Man kann sie mitten in der Nacht anrufen, sie tragen dir die Kisten beim Umzug, sie hören sich stundenlang deine Beziehungsprobleme an und verzeihen dir so manchen Fehler: Freunde. Der Stellenwert von Freundschaften ist heute hoch. Viele nennen ihre Freunde in einem Atemzug mit der Familie, nicht wenige sehen ihre Freunde sogar als Teil der Familie. "Du gehörst doch zur Familie!", heißt es dann. Freunde bieten Stabilität in unsicheren Zeiten. Familienbande werden brüchig, Partnerschaften gehen auseinander, Zukunftssorgen beschäftigen uns. Freunde bleiben. Und ersetzen manchen sogar ganz die Familie. Wie in der 90er-Jahre-US-Serie "Friends", in der die Hochs und Tiefs im Leben nur im Freundeskreis geteilt werden.
An die Freundschaft haben wir hohe Erwartungen. Ein Freund ist "eine Seele in zwei Körpern", schrieb schon Aristoteles. Seelenverwandtschaft suchen wir nicht nur in Liebesbeziehungen, sondern auch in Freundschaften. Im Kindergarten ist es uns noch egal, mit wem wir spielen, aber je älter wir werden, desto mehr achten wir darauf, uns Freunde zu suchen, die uns ähnlich scheinen und unsere Wertvorstellungen teilen. Auch als Bestätigung der eigenen Person.
Aber was genau ist Freundschaft? Und was macht sie aus? Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort. Freundschaft ist etwas sehr Subjektives. Auch Forscher tun sich schwer mit einer genauen Definition. Sympathie, Nähe, Vertrauen, Freiwilligkeit - all das sind wichtige Merkmale. Wirklich nah fühlen wir uns meist nur sehr wenigen Personen. Auch in Zeiten hunderter Facebook-Freundschaften haben wir größtenteils nur bis zu fünf Freundschaften, die wir als sehr eng bezeichnen würden.
Wie Beziehungen können auch Freundschaften enden - meist enden sie aber viel stiller und schleichender. Manchmal durch den Verlust der räumlichen Nähe, oft auch durch einen neuen Lebenspartner mit einem anderen Freundeskreis. Selbstverständlich können Freundschaften auch mit einem Knall enden. Wenn Neid, Eifersucht oder Betrug im Spiel sind, werden aus Freunden manchmal Feinde.
Unser April-Exponat aus dem Erkenbert-Museum in Frankenthal zeigt, dass man schon seit Jahrhunderten das Bedürfnis verspürt, seine Freundschaften festzuhalten. In sogenannten Freundschaftsbüchern versicherte sich der Besitzer der Freundschaft mehrerer Personen. Die Eintragungen bestehen stets aus einem Gruß, einem Gedicht oder einigen persönlichen Zeilen sowie auch Zitaten. Dem Text wurden dann kolorierte Zeichnungen (Feder oder Tusche) beigefügt. Je nach Talent und Einfallsreichtum des Schreibers haben diese Bildchen somit eine recht unterschiedliche Qualität.
Ein Stammbuch bewahrte der Eigentümer bis zum Lebensende in Erinnerung an die eigene Jugend auf. Im 19. Jahrhundert kamen die Bücher wieder aus der Mode und wurden durch Souvenirs ersetzt. Das Erkenbert-Museum in Frankenthal besitzt insgesamt fünf Stammbücher aus dem späten 18. Jahrhundert.
Ein Stammbuch bewahrte der Eigentümer bis zum Lebensende in Erinnerung an die eigene Jugend auf. Im 19. Jahrhundert kamen die Bücher wieder aus der Mode und wurden durch Souvenirs ersetzt. Das Erkenbert-Museum in Frankenthal besitzt insgesamt fünf Stammbücher aus dem späten 18. Jahrhundert.
Inspiration im April bietet euch neben dem Erkenbert-Museum auch unsere Monatsautorin Monika Rinck. Ihr Gedicht FREUNDSCHAFT gibt eine mögliche Definition des Konzepts Freundschaft.
FREUNDSCHAFT
Andre Funktionen beobachten wir. Andre Rochaden. Gedacht sei
ein gemeinsamer Aufmerksamkeitsraum, der nicht allein, sondern
nur in Begleitung eines Freundes oder einer Freundin betretbar ist.
Wenige sind so gefertigt, dass man wie wehend zu dritt läuft darin.
Viele sind strenger noch in der Zweizahl, als der Paarraum es ist.
Und doch nicht. Der Freund und die Freundin würden es nie wagen,
nie wollen, den Raum zuzuzurren. Im Spiegel erkennt man das nicht.
Aus Respekt vor der Freundschaft darf der Freund oder die Freundin
sich auch in falsche, böse, schwache und dumme Menschen verlieben,
das wird nicht verhindert, sondern begleitet. Man teilt es. Freundschaft
ist teurer als das, denn in der Freundschaft kann, anders als in der Liebe,
Gleichgültigkeit niemals zum Vertrauensbeweis avancieren. Oder Nähe
heimlich aus schlechter Behandlung entstehen. Mimetisches Begehren
wird über Teilhabe geregelt. Das Slowenische nutzt hierfür den Dual.
ein gemeinsamer Aufmerksamkeitsraum, der nicht allein, sondern
nur in Begleitung eines Freundes oder einer Freundin betretbar ist.
Wenige sind so gefertigt, dass man wie wehend zu dritt läuft darin.
Viele sind strenger noch in der Zweizahl, als der Paarraum es ist.
Und doch nicht. Der Freund und die Freundin würden es nie wagen,
nie wollen, den Raum zuzuzurren. Im Spiegel erkennt man das nicht.
Aus Respekt vor der Freundschaft darf der Freund oder die Freundin
sich auch in falsche, böse, schwache und dumme Menschen verlieben,
das wird nicht verhindert, sondern begleitet. Man teilt es. Freundschaft
ist teurer als das, denn in der Freundschaft kann, anders als in der Liebe,
Gleichgültigkeit niemals zum Vertrauensbeweis avancieren. Oder Nähe
heimlich aus schlechter Behandlung entstehen. Mimetisches Begehren
wird über Teilhabe geregelt. Das Slowenische nutzt hierfür den Dual.
(aus: Monika Rinck, Honigprotokolle, kookbooks 2012)
Was macht Freundschaft für euch aus? Erzählt uns von euren Freundschaftsmomenten: Unvergessliche, schöne, traurige, wütende. Habt ihr schon einmal eine Freundschaft beendet? Wie wichtig sind euch eure Freunde? Was würdet ihr für sie tun?
Wir freuen uns auf eure Einsendungen zum Thema Freundschaft!
Hier findet ihr unsere E-Mail-Vorlage. Die aktuellen Wettbewerbsbedingungen könnt ihr online nachlesen.
Monika Rinck, geboren 1969 in Zweibrücken, lebt in Berlin. Sie studierte Religionswissenschaft, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Bochum, Berlin und Yale. Sie verfasst Lyrik, Prosa und Essays, die sie in zahlreichen Anthologien (u.a. Der Große Conrady) und Literaturzeitschriften (u.a. BELLA triste, Poetenladen) veröffentlichte, und ist als Übersetzerin tätig. Darüber hinaus schrieb sie Liedtexte für den italoberlino Liedermacher Bruno Franceschini und die Komponisten Franz Tröger und Bo Wiget.
Zu ihren wichtigsten Gedichtbänden gehören: Verzückte Distanzen (2004), zum fernbleiben der umarmung (2007), Helle Verwirrung (2009) sowie Honigprotokolle (kookbooks 2012). Für die Honigprotokolle erhielt Monika Rinck 2013 den Peter-Huchel-Preis.
In ihrem begriffsstudio (www.begriffsstudio.de), einem work in progress im Internet (eine erste Auswahl ist in Buchform 2001 erschienen) "archiviert und sondiert sie merkwürdige Begriffsprägungen und Wortbildungen", schreibt Michael Braun, "die uns der Medien-Alltag zuspielt."
Gemeinsam mit Ann Cotten und Sabine Scho tritt sie seit 2008 als Rotten Kinck Schow auf. Sie lehrte u.a. am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin. Seit 1999 arbeitet sie beim rbb-Inforadio.
Zu ihren wichtigsten Gedichtbänden gehören: Verzückte Distanzen (2004), zum fernbleiben der umarmung (2007), Helle Verwirrung (2009) sowie Honigprotokolle (kookbooks 2012). Für die Honigprotokolle erhielt Monika Rinck 2013 den Peter-Huchel-Preis.
In ihrem begriffsstudio (www.begriffsstudio.de), einem work in progress im Internet (eine erste Auswahl ist in Buchform 2001 erschienen) "archiviert und sondiert sie merkwürdige Begriffsprägungen und Wortbildungen", schreibt Michael Braun, "die uns der Medien-Alltag zuspielt."
Gemeinsam mit Ann Cotten und Sabine Scho tritt sie seit 2008 als Rotten Kinck Schow auf. Sie lehrte u.a. am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin. Seit 1999 arbeitet sie beim rbb-Inforadio.
Siehe auch www.poetenladen.de/monika-rinck.htm
Das Erkenbert-Museum in Frankenthal präsentiert auf drei Etagen die Stadtgeschichte der einstigen Festungs- und Garnisonsstadt, die auch als Dritte Haupstadt der Kurpfalz bekannt war.
Zu den bedeutendsten Ausstellungsobjekten zählen die merowingischen Gräber samt Beigaben (ab 500 n. Chr.), der Gemäldebestand der Frankenthaler Malerschule um 1600 (z. B. Anton Mirou, Pieter Schoubroeck und Gillis van Coninxloo) sowie eine umfassende Sammlung Frankenthaler Porzellans aus dem 18. Jahrhundert, das auch an europäischen Fürstenhöfen Verwendung fand. Gemälde und Zeichnungen Frankenthaler Maler vom 19. Jahrhundert (z. B. Cäsar Willich) bis zur Gegenwart (z.B. Emil Szymanski) sowie die erhaltenen Einrichtungen bürgerlicher Wohnstuben von der Aufklärung bis zum Historismus markieren wichtige Eckpunkte des Sammlungsspektrums.
Darüber hinaus dokumentiert das Erkenbert-Museum die Entwicklung von der sogenannten Fabriquenstadt aus der Zeit des Kurfürsten Carl Theodor (1724-1799) (Glockengießerei, Herstellung von Tuchwaren) bis hin zur modernen Industriestadt des 20. Jahrhunderts (Zuckerfabrik, Produktion von Druckmaschinen, Pumpen und Turbinen).
Der Name des Museums geht auf den aus Worms stammenden Erkenbert, eigentl. Eckenbert (um 1079-1132), zurück, der 1119 das Augustiner-Chorherrenstift in Frankenthal gründete. Von der ehemaligen St. Maria Magdalena -Stiftskirche, einem romanischen Pfeilerbau, ist jedoch nur eine Ruine erhalten.
Zu den bedeutendsten Ausstellungsobjekten zählen die merowingischen Gräber samt Beigaben (ab 500 n. Chr.), der Gemäldebestand der Frankenthaler Malerschule um 1600 (z. B. Anton Mirou, Pieter Schoubroeck und Gillis van Coninxloo) sowie eine umfassende Sammlung Frankenthaler Porzellans aus dem 18. Jahrhundert, das auch an europäischen Fürstenhöfen Verwendung fand. Gemälde und Zeichnungen Frankenthaler Maler vom 19. Jahrhundert (z. B. Cäsar Willich) bis zur Gegenwart (z.B. Emil Szymanski) sowie die erhaltenen Einrichtungen bürgerlicher Wohnstuben von der Aufklärung bis zum Historismus markieren wichtige Eckpunkte des Sammlungsspektrums.
Darüber hinaus dokumentiert das Erkenbert-Museum die Entwicklung von der sogenannten Fabriquenstadt aus der Zeit des Kurfürsten Carl Theodor (1724-1799) (Glockengießerei, Herstellung von Tuchwaren) bis hin zur modernen Industriestadt des 20. Jahrhunderts (Zuckerfabrik, Produktion von Druckmaschinen, Pumpen und Turbinen).
Der Name des Museums geht auf den aus Worms stammenden Erkenbert, eigentl. Eckenbert (um 1079-1132), zurück, der 1119 das Augustiner-Chorherrenstift in Frankenthal gründete. Von der ehemaligen St. Maria Magdalena -Stiftskirche, einem romanischen Pfeilerbau, ist jedoch nur eine Ruine erhalten.