Die Mall Road, Ecke Queens Road in Lahore. Straßenverkäufer laufen zwischen den Autos herum, die an den roten Ampeln warten, und halten Zeitungen in die Höhe. Auch die Kioske am Straßenrand bieten Dutzende von Tageszeitungen zum Verkauf an – Pakistan hat eine vielfältige Presselandschaft, aber Journalisten kommen in der politisch und religiös aufgeheizten Atmosphäre des Landes immer mehr unter Druck.
Sicherheitskontrolle in einem großen Hotel in Lahore. Schwere Betonsperren riegeln das Hotel ab, Fahrzeuge werden kontrolliert.
Jeder Besucher muss durch einen Metalldetektor treten – auch Sabah Imtiaz, eine kleine, zierliche Frau Anfang 30, die hier ein Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung besucht. Sie arbeitet für die "Express Tribune" in Karachi, der Finanzmetropole Pakistans. Religiös motivierter Terror sei hier weniger das Problem, so erzählt sie, als eine gewaltgeladene politische Atmosphäre. Immer wieder liefern sich konkurrierende Parteien und deren Anhängerschaften blutige Straßenschlachten.
"Viele politische Parteien in Karatschi wurden zunächst als kriminelle Organisationen gegründet und haben heute noch ausgewachsene kriminelle Flügel. Und deshalb werden wir Reporter oft von unseren Redakteuren oder den Herausgebern angehalten, nicht ehrlich zu berichten. Wenn ein Mitglied einer Partei verhaftet wird, wird uns oft vorgeschrieben, nicht die Partei des Verhafteten zu nennen. Wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen politischen Parteien gibt, dann wird oft die weniger mächtige und einflussreiche genannt, die andere hingegen nicht."
Ihre Kollege Rahimullah Yussufsai ist Herausgeber der "News International", einer englischsprachigen Tageszeitung in Peshawar, im Nordwesten von Pakistan, dort, wo die Taliban ständig präsent sind. Auch er erzählt, dass die Gefahr bei Weitem nicht nur von gewaltbereiten Islamisten ausgeht. Gewalt gegen Journalisten werde von allen Seiten ausgeübt:
"Wir, die Journalisten, sind oft mit Gewalttätigkeit und Terrorismus konfrontiert. Und es gibt immer auch tiefsitzende, alte politische Probleme. Gleichzeitig ist der Nordwesten eine Stammesgesellschaft, also wird auch oft von den Stämmen Druck ausgeübt. Wir leiden darunter am meisten. Mehr Menschen, mehr Journalisten sind in meinem Teil von Pakistan getötet worden als irgendwo anders im Land."
20 Journalisten sind im vergangenen Jahr im Nordwesten Pakistans ermordet worden. Nicht nur die religiösen Extremisten und lokale Stammesfürsten, auch die Sicherheitsorgane versuchen, Journalisten gezielt einzuschüchtern, bis hin zum Mord – und einige dieser Morde, so vermutet man zumindest, gehen auf das Konto des pakistanischen Geheimdienstes.
Viele Journalisten haben den nordwestlichen Landesteil mittlerweile verlassen, andere haben ihren Beruf ganz aufgegeben.
Der Druck wird auf ganz unterschiedliche Weise ausgeübt. Missliebige Journalisten erhalten Drohungen gegen sich und ihre Familien. Meist geht es um die Nichtveröffentlichung von Informationen, zum Beispiel über Korruption, die lokale Würdenträger oder das Militär in Verlegenheit bringen könnten. Den Taliban und anderen Extremisten ist vor allem an ihrem Image gelegen. Sie verlangen oft, in den Medien nicht als Terroristen bezeichnet zu werden, sondern als Märtyrer.
Jede Konfliktpartei ist darauf bedacht, ihre Version der Realität durchzusetzen, wenn nötig, mit Gewalt. Auch die religiösen Extremisten der Al-Kaida sind trotz ihres reaktionären Weltbildes Meister im modernen Umgang mit der Öffentlichkeit.
Rahimullah Yussufsai ist einer der wenigen Journalisten, die Osama Bin Laden interviewt haben, und das gleich zweimal. Beim zweiten Mal, im Jahr 1998, ging Bin Laden an einem Stock. Rahimullah Yussufsai machte Fotos, was Bin Laden bemerkte.
"Er rief einen seiner Gefolgsleute und flüsterte etwas in dessen Ohr. Dieser Mann kam dann zu mir und sagte: Scheich Osama will, dass diese Bilder vernichtet werden. Er will nicht gesehen werden, wie er an einem Stock geht, und schwach oder krank aussehen. Wissen Sie, er wusste genau, wie er sich präsentieren musste, er wusste genau, wie man die Medien benutzt."
Nicht nur für solche Besuche in der "Höhle des Löwen" fordern Journalistenorganisationen einen besseren Schutz der Reporter durch ihre Arbeitgeber: Durch kugelsichere Westen und besseres Training, durch die Möglichkeit, sich gegen im Dienst erlittene Verletzungen zu versichern. Meist ist die teuren Fernsehkameras versichert, nicht aber der Kameramann.
Immer mehr Journalisten gehen dazu über, sich bei der Arbeit von privaten Sicherheitsleuten schützen zu lassen. Dennoch leben sie ständig mit der Angst, dass Familienangehörige entführt oder getötet werden könnten. Die Gefahr, das macht Rahimullah Yussufsai seinen Mitarbeitern seiner Zeitung immer wieder klar, ist ein ständiger Begleiter für alle, die diesen Beruf ausüben. Er gibt ihnen vor allem diesen Rat mit auf den Weg:
""Ich sage meinen Reportern immer wieder, dass das Leben sehr wertvoll ist. Man muss Risiken eingehen, aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Opfert nicht euer Leben für eine Geschichte. Eine Geschichte wird veröffentlicht oder gesendet, aber euer Leben bekommt ihr nicht wieder.""
Sicherheitskontrolle in einem großen Hotel in Lahore. Schwere Betonsperren riegeln das Hotel ab, Fahrzeuge werden kontrolliert.
Jeder Besucher muss durch einen Metalldetektor treten – auch Sabah Imtiaz, eine kleine, zierliche Frau Anfang 30, die hier ein Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung besucht. Sie arbeitet für die "Express Tribune" in Karachi, der Finanzmetropole Pakistans. Religiös motivierter Terror sei hier weniger das Problem, so erzählt sie, als eine gewaltgeladene politische Atmosphäre. Immer wieder liefern sich konkurrierende Parteien und deren Anhängerschaften blutige Straßenschlachten.
"Viele politische Parteien in Karatschi wurden zunächst als kriminelle Organisationen gegründet und haben heute noch ausgewachsene kriminelle Flügel. Und deshalb werden wir Reporter oft von unseren Redakteuren oder den Herausgebern angehalten, nicht ehrlich zu berichten. Wenn ein Mitglied einer Partei verhaftet wird, wird uns oft vorgeschrieben, nicht die Partei des Verhafteten zu nennen. Wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen politischen Parteien gibt, dann wird oft die weniger mächtige und einflussreiche genannt, die andere hingegen nicht."
Ihre Kollege Rahimullah Yussufsai ist Herausgeber der "News International", einer englischsprachigen Tageszeitung in Peshawar, im Nordwesten von Pakistan, dort, wo die Taliban ständig präsent sind. Auch er erzählt, dass die Gefahr bei Weitem nicht nur von gewaltbereiten Islamisten ausgeht. Gewalt gegen Journalisten werde von allen Seiten ausgeübt:
"Wir, die Journalisten, sind oft mit Gewalttätigkeit und Terrorismus konfrontiert. Und es gibt immer auch tiefsitzende, alte politische Probleme. Gleichzeitig ist der Nordwesten eine Stammesgesellschaft, also wird auch oft von den Stämmen Druck ausgeübt. Wir leiden darunter am meisten. Mehr Menschen, mehr Journalisten sind in meinem Teil von Pakistan getötet worden als irgendwo anders im Land."
20 Journalisten sind im vergangenen Jahr im Nordwesten Pakistans ermordet worden. Nicht nur die religiösen Extremisten und lokale Stammesfürsten, auch die Sicherheitsorgane versuchen, Journalisten gezielt einzuschüchtern, bis hin zum Mord – und einige dieser Morde, so vermutet man zumindest, gehen auf das Konto des pakistanischen Geheimdienstes.
Viele Journalisten haben den nordwestlichen Landesteil mittlerweile verlassen, andere haben ihren Beruf ganz aufgegeben.
Der Druck wird auf ganz unterschiedliche Weise ausgeübt. Missliebige Journalisten erhalten Drohungen gegen sich und ihre Familien. Meist geht es um die Nichtveröffentlichung von Informationen, zum Beispiel über Korruption, die lokale Würdenträger oder das Militär in Verlegenheit bringen könnten. Den Taliban und anderen Extremisten ist vor allem an ihrem Image gelegen. Sie verlangen oft, in den Medien nicht als Terroristen bezeichnet zu werden, sondern als Märtyrer.
Jede Konfliktpartei ist darauf bedacht, ihre Version der Realität durchzusetzen, wenn nötig, mit Gewalt. Auch die religiösen Extremisten der Al-Kaida sind trotz ihres reaktionären Weltbildes Meister im modernen Umgang mit der Öffentlichkeit.
Rahimullah Yussufsai ist einer der wenigen Journalisten, die Osama Bin Laden interviewt haben, und das gleich zweimal. Beim zweiten Mal, im Jahr 1998, ging Bin Laden an einem Stock. Rahimullah Yussufsai machte Fotos, was Bin Laden bemerkte.
"Er rief einen seiner Gefolgsleute und flüsterte etwas in dessen Ohr. Dieser Mann kam dann zu mir und sagte: Scheich Osama will, dass diese Bilder vernichtet werden. Er will nicht gesehen werden, wie er an einem Stock geht, und schwach oder krank aussehen. Wissen Sie, er wusste genau, wie er sich präsentieren musste, er wusste genau, wie man die Medien benutzt."
Nicht nur für solche Besuche in der "Höhle des Löwen" fordern Journalistenorganisationen einen besseren Schutz der Reporter durch ihre Arbeitgeber: Durch kugelsichere Westen und besseres Training, durch die Möglichkeit, sich gegen im Dienst erlittene Verletzungen zu versichern. Meist ist die teuren Fernsehkameras versichert, nicht aber der Kameramann.
Immer mehr Journalisten gehen dazu über, sich bei der Arbeit von privaten Sicherheitsleuten schützen zu lassen. Dennoch leben sie ständig mit der Angst, dass Familienangehörige entführt oder getötet werden könnten. Die Gefahr, das macht Rahimullah Yussufsai seinen Mitarbeitern seiner Zeitung immer wieder klar, ist ein ständiger Begleiter für alle, die diesen Beruf ausüben. Er gibt ihnen vor allem diesen Rat mit auf den Weg:
""Ich sage meinen Reportern immer wieder, dass das Leben sehr wertvoll ist. Man muss Risiken eingehen, aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Opfert nicht euer Leben für eine Geschichte. Eine Geschichte wird veröffentlicht oder gesendet, aber euer Leben bekommt ihr nicht wieder.""