"Das Fahrrad flackert faul, was immer ich auch tue."
Ein kleines "Gedicht". Ein "Tiny Poem" aus der gleichnamigen App. Eine Art
"Generative Poesie. Das heißt nicht Gedichte, die vorgefertigt sind,"
"Generative Poesie. Das heißt nicht Gedichte, die vorgefertigt sind,"
sondern von einem Computer per Zufall erstellt werden. Jörg Piringer ist studierter Informatiker. Und Künstler. Seine digitale Lyrik veröffentlicht er unter anderem: als App.
"Weil wir ja auch in einer Welt leben, wo Computer eine Rolle spielen, eine immer größere. Wo es inzwischen sogar so weit ist, dass man die meisten Computer gar nicht mehr als Computer wahrnimmt. Das ist mein Versuch, das spürbar zu machen. Was macht diese Technologie mit unserem täglichen Leben?"
Virtuelle Bäume und vieles mehr
Mit unserem Zeitgefühl, warum brauchen wir eine Uhr, die viel mehr als nur die Uhrzeit anzeigen kann? Mit dieser App könnte Piringer in diesem Jahr ein zweites Mal den AppArtAward gewinnen.
"App Art ist Kunst in Format von Apps. Kunst auf der Basis von Software Programmen, die die Künstler entweder selbst oder in gemeinschaftlicher Arbeit mit Programmierern erstellen."
Christiane Riedel. Leitet das Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Sie hat den Preis für die Kunst to go auf dem Smartphone vor fünf Jahren initiiert. Reizvoll ist für sie:
"Dass es eben nicht nur eine künstlerische Methode ist, Kunst zu kreieren, sondern, dass es gleichzeitig eben auch ein Distributionsweg ist. Der direkt vom Produzenten an den Usern gehen kann."
Der direkte Weg zum Konsumenten
Keine Galerie, kein Verlag, kein Label steht zwischen Konsument und Künstler. Kunst im digitalen App-Shop? Gibt's als Kategorie neben Lifestyle, Musik oder Unterhaltung nicht. Trotzdem: Manchmal laden an die 50.000 ein interaktives Musikinstrument, visuelle Experimente oder ungewöhnliche "Games" herunter.
Es regnet. Und schon wachsen Bäume auf dem digitalen, grünen Berg. Und der Nutzer? Schaut zu. Ein Spiel ohne spielen. Die App
"Mountain" ist ein gelungenes Beispiel der Game Art, weil sie den Nutzer aus der digitalen Dauerbeschallung befreit. Reizvoll ist die App Art auch dann, wenn sie nicht nur grafisch-visuelle Spielereien vorführt, sondern mit den speziellen Möglichkeiten des Smartphones spielt. Wie App "Radwende", die Daten will. Darin ist das Smartphone ein Meister.
Radwende verfolgt ihre Nutzer, wenn sie in die Pedale treten. Tracking – das, was die ganzen Fitness-Apps anbieten – mal anders. Dadurch entsteht ein Fahrradstadtplan für Wiesbaden. So, wie er wirklich genutzt und benötigt wird. Fast schon politisch, diese Crowd Art.
"Ein Thema, was neu aufkommt. Es geht nicht darum, ein Ziel zu verfolgen oder Levels - sondern tatsächlich eine Community zu bilden und mit denen ein Kunstwerk zu kreieren."
Auch die Klassiker gibt es noch
Klassische App-Kunst dagegen: die Sound Art.
Neon Punkte und dünne Striche folgen dem Finger auf dem Smartphone. Und kreieren, naja, einen Sound. Die App EDMT soll funktionieren
"wie ein Instrument halt. Man kauft sich eine Geige und kann dann spielen. In dieser audiovisuellen Ausdrucksweise gibt's das nicht."
Tilman Porschütz ist Teil des EDMT-Teams. Eine App, die Grafik und Klang verbindet.
"Es ist ein kleiner Computer in der Hosentasche von Tausenden Leuten. Auf dem wir auf einmal Instrumente bauen können, für die wir sonst irgendwie drei Computer zusammen schließen müssen."
Viele Sound-Art-Apps variieren die Grundidee mit dem Ziel: Komponieren, Musik machen, Auflegen für jeden mal eben in der Bahn möglich zu machen. Ziemlich demokratisch.
Altbekanntes aufwärmen, wenig Neues
Kunst to go. Eine zusätzliche Einnahmequelle für Künstler oder Werbeplattform für ihre Arbeit im Offline-Leben. Im fünften Jahr des AppArtAwards wirken die kleinen Kunstwerke professioneller, variieren aber oft nur vorhandene Ideen.
Überzeugen können vor allem Apps wie Pirinigers "Tiny Poems", die unsere Smartphone-Nutzung hinterfragen. Vielleicht also nicht zum 85. Mal am Tag die Mails checken, sondern durch die digitale Galerie in der Hosentasche surfen. Es lohnt sich.