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Arbeitsmarkt-Report des DIHK
Fachkräftemangel trifft fast die Hälfte der Betriebe

Unternehmen suchen immer händeringender nach Fachkräften. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK schätzt, dass fast die Hälfte der Betriebe inzwischen Schwierigkeiten hat, offene Stellen zu besetzen. Stellschrauben wie längere Arbeitszeiten pro Woche können das Problem allenfalls lindern.

Von Theo Geers |
    Eine Frau bearbeitet einen Holzbalken für ein Musterhaus, aufgenommen am 14.10.2016 auf der Landesbaumesse RoBau in Rostock.
    Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK schätzt, dass dass in Deutschland wegen Fachkräftemangels 1,6 Mio. Stellen nicht besetzt werden können (dpa / Jens Büttner)
    Es ist derzeit und es bleibt auch in Zukunft das Geschäftsrisiko Nr. 1 für die deutsche Wirtschaft: Den Unternehmen, egal ob groß oder klein, fehlen die Fachkräfte - und sie suchen nach dem begehrten Personal immer händeringender. Doch Abhilfe ist nicht in Sicht, denn an einem Grundproblem lässt sich nicht rütteln.
    "Kernproblem ist wir haben unter'm Strich zu wenig Leute, die all die Dinge machen können, die gemacht werden müssen", so beschreibt Achim Dercks, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des DIHK, die Lage - und dann nennt er die eine Zahl, die die Dramatik des Problems beschreibt:
    "Wir schätzen, dass wir in Deutschland 1,6 Millionen Stellen nicht besetzen können und das sind Zahlen, die dann Folgen weit über die Betriebe hinaus haben."
    Bauwirtschaft besonders stark betroffen
    Fast die Hälfte - 48 Prozent - aller Betriebe hat inzwischen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, vor einem Jahr waren es 37 Prozent. Besonders betroffen ist die Bauwirtschaft mit 61 Prozent, doch in der Industrie und im Dienstleistungssektor ist das Problem mit rund 50 Prozent der Betriebe kaum geringer.
    Die Unternehmen reagieren darauf, indem sie trotz hoher Nachfrage Expansionspläne auf Eis legen, weil für neue größere Kapazitäten das Personal auf absehbare Zeit nicht zu finden ist, und kurzfristig nehmen sie wegen fehlender Leute neue Aufträge gar mehr nicht an. Das aber ist dann der Beginn einer Kettenreaktion, an deren Ende auch viele politisch gewollte Vorhaben ausgebremst werden - zum Beispiel am Bau.
    "Davon betroffen sind nicht nur Wohnungsbau, die Verkehrsinfrastruktur - auch der Breitbandausbau als Basis für die digitale Entwicklung gelingt nur mit den entsprechenden Fachkräften und auch die investierenden Unternehmen sagen, dass das für sie ein Problem wird."
    Linderung statt Abhilfe
    Schnelle Abhilfe beim Fachkräftemangel ist nicht in Sicht, denn schon jetzt gehen jährlich 300.000 Personen mehr in Rente als an Berufsanfängern auf den Arbeitsmarkt kommen, in wenigen Jahren wird die Lücke auf 500.000 gestiegen sein.
    Die Stellschrauben, die es gibt, können das Problem allenfalls lindern. Dazu zählen längere Arbeitszeiten pro Woche, aber auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, ferner flexiblere Arbeitszeitmodelle, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können, eine bessere Qualifikation der Schulabgänger und auch eine bessere Berufsberatung vor der Ausbildung.
    Jährlich 150.000 Studienabbrecher bedeuten eben auch 150.000 Fehlentscheidungen bei der Berufswahl. Aus dem Potenzial der jetzt noch Arbeitslosen lässt sich dagegen nur wenig schöpfen.
    "Da kommt häufig zur fehlenden Qualifikation noch Krankheit dazu und andere Beschwernisse des Lebens und für viele - es sind einfach Menschen, die die entsprechende Qualifikation nicht mitbringen und auch nicht mitbringen werden, das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu."
    Bleibt also nur die Zuwanderung zu erleichtern, denn bis das Potenzial der nach Deutschlands Geflüchteten genutzt werden kann, wird noch Zeit vergehen. Aktuell stecken erst 10.000 Flüchtlinge in einer Berufsausbildung, aber immerhin ist die Tendenz steigend, denn vor einem Jahr waren es erst 3.700.