Arbeitsmarkt
Acht Möglichkeiten, um gegen den Arbeitskräftemangel vorzugehen

Knapp zwei Millionen offene Stellen – ein Rekord mit negativen Auswirkungen. Denn in Deutschland fehlen Fachkräfte und auch weniger ausgebildetes Personal. Doch es gibt Möglichkeiten, dagegen anzugehen. Wir stellen acht vor.

    Ein Roboterarm beim nachhaltigen vertikalen Pflanzenanbau auf der Hannover-Messe 2023
    Beim Anbau von Pflanzen können Roboter helfen – wie hier an einem Messestand in Hannover. Sie sind aber zum Beispiel auch schon in Metzgereien im Einsatz. (imago / Rüdiger Wölk)
    Ob im Handwerk, im Handel oder der Industrie – überall fehlen Fachkräfte. Doch nicht nur sie. Allgemein besteht hierzulande Arbeitskräftemangel: Erschreckend viele Stellen sind offen, knapp zwei Millionen war der Rekordwert aus dem Frühjahr. Die Auswirkungen treffen etwa Kundinnen und Kunden, die Beschäftigten, Unternehmerinnen und Unternehmer und letztlich die gesamte Gesellschaft, wenn beispielsweise die Wirtschaftsleistung sinkt. Doch es gibt Möglichkeiten, dem Arbeitskräftemangel zu begegnen – acht Optionen, um dagegen vorzugehen.

    Inhaltsverzeichnis

    1. Mehr arbeiten
    2. Weniger Minijobs für Frauen
    3. Mehr Ausbildung und bessere Bezahlung
    4. Zuwanderung
    5. Schutz und Perspektive für zugewanderte Arbeitskräfte
    6. Bessere Mitarbeiterbindung
    7. Automatisierung
    8. Künstliche Intelligenz

    1. Mehr arbeiten

    Sie sind auf dem Arbeitsmarkt unterdurchschnittlich vertreten: ältere Menschen zwischen 60 und 69 Jahren und Frauen. Letztere, weil sie häufig in Teilzeit arbeiten. Diese beiden Gruppen – mehr – in Arbeit zu bringen, das kann laut einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Lösung des Arbeitskräfteproblems beitragen. Es handelt sich demnach um bis zu 3,4 Millionen Menschen. Generell müssten laut dem IAB-Bericht mehr Vollzeitstellen geschaffen und Arbeitszeiten ausgeweitet werden. Rund 2,7 Millionen Menschen müssten mehr arbeiten, als sie das jetzt tun. 
    Das läuft indes gegen einen gesellschaftlichen Trend: Viele Beschäftigte können sich vorstellen, ihre Arbeitszeit etwa auf eine Vier-Tage-Woche zu reduzieren. Außerdem wird vonseiten der Gewerkschaften angemerkt, dass das Arbeiten im Rentenalter nur vereinzelt sinnvoll ist.

    2. Weniger Minijobs für Frauen

    Ein Hindernis dafür, dass Frauen in größerem Umfang arbeiten können, ist, dass sie häufig in Minijobs arbeiten. Hier wurde zuletzt die Verdienstgrenze an den Mindestlohn angepasst. Damit sei das „Arbeitsverhinderungsmodell bei Frauen“ verstetigt worden, kritisiert Evelyn Räder vom Deutschen Gewerkschaftsbund.

    3. Mehr Ausbildung und bessere Bezahlung

    Mehr Menschen ausbilden, um so das inländische Fachkräftepotenzial auszuschöpfen, fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Dazu gehöre auch eine bessere Bezahlung. Das im Juni 2023 verabschiedete Aus- und Weiterbildungsgesetz sieht unter anderem eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen in Deutschland vor.

    4. Zuwanderung

    Zuwandererinnen und Zuwanderer können dazu beitragen, die Lücke auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu füllen. Bis 2035 müssten dafür laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung insgesamt 3,7 Millionen Menschen einwandern. Die Rechnung würde demnach aber nur aufgehen, wenn auch tatsächlich mehr Ältere und Frauen arbeiten – und rund 2,7 Millionen Menschen ihre Arbeitszeit erhöhen.
    Damit Menschen aus Nicht-EU-Ländern mit beruflicher, nicht akademischer Ausbildung einfacher nach Deutschland einwandern können, wurde im Juni 2023 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz reformiert. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 2019 und soll den Arbeits- und Fachkräftemangel verringern.

    5. Schutz und Perspektive für zugewanderte Arbeitskräfte

    Zugewanderte Beschäftigte müssen vor Ausbeutung geschützt werden und brauchen eine Perspektive, dauerhaft bleiben zu können, fordert der DGB. In manchen Branchen wie der Fleischindustrie klagen Beschäftigte über prekäre Arbeitsverhältnisse, auch weil Kontrollen nicht greifen.

    6. Bessere Mitarbeiterbindung

    Für Unternehmen und Betriebe geht es zunehmend darum, Beschäftigte zu halten. Dies kann etwa dadurch gelingen, dass der Beruf sich besser den Lebensumständen anpasst, der Aufbau von Beziehungen unter den Mitarbeitenden mehr im Fokus steht oder die Angestellten am Unternehmenserfolg beteiligt werden.

    7. Automatisierung

    In der Industrie ist die Automatisierung bereits im Einsatz, sie könnte auch im Einzelhandel eine Option gegen Arbeitskräftemangel sein. Ein Beispiel ist ein Metzger in Freising bei München, der seit 2022 einen Smart-Store betreibt. Dort können die Kundinnen und Kunden mittels digital hinterlegter Bezahlmethode selbstständig einkaufen.
    Auch Roboter bedienen in Metzgereien bereits die Kundschaft, so zum Beispiel im schwäbischen Nersingen, wie die bayerische Metzgerinnung berichtet. Dort sei ein Roboterarm im Einsatz, wie man ihn aus der Automobilindustrie kenne. Steuern könnten die Kundinnen und Kunden ihn über ein Display.

    8. Künstliche Intelligenz

    Künstliche Intelligenz (KI) wird oft vor allem als Bedrohung für Arbeitsplätze wahrgenommen. Möglicherweise kann KI aber auch dazu beitragen, dass trotz des Trends, weniger zu arbeiten, und des Mangels an Arbeitskräften bestimmte Tätigkeiten weiterhin ausgeführt werden können.
    Wo welcher Effekt – auch für den Arbeitsmarkt – eintreten wird, ist noch unklar. Viele Arbeitgeber und Experten gehen aber davon aus, dass durch KI mehr Stellen entstehen als wegfallen. Daher ist auch noch nicht absehbar, ob es zu einer Entlastung auf dem Arbeitsmarkt kommen kann.

    abr, Isabel Fannrich-Lautenschläger