Wenn über den Antiterrorkampf diskutiert wird, geht es nicht zuletzt auch immer darum, die richtige Balance zu finden, zwischen mehr Sicherheit und einem möglichst großen Maß an Freiheit. Beispiel: Die sogenannte Fluggastdatenspeicherung. Die EU-Innenminister und der EU-Innenkommissar sehen in der umfassende Sammlung und Speicherung diverser persönlicher Daten von Flugreisenden innerhalb der EU ein unverzichtbares Element im Kampf gegen den Terror.
"Wir brauchen ein solches EU-weites Gesetz für ein Mehr an Sicherheit aller Menschen, die in Europa leben."
In dieser Einschätzung weiß sich EU-Kommissar Avramopoulos in bester Gesellschaft der Mehrheit der EU-Regierungen. Allein, das EU-Parlament hatte im vergangenen Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf als nicht mit den Grundrechten und aus datenschutzrechtlichen Gründen mehrheitlich abgelehnt. Ein neuer Entwurf liegt noch nicht offiziell auf dem Tisch.
"Es gibt Denkpapiere, die irgendwie in der Straßenbahn gefundenen worden sind. Das ist eine umgangssprachliche Umschreibung dafür, dass sie durchgestochen worden sind. Es ist Aufgabe der Kommission, sich Gedanken zu machen, wie man aus dieser Blockade zwischen Rat und Parlament rauskommt."
Das, was "durchgestochen" wurde, wie Bundesinnenminister de Maizière es nennt, also schon bekannt geworden ist, überzeugt jedenfalls jemanden wie den grünen Datenschutzexperten Jan-Philipp Albrecht nicht.
"Ich glaube, dass ein solches System nicht vereinbar ist mit unseren freiheitlichen Vorstellungen, das Fundament, auf dem wir stehen. Und das sollten wir gerade in diesen Zeiten sehr, sehr engagiert verteidigen."
Prävention und Kooperation
Die Grünen im EU-Parlament haben andere Vorstellungen vom Anti-Terrorkampf.
"Was die Grünen im Europäischen Parlament schon lange fordern, ist dass es mehr Mittel gibt für die Kooperation zwischen den Behörden vor Ort und vor allen Dingen auch für die Prävention vor Ort."
Prävention war durchaus auch ein gewichtiges Stichwort bei den EU-Innenministern. Und dabei nahmen sie vor allem das Spielfeld Internet ins Blickfeld - diskutierten weiche und harte Maßnahmen.
"Die weiche Seite ist, andere Geschichten zu erzählen, als die, die diese islamistischen Extremisten und Terroristen erzählen."
Die harte Seite ist die, dass es möglich sein muss, terrorverherrlichende, zu Terror anstiftende Inhalte aus dem Netz zu nehmen. Dafür braucht man eine freiwillige Verpflichtung der sozialen Netzwerke und der Internetanbieter, auf Anfrage der Behörden auch Seiten zu löschen. Der Bundesinnenminister hofft auf diese Bereitschaft.
"Eine Selbstverpflichtung der Unternehmen wäre hilfreich und das sollten wir in Angriff nehmen."
Das Für und Wider von verschlüsselten E-Mails
Dazu muss das Netz deutlich mehr ins Visier genommen werden, müssen die EU-Staaten ihre Erkenntnisse auf europäischer Ebene besser und unmittelbarer zusammenführen, aber nur vier, fünf EU-Länder tun das bisher überhaupt. Manche ermitteln gar nicht systematisch im Internet.
"Wir haben das Gasim, wir haben ein solches Zentrum, wo Tag und Nacht Polizisten und Mitarbeiter der Sicherheitsdienste durch Angebote im Netz gehen, um zu ermitteln, um Kontakte raus zu kriegen, um Propaganda rauszukriegen. Und warum sollten wir jetzt dieses Gasim aufgeben, und es zu Europol verlegen? Aber wir können natürlich unsere Erkenntnisse teilen", erteilte de Maizière Überlegungen, bei der europäischen Polizeibehörde ein entsprechendes Gremium einzurichten eher eine Absage.
Ein weiteres Thema, das die EU-Innenminister diskutierten, ist das der zunehmenden Verschlüsselung von E-Mails - eine an sich gewünschte Entwicklung, die den unbefugten Zugriff auf persönliche Daten erschweren soll - aber auch zunehmend die Möglichkeit der Behörden erschwert, die Kommunikation aus einem terroristischen Umfeld im Netz zu beobachten. Brauchen Geheimdienste einen Zugang über eine Art Hintertür zu verschlüsselten Daten?
"Wir sagen den Menschen auch: Schließt eure Wohnung ab, damit keiner einbricht. Trotzdem darf die Polizei auch mal in eine Wohnung, und zwar, wenn sie eine Durchsuchung vornimmt. Der Staat soll im Internet nicht mehr, aber auch nicht weniger dürfen als außerhalb des Internets.
Heute werden die EU-Innen- und Justizminister sich mit der europäischen Datenschutzverordnung befassen - auch da die schwierige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit einer der Aspekte.