Ruben und Lorena kommen aus dem Arbeitsamt im Madrider Stadtteil Santa Eugenia. Beide haben in den Nachrichten von den sinkenden Arbeitslosenzahlen gehört. “Der beste Dezember seit die Statistik erfasst wird”, hat das Radio am Morgen gemeldet. Ruben, wie seine Freundin 28 Jahre alt, schüttelt den kahl geschorenen Kopf.
"Da ist nichts besser geworden, im Gegenteil. Es wird immer schlimmer. Ich bin Klempner und seit 2007 ohne Arbeit. Gut, die Bauwirtschaft liegt sowieso am Boden, aber ich denke, wirklich gut geht es keiner Branche."
Gerade junge Erwachsene profitieren vom neuen Trend, heißt es in der offiziellen Statistik. Lorena hatte bis vor wenigen Tagen noch einen Job. Die blonde Madrilenin verkauft Parfüm in einem Kaufhaus - für 6 Euro 20 die Stunde. Leben kann die junge Familie davon nicht:
"Ich arbeite bei Sonderaktionen im Verkauf. An Weihnachten ist da in den Kaufhäusern natürlich Arbeit. Aber immer nur tageweise. Mal bekommst Du einen Vertrag über sechs Tage, dann wieder nur einen Tag. So sinkt natürlich die Zahl der Arbeitslosen. Aber nach Weihnachten sind dann wieder alle arbeitslos."
Auch Lorenas Arbeitsvertrag ist nach dem Ende des Weihnachtsgeschäfts ausgelaufen. Jetzt hat die junge Familie wieder keine Einnahmen, auch keine staatliche Unterstützung. Die Eltern und Großeltern helfen aus, damit sie wenigstens zu essen haben. Solche Fälle häufen sich, sagt der Journalist Javier Peña. Er ist Chefredakteur eines Arbeitslosenportals im Internet, portalparados.es. Die Regierung sieht in ihrer tief greifenden Arbeitsmarktreform von 2012 mit Lockerungen im Kündigungsschutz einen Grund für die Trendwende in der Statistik. Peña ist da skeptischer:
"Dank der Reformen entstehen zwar Jobs, aber das sind sehr prekäre Arbeitsverhältnisse. Jeder vierte der neuen Beschäftigten jobbt nur noch Teilzeit, wenige Stunden am Tag. Das reicht nicht zum Leben. Nur noch acht von hundert neuen Jobs sind unbefristet. Was die Regierung mit ihren Reformen auch erreicht hat, ist, dass die Gehälter brutal gesunken sind. Die offiziellen Zahlen wirken auf den ersten Blick zwar positiv. Aber in Wirklichkeit geht es den Leuten schlechter."
Auch wer Arbeit hat, kann davon oft nicht leben
Es sind also immer mehr Menschen, die zur Klasse der sogenannten Working Poor gehören, die von ihrem Gehalt nicht leben können. Wie Lorena und Ruben vor dem Arbeitsamt zweifelt auch Javier Peña die offizielle Statistik an. Offiziell suchen in Spanien jetzt 107.000 weniger Menschen Arbeit als im November und 147.000 weniger als im Dezember letzten Jahres. Allerdings:
"Diese Leute sind ja nur aus den Arbeitsämtern verschwunden. Das heißt nicht, dass sie auch Arbeit gefunden hätten. Da sind auch die Leute, die in ihre Heimatländer zurück oder ausgewandert sind. Andere bekommen keine Unterstützung mehr und sehen keinen Grund, die Arbeitsämter weiter aufzusuchen und verschwinden so aus der Statistik. Was zur Hoffnung Anlass gibt, ist die Zahl von 64.000 neuen Sozialversicherten. Das sind Leute, die wirklich Arbeit gefunden haben. Leider finden sie diese Jobs aber nicht durch die Arbeitsämter, sondern durch persönliche Kontakte, Zeitarbeitsfirmen oder im Internet.
Denn eine Reform bei der Jobvermittlung hat die Regierung bislang vermieden. Auch Ruben und Lorena hatten sich keine großen Hoffnungen gemacht, beim Arbeitsamt ein Angebot zu bekommen. Arbeit finde man, wenn man um sechs Uhr morgens aufsteht und die Cafés abklappert, sagt Ruben, der sich jetzt als Kellner anbietet. Auch Lorena besucht lieber selbst die Boutiquen, um ihre Bewerbungen abzugeben. Dabei darf sie aber nicht zu qualifiziert erscheinen:
"Mir wurde schon empfohlen, dass ich ein paar Sachen aus meinem Lebenslauf streichen sollte. Die Arbeitgeber würden Leute mit weniger Erfahrung vorziehen. Ich arbeite, seit ich 18 Jahre alt bin, jetzt bin ich 28. Ich habe Erfahrung im Umgang mit den Kunden. Genau wegen dieser Erfahrung nehmen sie mich nicht."
Angesichts von insgesamt 4,7 Millionen Arbeitslosen mag Betroffenen wie Lorena und Ruben der Rückgang um 107.000 im Dezember als Tropfen auf dem heißen Stein erscheinen. Vielleicht ist es aber doch eine kleine Trendwende, ein Anlass zur Hoffnung? Ruben meint: “Warten wir bis März ab. Dann sehen wir ja, wie sich das entwickelt.”