates der Stadt die Reaktion des Schülers Bonifer für etwas überzogen:
    "Ich denke es war schon für ihn sehr - ich will jetzt nicht sagen - traumatisierend, aber gefühlsmäßig sehr betont. Aber ich hätte mir doch ein bisschen einen anderen Umgang damit gewünscht. Und ich finde es auch ein bisschen einen Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich die ganze Zeit bemühen, denen zu sagen, das sei alles gescheitert. Das finde ich ein bisschen hart."
    Ganz ähnlich sieht das auch der Schüler Mohammed El Bannay, der noch bis Ende des Monats der Stellvertreter von Max Moses Bonifer im Stadtschülerrat ist. Auch er hält nichts davon, aus einzelnen Erfahrungen religiöser Diskriminierung in Offenbach zu schließen, dass die gesamte Integrationsarbeit in der Stadt gescheitert sei:
    "Ich lebe seit 22 Jahren hier in dieser Stadt und bin hier geboren und ich kann nur das Gegenteil behaupten. Dass nämlich die Integration hier in Offenbach sehr, sehr gut voran geht. Man merkt, dass sehr viele Kulturen sehr gut miteinander zurechtkommen. Und aus diesem Grunde kann ich das nicht befürworten."
    Offenbacher Rabbiner betont Solidarität
    Max Moses Bonifer hat jedoch inzwischen Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Er habe den Eindruck, dass insbesondere nach dem letzten Gaza-Krieg die Anfeindungen gegenüber Juden in der Stadt größer geworden seien, sagt er. Schon 2013 war der Rabbiner der jüdischen Gemeinde Offenbach von Jugendlichen auf offener Straße angepöbelt worden. Henryk Fridman, Vorstandsmitglied der örtlichen jüdischen Gemeinde, sagte nach dem Vorfall, es käme manchmal schon vor, dass im Vorbeifahren ein Autofenster heruntergekurbelt werde und jemand sage, "Juden, lasst euch vergasen." Aber auch nach den aktuellen Ausfällen gegen den Stadtschülersprecher betont Henryk Fridman die Solidarität, die er nach wie vor in der Stadt verspüre:
    "Die Stadt Offenbach bemüht sich sehr, das Richtige hier zu tun. Vielleicht könnte man im Rahmen von Integration nicht nur als Bürger, sondern beim Thema - hier hast du jüdische, muslimische und christliche Bürger und alle anderen Religionen - auch da mehr Integration zu betreiben, dass man dort sich untereinander kennenlernt, dass man ins Gespräch kommt, dass man in Kontakt kommt."
    Lob für städtische Projekte
    Petra Blaufuss, die Vorsitzende des Elternbeirates der Stadt schlägt vor, Religionsunterricht an den Schulen mehr als bisher gemeinsam zu machen. Den zurzeit insbesondere von islamischen Verbänden favorisierten getrennten Religionsunterricht für Christen und Muslime sowie zusätzlichen Ethikunterricht für nicht-religiöse Schüler hält sie für den Integrationsgedanken nicht gerade förderlich:
    "Es gibt aber auch sehr schöne Projekte in Offenbach, muss ich sagen. Es gibt zum Beispiel von der Theodor-Heuss-Schule das Projekt: Verschiedenheit achten, Gemeinschaft stärken. Da gibt es einen gemeinschaftlichen Religionsunterricht. Das ist gerade, dass man sagt: Die Religion soll nicht trennen, sondern verbinden. Und das ist sehr interessant, was die Jugendlichen da erleben. Und auch selbst teilweise schildern, dass sie viele Gemeinsamkeiten in der Religion entdecken. Und ich denke, das ist der richtige Weg und das würde ich mir für Offenbach noch mehr wünschen."