Das Café Fröhlich im siebten Bezirk von Budapest liegt nur wenige hundert Meter von der Großen Synagoge entfernt. Frische Croissants, Marmeladelocken und Apfeltaschen mit Mohn und Walnüssen liegen appetitlich angeordnet in der gläsernen Verkaufstheke. Die beeindruckend große Kaffeemaschine ist fast ständig in Betrieb.
Das Café Fröhlich ist nach eigenen Angaben die einzige koschere Konditorei in Ungarns Hauptstadt – ein beliebter Treffpunkt für Touristen aus aller Welt, darunter viele israelische Besucher, sagt Eva Zador, die Eigentümerin des Cafés: "Zu uns kommen viele religiöse Touristen, meistens aus Israel, die Kippa tragen." Oft fragten die Touristen sie, ob sie do in die Stadt gehen könnten, erzählt die Café-Besitzerin: "Ich sage ihnen immer, hier im im Viertel ist das ohne Weiteres möglich, du bewegst dich, wie du möchtest. Ich bin aber ein bisschen unsicher, ob das in allen Bezirken der Stadt so toleriert wird. Aber an Orten, die von Touristen besucht werden, an der Burg, der Zitadelle, dort ist die Kippa akzeptiert."
"Niemand soll Angst haben"
Eva Zador kennt den Wandel des jüdischen Leben in ihrem Viertel, von der kommunistischen Herrschaft über die Wendejahre bis hin zur bereits mehr als achtjährigen ununterbrochenen Regierungszeit von Ministerpräsident Viktor Orbán.
Eva und ihr Ehemann Sandor haben vor zehn Jahren das Café von ihrem Onkel übernommen, der 1953 die koschere Konditorei eröffnet hatte: "Nach dem Holocaust wohnten hier viele Leute, die ihr Judentum nur zu Hause gelebt haben." Die Leute hätten damals mehr Angst gehabt, sagt Eva Zador. "Heute ist das ganz anders. Wenn Sie auf die Straße gehen, werden Sie viele religiöse Menschen sehen. Hier, im sogenannten jüdischen Viertel soll niemand Angst haben."
Das Verhalten der ungarischen Regierung bei der Eindämmung und Bekämpfung von Antisemitismus ist zwiespältig: Seit Beginn der Flüchtlingskrise im Spätsommer 2015 betreibt Ministerpräsident Viktor Orbán eine massive, öffentliche Diskreditierungskampagne gegen George Soros, der unter Anspielung auf sein erworbenes Vermögen und seine Herkunft als ungarischer Jude, als einflussreicher Strippenzieher der ungarischen Opposition, Nichtregierungsorganisationen - sowie der EU-Migrationspolitik insgesamt - auf Plakaten, Anzeigen und in den regierungsnahen Medien verunglimpft wird.
Anti-Soros-Kampagne
In der jüdischen Gemeinde wuchs die Sorge vor den Auswirkungen der unablässigen Anti-Soros-Kampagne. Andererseits unterhält Ministerpräsident Orbán engen Kontakt zu den jüdischen Gemeinden; er wird von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu für sein Eintreten gegen Antisemitismus gelobt und spricht sich immer wieder gegen "importierten" Antisemitismus aus – damit meint Orbán muslimische Migranten: "Leute, die von unserer Kultur sehr entfernt sind und die hierherkommen, denken völlig anders als wir in grundsätzlichen Fragen. Davon wird dann kein schönes Leben entstehen, sondern daraus entstehen Parallelgesellschaften. Dann werden wir Hass importieren, zum Beispiel Antisemitismus. Das werden wir noch nach Europa reinbringen."
Zurück im Cafè Fröhlich, der koscheren Konditorei in der Nähe der Großen Synagoge in Budapest. Besitzerin Eva Zador blickt auf die Frage, wie sie die Sicherheitslage für jüdische Ungarn beurteilt, auf die Situation im übrigen Europa. Da sehe es in Ungarn vergleichsweise besser aus, bilanziert sie: "Über Extreme, wie in Europa, habe ich bei uns in Ungarn nichts gehört. Natürlich, Probleme kann es hier auch geben, Leute werden hier und da beleidigt oder als 'Jude' angesprochen. Aber der Herrgott soll uns vor Extremen wie in Frankreich schützen."