Was ist genau passiert?
Eine Gruppe des Jungen Forums der Deutsch-Isrealischen Gesellschaft hat die Partie in einem gemischten Block verfolgt, wo Anhänger von beiden Teams oder neutrale Fans zu finden sind. Die Gruppe war als Maccabi-Fans erkennbar, einige trugen Fanschals, sie hängten zwei Israel-Flaggen an das Geländer und hatten kleine Papp-Fahnen dabei. Im Vorfeld sei die Stimmung noch sehr gut gewesen, sagte ein Mitglied der Gruppe dem Dlf. Union-Fans hätten auch viel Glück gewünscht.
Dann sei die Stimmung immer weiter gekippt. Erst habe es Beleidigungen aus einer Gruppe von Union-Fans gegeben. Nach dem 1:0 für Berlin soll dann laut Aussage des Mitglieds des Jungen Forums der Deutsch-Isrealischen Gesellschaft einer der Pöbler auf die Gruppe zugestürmt sein und Bier in ihre Richtung gekippt haben. Kurz danach habe dann eine andere Gruppe berichtet, dass sie als "Scheiß-Juden" beschimpft worden sind. Deswegen habe die Gruppe dann entschieden, den Block zu verlassen.
Vier Mitglieder seien dann noch kurz da geblieben. Daraufhin habe die Person nach einer Papp-Israel-Flagge gegriffen und versucht, sie anzuzünden. Das wurde dann aber auch durch umstehende Unions-Fans verhindert. Viele Union-Fans hätten sich daraufhin mit den Maccabi-Fans solidarisiert.
Was für Folgen hat das?
Die versuchte Fahnen-Verbrennung wurde von Zivilpolizisten beobachtet, bestätigte die Polizei Berlin dem Dlf schriftlich. Demnach seien drei strafrechtlich relevante Sachverhalte registriert und somit drei Ermittlungsverfahren eingeleitet worden: "wegen Inbrandsetzens einer Handfahne in Verbindung mit Verstoßes gegen § 104 (Beschädigung einer ausländischen Flagge) und wegen Volksverhetzung. "Des Weiteren hat ein Mann nach Beendigung des Spiels mehrfach "Sieg Heil" gerufen. Ihm wurde vorläufig die Freiheit entzogen. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen konnte er seinen Weg fortsetzen und muss sich nun wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten." Vorhandenes Videomaterial wurde gesichert und werde im Zuge der Ermittlungen ausgewertet.
Union Berlin hat noch am Abend auf Twitter darum gebeten, mitzuteilen, wo das Ganze stattgefunden hat. Außerdem hat sich ein Vereinssprecher bei der Gruppe gemeldet, um Entschuldigung gebeten, sich erkundet, ob es allen gut geht und versprochen, dass man mit der Polizei gemeinsam Konsequenzen ziehen möchte. Inziwschen gibt es auch eine offizielle Stellungnahme des Vereins: "Der 1. FC Union Berlin verurteilt den antisemitischen Angriff auf Maccabi-Fans. "Wir bitten die Betroffenen um Entschuldigung. Dieses Verhalten ist beschämend und nicht tolerierbar", so Union-Präsident Dirk Zingler. "Es gilt wachsam zu bleiben und unermüdlich dagegen anzukämpfen!"
Es gibt aufgrund der Corona-Pandemie personalisierte Tickets, zudem noch die Videoüberwachung und Zivilpolizisten als Augenzeugen. Die Wahrscheinlichkeit, dass da jemand gefunden wird, ist also hoch.
Der UEFA lagen noch keine Informationen vor, man warte noch auf den Spielbericht, schrieb die dpa. Möglicherweise droht Union ein Disziplinarverfahren.
Warum haben diese Vorfälle Symbolkraft?
Weil es im Berliner Olympiastadion stattgefunden hat - ausgerechnet in dem Stadion, das Adolf Hitler in Auftrag gegeben hat. Also dort, wo 1936 die Olympischen Sommerspiele stattgefunden haben, die die Nazis für ihre Propaganda genutzt haben. Zudem war es auch das erste Mal, dass ein israelisches Team ein Pflichtspiel im Olympiastadion ausgetragen hat. Das macht es für die Fans natürlich noch bitterer.
Und so hat sich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe bestürzt gezeigt, "dass von deutschen Fans gerade an diesem historisch belasteten Ort statt Fairness und Respekt Hass und Gewalt ausgingen. Umso mehr begrüße er, dass der 1. FC Union den Vorfällen nachgehen wolle. Er hoffe aber auch, dass die Taten strafrechtlich geahndet würden.
Wie häufig sind antisemitischen Vorfälle im Sport in Deutschland generell?
Das ist schwer zu quantifizieren. Im Profi-Bereich gibt es immer wieder einzelne Fälle von antisemitischen Beleidigungen, sei es im Stadion oder auch, dass israelische Spieler auf Twitter angefeindet werden. Deutlich häufiger gibt es sowas im Amateurbereich. Makkabi Deutschland, der jüdische Sportverband in Deutschland, hat dafür mal eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durchgeführt. Von 5.000 haben 300 teilgenommen, davon hatten 39 Prozent schon mal einen antisemitischen Vorfalls selbst erlebt. Im Fußball waren es fast 70 Prozent.
Und es gibt auch tatsächlich Spiele, die mit Polizeischutz stattfinden müssen. Makkabi Deutschland hat deswegen auch Projekte gestartet, um präventiv dagegen vorzugehen, durch Trainings und Beratungen. Auch einige Fan-Klubs von Bundesligisten arbeiten gegen Antisemitismus, veranstalten zum Beispiel Gedenkfahrten nach Auschwitz. Vereine wie zum Beispiel Borussia Dortmund und der 1. FC Köln unterstützen das auch sehr aktiv, zum Beispiel auch, in dem die Ordner in diese Richtung geschult werden.
Aber natürlich ist auch klar, dass wenn Antisemitismus zunimmt, wie es leider im Moment gesamtgesellschaftlich der Fall ist, dass das dann auch in den Sport hineinstrahlt.
Quellen: Maximilian Rieger, JuFo DIG Berlin, dpa, afp, og