"Hier spricht der König von Franken. Mein Schreibervolk in Lichtenfels blutet aus. Die Geschäftsstellen in Bad Staffelstein und Altenkunstadt wurden geschlossen. Die Belegschaft geht oder wurde gegangen."
Und der Arbeitskampf, so könnte man Mäc Härder ergänzen, geht nun schon ins zweite Jahr – das Video des fränkischen Kabarettisten ist Teil der originellen Kampagne, mit der die Belegschaft des Obermain-Tagblatt um einen Haustarifvertrag streitet. Seit die Zeitung verkauft wurde, wurde die Druckerei eingestellt und die Mannschaft von 56 auf 21 Mitarbeiter reduziert. Waren es zuvor drei Redaktionsteile, gibt es nun nur noch einen – der lokale Sport wird ausgerechnet vom stärksten Konkurrenten, dem "Fränkischen Tag" aus Bamberg, zugeliefert. Die Zeitung mache mit einer Auflage von etwa weniger als 11.000 Stück ein sattes Plus, sagt Till Mayer, Redakteur und Betriebsratsvorsitzender, aber:
"Die letzte Lohnerhöhung für die meisten Kolleginnen und Kollegen im Obermain-Tagblatt liegt zehn Jahre zurück. Seit 2012, der Übernahme durch die Main-Post, wurden rund 65 Prozent der Arbeitsstellen abgebaut. Und wir fordern jetzt eben eine Teilhabe: eine Teilhabe an den Gewinnen, die wir Arbeitnehmer erwirtschaften, und das wollen wir durch einen Haustarifvertrag gesichert wissen."
Breite Unterstützung für Proteste
Um diesen durchzusetzen, gab es bislang acht Streiks – und: die "Operation Hinkelstein". Als Gallier verkleidet und mit Schwertern und Nudelholz ausgestattet, machten die Mitarbeiter des Obermain-Tagblatt in ihrer Region auf sich aufmerksam. Im Gegenzug erlegte die örtliche Geschäftsleitung den beiden Betriebsräten ein dreimonatiges Schreibverbot auf – sie hätten keine Distanz mehr zur Lokalpolitik, so die Begründung. Denn ein großer Teil der Funktionsträger im Landkreis Lichtenfels, darunter alle örtlichen Bürgermeister, hatte sich mit der Redaktion solidarisiert.
Doch nicht nur Politiker, auch Unternehmer, Künstler, die Gewerkschaften und zahlreiche Vereine unterstützen die Kampagne "Die Wertschätzer", Sportclubs, Chöre, die Feuerwehr, Bauchtänzerinnen und Kaninchenzüchter wie Egon Haselmann, der seinen weißen Rammler Rudi gleich mit vor die Videokamera brachte:
"Mein Rammler aus Oberfichtach war anfangs in der neuen Umgebung noch schüchtern. Aber kein Problem. Im Obermain-Tagblatt war er sogar der Osterhase. Schön, dass mein Hobby so wertgeschätzt wird. Daher stehe ich zum Team vom Obermain-Tagblatt. Ihr seid echte Wertschätzer."
Till Mayer, Redakteur und Betriebsrat:
"Das ist wirklich eine tolle Sache. Den Lesern geht es auch darum, dass sie uns schätzen, wie wir die Zeitung machen und das eben auch für die Zukunft so gesichert wissen wollen. Ja, das tut einfach ganz gut in einer Zeit, in der es immer heißt, ganz Deutschland wäre voll von Wutbürgern. Dass es eben ganz andere Menschen gibt, die sich für ihre Zeitungsmacher einsetzen und es einfach auch gut finden, dass Arbeitnehmer fair entlohnt werden und die es auch gut finden, wenn es Tarifverträge gibt."
Geschäftsführung bleibt hart
Ohne die Unterstützung der Leser und der Gewerkschaften BJV und Verdi hätte die Belegschaft des Obermain-Tagblattes nicht so lange durchhalten können, sagt Till Mayer. Doch die Gegenseite blieb bislang hartleibig – als die "Gallier" ins 300 km entfernte Augsburg zogen, um Listen mit Unterstützerunterschriften abzugeben, zeigte sich die oberste Geschäftsführung nicht. Die Liste wurde dem Pförtner überreicht. Doch nachgeben wollen die Aufständischen aus Lichtenfels nicht – und wissen die Gewerkschaften Bayerischer Journalistenverband und Verdi hinter sich. Gegenüber dem BR sagte Michael Busch vom BJV:
"Das Gebiet, wo das Obermain-Tagblatt aktiv ist, ist ein sehr ruhiges Gebiet. Dort ist eine Stagnation der Bevölkerung, da ist es natürlich auch schwer zu argumentieren, dass man da eine Redaktion wieder ausbaut. Aber es sollte sichergestellt sein, dass die Kollegen dort unter den Umständen, mit denen sie arbeiten, vernünftige und qualitätvolle Arbeit leisten können."