Der israelische NGO Monitor listet auf seiner Webseite eine Vielzahl israelischer Nichtregierungsorganisationen auf, die von Deutschland aus mitfinanziert werden. So stehen praktisch alle deutschen Parteien und deren Stiftungen, von CDU/CSU bis zur Partei Die Linke, auf der Liste und in der Kritik.
(Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde ein Text-Abschnitt entfernt, der die Rosa-Luxemburg-Stiftung betrifft. Aus rechtlichen Gründen können wir diesen Passus nicht abbilden.)
Denn diese würden jeden demokratischen und zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Juden und Palästinensern torpedieren. Kein Wunder also, dass der NGO Monitor praktisch jede Organisation aus dem Ausland angreift, die sich in Israel engagiert, von den Parteistiftungen über kirchliche Hilfswerke bis hin zur Europäischen Union.
"NGO Monitor ist eine Organisation von Brandstiftern und Extremisten, schrieben 13 Menschenrechtsorganisationen einen offenen Brief in 2010, darunter die beiden großen B'Tselem und Acri, sowie Ärzte für Menschenrechte in Israel und die Rabbiner für Menschenrechte. Was NGO Monitor versucht zu tun ist, den in Israel vorhandenen pluralen Diskurs zu schmälern und gewisse Diskurse einfach unmöglich zu machen."
B'Tselem und Acri, Namen, die ebenfalls im NGO Monitor als anti-zionistische Organisationen aufgelistet stehen. Aber Kritik wird auch andernorts laut. Der in New York lebende Publizist Tuvia Tenenboom hat nach Jahrzehnten wieder sein Geburtsland Israel bereist und darüber ein kritisches Buch geschrieben. In einem Interview mit dem deutschen Magazin Cicero äußerte er jüngst:
"Mir gegenüber hat ein leitender Mitarbeiter der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem den Holocaust geleugnet. Diese Organisation versorgt europäische Medien und Stiftungen aber mit Material für ihre Kritik an der israelischen Besatzung. Warum suchen sich Deutsche und Europäer ausgerechnet diese Juden aus?"
Bedauerlicher Einzelfall?
B'Tselem, gegründet 1989, wird unter anderem auch von der evangelischen Hilfsorganisation Brot für die Welt unterstützt. Deren Pressesprecherin Svenja Koch erklärt das Vorkommnis so:
"Es hat sich dabei um einen Mitarbeiter gehandelt, den B'Tselem befragt hat und schließlich entlassen hat. Und wir haben uns nach diesem Vorfall auch mit B'Tselem beraten, haben aber den Eindruck gewonnen, dass B'Tselem sehr gründlich und sachlich arbeitet und deshalb werden wir die Zusammenarbeit fortsetzen."
Doch genau dieses Engagement ist dem Publizisten Tenenboom ein Dorn im Auge. Wieso, fragt er, würden sich die Deutschen gerade so sehr in Israel engagieren?
"Bauen Sie Ihre Zivilgesellschaft doch in Leipzig auf oder wo Sie wollen, aber nicht hier in Israel. Von Deutschen bekommt man genug Antisemitismus zu hören, wenn sie ein Glas oder zwei zu viel getrunken haben. Manchmal schon vorher. Und dann kommen sie zu uns und wollen uns Werte beibringen und unterstützen gleichzeitig judenfeindliche Organisationen?
Nach allem, was in Deutschland vorgefallen ist? Da gehört schön viel Chuzpe dazu. Ich habe auch mit vielen anderen Europäern gesprochen. Warum kommen sie hierher? Sie bekommen dann tausend edle Antworten zu hören. Am Ende des Tages geht es aber nur darum, den Beweis zu erbringen, dass die Juden im Grunde schlechte Menschen sind."
Verteidigungsversuche
Svenja Koch von Brot für die Welt weist diese Kritik jedoch als falsch zurück. Ihre Organisation würde sich vor allem in Afrika und Asien engagieren. In Israel und den palästinensischen Gebieten fördert Brot für die Welt 20 Projekte. Für Israel belief sich die Summe der Förderung 2013 auf etwas über 1,3 Millionen Euro, für die palästinensischen Gebiete auf rund 2,2 Millionen Euro. Nicht viel im Vergleich zum jährlichen Gesamtvolumen von rund 150 Millionen Euro, sagt Brot für die Welt-Pressesprecherin Svenja Koch.
"Brot für die Welt arbeitet in ganz vielen Ländern der Erde und wir gehen nicht davon aus, dass weil wir aus Deutschland stammen, bestimmte Gebiete für uns tabu sind. Dieser generelle Vorwurf Antisemitismus gegen Deutsche ist auch bequem, weil das, was wir wollen, ist als christliche Organisation im Nahen Osten arbeiten und wir kritisieren Israel sicherlich, wir akzeptieren aber das Existenzrecht und das muss man voneinander trennen. Nehmen wir das Beispiel B'tselem, die werden auch von den Norwegern gefördert, von der EU-Kommission. Es ist ja nicht so, dass es eine deutsche Spezialität sei."
In der Regel unterstünden die Projektpartner von Brot für die Welt auch einer gründlichen Überprüfung, sowohl finanziell als eben auch inhaltlich. Dass die evangelische Kirche anti-zionistische Initiativen unterstützt, entspreche einfach nicht der Wahrheit. Auch die sogenannte BDS-Bewegung sei für Brot für die Welt tabu.
"Brot für die Welt unterstützt keine Kampagnen, die in irgendeiner Weise einen Boykott von israelischen Waren oder Waren, die in besetzten Gebieten produziert wurden. Das ist nicht unsere Art. Wir wehren und auch gegen eine Dämonisierung Israels. Diese BDS-Bewegung bezieht sich auf Boykott, dämonisiert und Delegitimierung. Brot für die Welt steht zum Existenzrecht Israels, es gibt also keine Delegitimierung. Die Dämonisierung lehnen wir auch ab, sondern es geht darum, in einzelnen Aspekten Kritik an der israelischen Regierung zu äußern und auch der dritte Punkt, Boykotte an Waren aus Israel, daran beteiligen wir uns nicht."
Unterstützung dubioser Medien
Doch so ganz will der evangelische Theologieprofessor Wolfgang Stegemann die Argumente von Brot für die Welt nicht gelten lassen. So ist ihm aufgefallen, dass seiner Meinung nach dubiose Publikationen wie die "PalästinaIsraelZeitung" von der evangelischen Hilfsorganisation unterstützt werden.
"Es ist vor allem die Einseitigkeit, in der diese Zeitung eingreifen will in den Konflikt zwischen den Arabern bzw. den Palästinensern und Israel auf der anderen Seite. Die Regierung in Israel wird rechtsradikal genannt, die extrem nationalistische jüdische Bevölkerung wäre zu barbarischen Taten fähig, eine allgemeine Menschenverachtung des Judentums gegenüber nicht-jüdischen Menschen wird behauptet, speziell arabischen, usw. Zugleich werden die Terrorattacken von Palästinensern gegenüber Israelis gerechtfertigt.
Sie sind sozusagen immer schon dadurch gerechtfertigt, weil Israel der Bösewicht im Stück ist und die Palästinenser sich nur verteidigen."
Stegemann hat generell ein Problem damit, dass sich gerade die deutsche Kirche dermaßen in die Politik Israels einmischt.
Stegemann hat generell ein Problem damit, dass sich gerade die deutsche Kirche dermaßen in die Politik Israels einmischt.
"Sie kann sagen, dass sie die Errichtung des Staates Israels als Zeichen der Treue Gottes versteht, wie das zum Beispiel die rheinische Kirche 1980 gesagt hat, und sollte nicht doppelte Standards anlegen, von Israel eine exklusive Gerechtigkeit verlangen und von den anderen gar nichts. Also das geht nicht und die Kirchen sollten sich nicht in die politischen Angelegenheiten dort einmischen."
Mehr Schaden als Nutzen
Insofern stimmt Theologieprofessor Wolfgang Stegemann auch der Kritik des jüdischen Publizisten Tuvia Tenenboom zu. Die vielen internationalen Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen würden wesentlich mehr Schaden anrichten, als dass sie den Nahost-Konflikt würden lösen helfen.
"Sie sollten sich komplett zurückziehen. Sie sind vorurteilsvoll geprägt. Sie sind keine ehrlichen Makler oder Vermittler. Wenn es NGOs gebe, die ehrliche Makler im Konflikt zwischen den Palästinensern und den Israelis sind, dann würde ich das sehr unterstützen, aber ich kenne keinen ehrlichen Makler."
"Tenenboom hat insofern recht, es ist doch auffällig, wie viel Millionen Euro durch NGOs, aber auch durch die europäischen Staaten und die USA in diesen Nahostkonflikt hineinfließen und gebracht hat es im Moment gar nichts.
Im Gegenteil, es gibt Menschen und zu denen zählt Tenenboom auch, die sagen: Wenn diese Euromillionen nicht fließen würden, wenn dieses Geld nicht ins Land fließen würde, hätten wir dort schon längst einen Frieden zwischen den Palästinensern und den jüdischen Staat."