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Anwachsen der Salafistenszene
Zwischen Abschiebung und Aufklärung

Die Zahl radikalislamistischer Salafisten in Deutschland wächst stark – auf bis zu 7.000 bis Ende des Jahres, schätzt der Verfassungsschutz. Die Politik bietet verschiedene Vorschläge zur Bekämpfung der Terrorgefahr durch die Gruppe an. Einig ist sie sich dabei nicht immer.

Von Katharina Hamberger |
    Murat K. sitzt am 20.01.2014 in Bonn (Nordrhein-Westfalen) vor dem Landgericht auf der Anklagebank.
    Die Zahl gewaltbereiter Salafisten in Deutschland wächst. (dpa / Oliver Berg)
    6.300 Menschen sollen laut Verfassungsschutz bereits der salafistischen Szene in Deutschland angehören. Und die Zahl steigt. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen sagte am Wochenende, er gehe davon aus, dass es bis Jahresende 7.000 sein werden. Vor wenigen Jahren seien es noch 2.800 gewesen.
    Wie viele Frauen und Männer davon aus Deutschland nach Syrien und in den Irak ausgereist sind, um dort für den IS zu kämpfen, ist unklar. Offiziell sprechen die Sicherheitsbehörden von 450 Menschen. Laut Medienberichten könnte die Zahl aber auch viermal so hoch sein. Das wurde bislang nicht von offizieller Seite bestätigt. Die Sicherheitsbehörden sprechen im Moment von einer hohen abstrakten Gefahr eines Anschlages in Deutschland.
    CSU: Gewaltbereite Salafisten abschieben
    Nun diskutiert die Politik, über das weitere Vorgehen. Die Innenministerkonferenz hatte sich jüngst darauf geeinigt, dass möglichst verhindert werden soll, dass jemand ausreisen kann, der sich einer Terrorgruppe im Ausland anschließen will. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, CSU möchte jedoch gleichzeitig, dass mehr gewaltbereite Salafisten abgeschoben werden. Bei einer Gefahr für die Sicherheit hätten nationale Interessen Vorrang, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Hamburgs Bürgermeiste Olaf Scholz sagte gestern im ARD-Fernsehen zur Frage, ob es richtig ist abzuschieben oder gewaltbereite Salafisten an der Ausreise zu hindern:
    "Das ist in jedem Einzelfall sorgfältig. Da müssen die zuständigen Sicherheitsbehörden für jeden Einzelnen die richtige Entscheidung treffen. Was im Vordergrund stehen muss, ist die Sicherheit in Deutschland und das muss der Maßstab sein."
    Zudem wird über weitere Verschärfungen – vor allem im Strafrecht - debattiert. Auch innerhalb der Großen Koalition. SPD und Union sind sich hierbei nicht in allen Punkten einig. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte in der "Passauer Neuen Presse", Deutschland sei ein tolerantes Land, aber man müsste aufpassen, nicht an der falschen Stelle tolerant zu sein. Gegen den Salafismus müsse mit einer Kombination von Prävention und Repression vorgegangen werden.
    Maas: Strafrechtsverschärfungen ist Symbolpolitik
    Wie auch andere Unions-Politiker fordert Bosbach auch Werbung für eine terroristische Vereinigung unter Strafe zu stellen. Das lehnt Justizminister Heiko Maas, SPD ab. Er plant, einen Straftatbestand Terrorismusfinanzierung einzugführen und es soll strafbar werden, sich an schweren Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder sich für die Teilnahme an schweren Gewalttaten ausbilden zu lassen. Weitere Strafrechtsverschärfungen hält Maas für Symbolpolitik. Ähnlich sehen das auch die Grünen. Die Sprecherin der Grünen für innere Sicherheit, Irene Mihalic sagte unserem Hauptstadtstudio, dass das Gebot der Stunde sei:
    "Wenn von solchen Menschen in Deutschland eine Bedrohung ausgeht, dann müssen natürlich alle polizeirechtlichen Mittel, die heute schon zur Verfügung stehen angewandt werden. Und was natürlich auch der Fall sein muss, ist, dass wir unbedingt verhindern müssen, dass sich weitere Menschen radikalisieren und sich dem gewaltbereiten Salafismus zuwenden und da braucht es vor allem eine abgestimmte, koordinierte Präventions- und Deradikalisierungsstrategie.
    Aber nicht nur die steigende Zahl steigender Salafisten löst Besorgnis aus. Offenbar rekrutiert auch die in Deutschland terroristische Vereinigung eingestufte und verbotene kurdische PKK immer mehr Kämpfer für den Kampf gegen IS in Syrien und im Irak. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" gehen Sicherheitskreise von mindestens 50 Frauen und Männern aus, die ausgereist sind, um sich den PKK-Ablegern in Syrien und dem Irak anzuschließen.