Die Denkfabrik des Deutschlandfunks hat sich in diesem Jahr Arbeitsbedingungen zum Thema gemacht. Und während geregelte Arbeitszeiten, bezahlter Urlaub und Arbeitsverträge für normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbstverständlich sind, sind Profisportlerinnen und Profisportler meistens auf sich alleine gestellt. Und nur die wenigsten Athletinnen und Athleten sind Millionäre. Dazu ist ihr Körper noch ihr Kapital.
Um die Interessen der Sportlerinnen und Sportler zu vertreten, haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Vereinigungen gegründet. Eine davon ist die VDV, die Vereinigung der Vertragsfußballspieler in Deutschland. Gegründet hat sie 1987 Benno Möhlmann, ehemaliger Profifußballer und Trainer in der Bundesliga.
"Der Ansatz war im Grunde, dass es mich gestört hat, dass bei allen möglichen Fußball-Themen zwar ab und an ein Spieler auch gefragt wurde und seine Meinung einbringen konnte, aber das überhaupt nicht koordiniert war. Und insofern wollte ich einfach eine Stelle schaffen, dass wir uns innerhalb der Spielergruppe austauschen können", sagte Möhlmann im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Auch Ex-Basketballer Johannes Herber hat sich gegen Ende seiner aktiven Karriere immer mehr für die Rechte von Sportlerinnen und Sportlern eingesetzt. Heute ist er Geschäftsführer des Vereins Athleten Deutschland, der die Interessen der deutschen Kaderathletinnen und -athleten vertritt. "Es gibt einfach Macht- und Informationsasymmetrien zwischen Arbeitgebern und Verbänden und denjenigen, die am Ende auf dem Platz stehen und die Leistung bringen und natürlich auch den eigentlichen Wert schaffen."
Mit Athleten Deutschland arbeite er nun daran, das "Machtungleichgewicht Stück für Stück auszugleichen", sagte Herber. Der grundlegende Impuls sei jedoch gewesen, "eine Plattform zu schaffen, die untereinander Transparenz schafft, die auch Athletinnen und Athleten zusammenbringt und auch eine Art Solidaritätsgefühl gibt."
Keine Gewerkschaften
Aber weder Athleten Deutschland noch die VDV verstehen sich als Gewerkschaft. Auch weil das Wort Gewerkschaft damals ein Reizwort gewesen sei, sagte Möhlmann. "Ich habe auch Gespräche mit der DAG geführt, die uns gerne als eigene Abteilung in den Gewerkschaftsbund mit einbeziehen wollten. Und das haben wir dann nicht gemacht, weil wir eine unabhängige Stelle bleiben wollten. Und wir sind von uns aus auch ein bisschen weggerückt von dem Wort Gewerkschaft, weil wir nicht vorhatten, Tarifverträge in unseren Forderungskatalog mit aufzunehmen."
Auch Athleten Deutschland nutze das Wort Gewerkschaft im eigenen Sprachgebrauch nicht. Allerdings habe Herber mit dem Begriff "überhaupt keine Berührungsängste": "Man muss auch schon sagen, dass wir Aufgaben übernehmen, die einer Gewerkschaft sehr ähnlich sind."
Wütend darüber, dass Sportlerinnen und Sportler nicht die gleichen Rechte genießen, wie anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sei Herber nicht. Die Situation sei historisch gewachsen. Dennoch sei es die Aufgabe von Athleten Deutschland, daran zu arbeiten, dass Profisport als ein Beruf wahrgenommen wird. "Das ist nicht einfach ein Hobby, das sie da betreiben. Es ist ein Beruf, den sie wählen. Der sollte eben auch mit der entsprechenden Absicherung versehen sein."
"Mittlerweile viele gewerkschaftliche Aufgaben"
Möhlmann habe früher öfter gehört, dass man als Profifußballer doch eigentlich froh sein sollte über seine Situation. "Und das war auch vom Ansatz her damals nicht unrichtig", sagte er. "Und es ist ja auch so gewesen, dass wir zu dem Zeitpunkt schon ganz gut dastanden, aber trotzdem Probleme hatten."
Letztlich wollte die VdV dafür sorgen, "dass die, die ja auch letztlich die Hauptakteure sind, auch daran mitwirken können, mit ihren Standpunkten und ihrer eigenen Meinung. Und mittlerweile macht die VDV auch viele gewerkschaftliche Aufgaben, aber auch Aufgaben, die darüber hinausgehen."
Einen organisierten Streik halten sowohl Möhlmann als auch Herber im Sport dagegen aktuell für nicht durchführbar. "Bisher war Streik auch kein Thema, auch im Hinblick auf die Olympischen Spiele, weil wir natürlich wissen, wie viel für die Athletinnen und Athleten an diesen Spielen hängt."
Ausschließen will Herber das Thema Streik aber nicht, gerade in Mannschaftssportarten. "Aber es muss natürlich auch ein sehr großes Anliegen sein, dass die Athletinnen und Athleten emotional und vielleicht sogar existenziell mobilisieren kann."
Belastungssteuerung ein wichtiges Thema
Ein wichtiges Thema bei der Vereinigungen ist das Thema Belastungssteuerung für die Athletinnen und Athleten. Während das im Fußball laut Möhlmann "heute schon sehr gut betreut" werde, könne Herber feststellen, "dass die Terminkalender für Mannschaftssportarten immer voller werden". Die Topteams der Basketball-Bundesliga würden demnach 70 bis 80 Spiele im Jahr bestreiten, aber nach Auswärtsspielen immer noch in engen Bussen sitzen.
"Wir haben ja einfach den Arbeitsschutz im Profisport gar nicht wirklich definiert. Auch wenn ein Nationalspieler nach einem langen Sommer eine Nationalmannschaft mit sechs Wochen Trainingslager und zwei, drei Wochen Turnier zurückkommt, muss sofort wieder im Heimatverein ins Training einsteigen. Das sind ja auch dann die Situationen, in denen Verletzungen passieren. Und da gibt es einfach keine verbindlichen Regeln. Und das würde ich sehr begrüßen, wenn man sich dahingehend auch noch mal Gedanken macht."
Ein anderes großes Thema sei das Thema Gleichstellung. Zwar würden Männer und Frauen vom Bund und der Bundeswehr in Deutschland gleich gefördert. Allerdings seien Preisgelder bei internationalen Wettkämpfen nicht angeglichen. "Obwohl man schon sagen muss, dass es dafür eine größere Sensibilität gibt und dass da Fortschritte gemacht werden", sagte Herber.
Aber vor allem in den großen Sportarten sei der Unterschied im Preisgeld eklatant. "Fußball ist das beste Beispiel. Und das Argument der Verbände ist immer, dass Frauen nicht so viel abbekommen können von einem großen Kuchen, weil sie auch viel weniger generieren. Es ist aber auch sicherlich ein Henne-Ei-Problem, weil die Verbände bisher auch herzlich wenig dafür getan haben, den Frauensport ordentlich zu promoten."
VdV "wirklich stabilisiert"
Für die VdV sei es rückblickend wichtig gewesen, dass sich die Vereinigung "wirklich stabilisiert hat", sagte Möhlmann. "Es ist schon schön, auch für mich, dass so eine Sache, die damals initiiert wurde, auch von DFB und DFL anerkannt wird, in den Gremien dabei ist und auch die Meinung der Spieler immer mit einbringen kann."
Herbers Ziel mit Athleten Deutschland sei, "dass sich die Rahmenbedingungen für Sportlerinnen und Sportler sukzessive verbessern. Das heißt natürlich auch, dass sie Möglichkeiten bekommen, stärker an den Einnahmen von Sport-Großereignissen zu partizipieren, um auch sozial stärker abgesichert zu sein. Und es gibt einen großen Strauß an Werkzeugen, wie man als Athleten Deutschland diese Verbesserungen beeinflussen kann. Und ich bin sicher, wir werden gute Lösungen finden."