Im weiten, neonblauen Nichts des Bühnenrunds leuchtet eine gelbe Gruft. Es springt heraus: der Schauspieler Wolfram Koch in quietschgelbem Glanzanzug. Er tritt an, den Weltuntergang zu performen – in 22 Kapiteln, Wort für Wort, in der Fassung der Luther-Bibel von 1545, voller Drachen, Tiere, Engel, Teufel, Posaunen, Blut und Hurerei.
"Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in der Kürze geschehen soll; und er hat sie gedeutet und gesandt durch seinen Engel zu seinem Knecht Johannes, … Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe."
In der Haltung des fassungslosen Erstaunens vor so viel Gottesgewaltigkeit performt Wolfram Koch den Text, ein virtuoser Clown mit kühlster Distanz zum Text: Er spuckt aus, flattert wie ein Vogel, wälzt sich am Boden, macht Liegestütze, rollt die Zunge heraus, rast durch den Raum. Hinter ihm her – trippelt stets eine schuljungenhaft gekleidete Souffleuse mit dem Textbuch. Die mittelalterlichen Luther-Worte sind wohl kaum in Gänze in einen menschlichen Kopf zu bekommen. Und in der Ferne wandelt dazu der Musiker Ingo Günther mit Nerdbrille in Vierecken, lässt Elektrofetzen blitzen, Harfensaiten schwingen oder Klanghölzer klopfen. Ein Farbenspiel in rot, gelb und blau färbt die runde, riesige Wand im Hintergrund.
"Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in der Kürze geschehen soll; und er hat sie gedeutet und gesandt durch seinen Engel zu seinem Knecht Johannes, … Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe."
In der Haltung des fassungslosen Erstaunens vor so viel Gottesgewaltigkeit performt Wolfram Koch den Text, ein virtuoser Clown mit kühlster Distanz zum Text: Er spuckt aus, flattert wie ein Vogel, wälzt sich am Boden, macht Liegestütze, rollt die Zunge heraus, rast durch den Raum. Hinter ihm her – trippelt stets eine schuljungenhaft gekleidete Souffleuse mit dem Textbuch. Die mittelalterlichen Luther-Worte sind wohl kaum in Gänze in einen menschlichen Kopf zu bekommen. Und in der Ferne wandelt dazu der Musiker Ingo Günther mit Nerdbrille in Vierecken, lässt Elektrofetzen blitzen, Harfensaiten schwingen oder Klanghölzer klopfen. Ein Farbenspiel in rot, gelb und blau färbt die runde, riesige Wand im Hintergrund.
Und genau in der Mitte des Textes, als die Offenbarung restlos in flammenden Hass und Vernichtungswillen übergeht, legt sich Koch einen Hebegurt an und wird triumphal empor in den Bühnenhimmel gefahren, wo er erst einmal minutenlang bleibt. Ein sehr lustiger Effekt, als würde sich die Johannes-Figur erst mal eine Runde mit Gott zu besprechen – der auf der ersten Spielebene natürlich gar nicht existiert. Hier wird eher die Leere gefeiert. In gemächlicher Erhabenheit wird Wolfram Koch dann auf einer riesigen Treppe heruntergefahren, die sich in die Gruft einpasst wie ein Tetris-Würfel, und macht weiter im Text, geißelt sich mit seinem Schlips, dreht sein Wendejackett zu tiefem Schwarz. Bis er zum Klang der sieben Plagen seine Kleidungsstücke wegpfeffert und hinter der Treppe verschwindet und danach vollends als Clown wiederkehrt: im rot-gelb-blauen Harlekin-Anzug.
Wolfram Kochs virtuoses Können
"Und die HEUSCHRECKEN!!! Sind gleich den Rossen….die zum Kriege bereit sind… und auf ihren Häuptern die Kronen dem Golde gleich. Und ihr Gesicht gleicht dem Menschen Antlitz… und ihr Haaaaar… wie Weiber… Haaaaar und hat Löwen wie der Löwen und hat Schwänze wie der Skorpionenschwänze… und STACHELN! An den Skorpionenschwänzen… aaaaa…aaaa…."
Wolfram Koch fährt virtuos sein Können auf. Regisseur Herbert Fritsch, der wie immer auch sein eigener Bühnenbildner ist, setzt routiniert seine Licht- und Farbspielereien mit Spektralfarben und gestischen Brüchen dazu ein. Es ist immer wieder witzig, wenn der Erzähler sich brustschlagend ereifert, um dann wieder wie eine Springpuppe heiter in und aus der gelben Gruft zu hüpfen. Ein lachendes Atom im Weltall, was bleibt einem anderes übrig beim kommenden Untergang – das überschreibt geradezu in nietzschehaft die Offenbarung des Johannes: der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss. Fritsch inszeniert damit ausnahmsweise einmal so etwas wie eine philosophische Ahnung in den Text hinein: das Menschenende als letzter Witz.
Dennoch geht der Abend nicht ganz auf. Es ist auf die Dauer immens störend, den Text stets gedoppelt zu hören, es wirkt wie eine unfertige Notlösung. Die Synchron-Soufflierung erlaubt zudem keinerlei Pausen: Rasend hetzt Wolfram Koch durch den gewaltigen Text, der so viel von seiner Wirkung verpasst. Er spricht ihn zunehmend weniger durchdacht, scheint immer stärker zu improvisieren. Und so wirkt die "Apokalypse" dann am Ende doch eher nur wie eine szenische Lesung eines grandios wirkungsbewussten Schauspielers mit routinierten Regisseurs-Effekten. Eine auch noch herausgehauene Premiere zum Ende der Spielzeit. Mehr Gedanken wären schön.